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Ein kleines spanisches Küstenstädtchen im Sommer: Aus dem Reisebus steigen Tom und seine hochschwangere Frau Evelyn, die vor der Geburt ihres Kindes noch ein paar ruhige Tage am Meer verbringen wollen. Ziel ihrer Reise ist ein kleines Fischerdorf auf der abgelegenen Insel Almanzora - vier Stunden entfernt vom geschäftigen Trubel des Festlands. Als beide im kleinen Hafen anlegen, werden sie von einer Gruppe spielender Kinder empfangen. Alles scheint friedlich. Doch als sie durch die Gassen des kleinen Dörfchens schlendern, kommt es ihnen seltsam ruhig und verlassen vor. Kein Erwachsener ist zu sehen. Offenbar sind alle auf einem Fest am anderen Ende der Insel. Dann wird Tom Zeuge eines unfassbaren Vorfalls. Irgendetwas stimmt nicht mit den Kindern.


"Ein Kind zu töten"


Allein dieser Titel des Films löst in jedem normalen Erwachsenen eine wohl nicht zu überschreitende Hemmschwelle aus, denn zu abwegig wirkt doch die Vorstellung, diesen Satz auch in die Tat umzusetzen. Und genau mit der gegensätzlichen Seite beginnt dieser Film, denn in den ersten Minuten wird der Zuschauer mit Filmmaterial aus diversen Kriegen überhäuft, in dem hauptsächlich tote oder schwer entstellte Kinder zu sehen sind, die vollkommen unschuldig zu Opfern der Erwachsenen wurden, die diese Kriege geführt haben. Manch einem mögen diese ersten Minuten zunächst etwas befremdlich vorkommen, doch ergeben sie im Laufe des Films einen immer tieferen Sinn, der sich einem vielleicht nicht auf den ersten Blick erschließt.

"Ein Kind zu töten" ist kein Film, der reisserische SFX oder übergroße ins Bild gesetzte Härte und Brutalität zeigt, obwohl es auch einige härtere Szenen gibt. Die Härte geht hier von der Thematik des Films und ihrer nahezu brillanten Umsetzung aus. Schon während man den Film sieht, entwickelt sich eine kaum für möglich gehaltene Brutalität im Kopf des Betrachters, das Gesehene ist wie ein Keulenschlag in die Eingeweide. Fassungslos und verstört verfolgt man das Geschehen auf dem Bildschirm, das einem kaum Zeit lässt, um es erst einmal sacken zu lassen. das, was einem hier präsentiert wird, ist so harter Tobak, das man erst nach Filmende die Zeit findet, das Gesehene in Ruhe Revue passieren zu lassen.

Doch selbst das ist fast unmöglich, da dieses Werk extrem stark nachwirkt, manmerkt erst jetzt richtig, wie schwer es ist, das Gesehene zu verarbeiten, denn es sollte doch immer noch ein tabu-Thema sein, "Ein Kind zu töten". Regisseur Narciso Ibanez Serrador ist es hier meisterhaft gelungen, zwiespältige Gefühle im Zuschauer wachzurufen, in dem er die behandelte thematik sehr gegensätzlich darstellt. Einerseits sieht man die lächelnden Kinder, die so lieb und friedlich wirken, auf der anderen Seite wird man auch mit dem konfrontiert, was sie auf der Insel getan haben. Der Grund für ihre Taten, auf die ich hier nicht näher eingehen möchte, um keinem die Spannung zu nehmen, bleibt vollkommen im dunkeln und lässt Spielraum für eigene Interpretationen.

Und genau das macht die ganze Sache noch viel schockierender und den Film umso intensiver, denn das hier Gezeigte geht so dermaßen unter die Haut, das man teilweise nach Luft ringen muss, weil einem der Atem stockt. Die Geschichte, die hier in Szene gesetzt wurde, packt einen so intensiv, das man phasenweise gar nicht das Gefühl hat, einen Film zu sehen, sondern selbst ein Teil der Geschehnisse zu sein, die sich vor den eigenen Augen abspielen. Es ist erschreckend, sich in dieser Vorstellung wiederzufinden, denn man stellt sich fast zwangsläufig die Frage, wie man selbst als Erwachsener handeln würde, wenn man sich in der Situation des jungen Paares befinden würde. Und die Antwort auf diese Frage ist glaube ich gar nicht so leicht zu geben.

Auch wenn man zu keiner Zeit den Grund für die Taten der Kinder präsentiert bekommt, was ich übrigens perfekt finde, so kann man doch gerade wenn man die ersten Minuten des Films mit heranzieht, doch eine recht simple Interpretation finden, die dann sogar recht logisch und nachvollziehbar erscheint. Doch das soll natürlich jeder für sich selbst interpretieren und wahrscheinlich werden viele zu unterschiedlichen Meinungen kommen.

Besonders hervorheben möchte ich noch das Ende des Films, das in meinen Augen der absolute Hammer ist. War der ganze Film schon bisher sehr verstörend und hat eine extrem beklemmende Stimmung verbreitet, so hauen die letzten Minuten noch einmal so richtig in die Magengegend und lassen einen richtiggehend erschauern. Das, was man zu sehen bekommt, ist so unfassbar, passt aber perfekt in das brillante Gesamtbild dieses genialen Filmes. "Ein Kind zu töten" schafft es, das man Erwachsene wie auch Kinder mit ganz anderen Augen sieht. Und der Titel des Films ist leider in der heutigen Zeit kein Tabu-Thema mehr, denn gerade wie die letzten Jahre vermehrt gezeigt haben, fällt es manchen Erwachsenen gar nicht mehr so schwer, "Ein Kind zu töten".



9/10

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