Review

Nicht vom Kino-Plakat verwirren lassen - dieser außergewöhnliche spanische Horrorthriller von Narciso Ibáñez Serrador wurde nach seinem Erscheinen 1976 in einer wahren "Meisterleistung" des deutschen Verleihs um die komplette Eingangssequenz gekürzt, seine Handlung wurde in die Zukunft verlegt und mit dem komplett sinnentstellenden Titel "Tödliche Befehle aus dem All" versehen. Dank der hervorragenden DVD-Veröffentlichung des Labels "Bildstörung" bekam ich glücklicherweise die Möglichkeit, diesen Film ungekürzt und ohne verfälschende Texteinblendung anstelle der Eröffnungssequenz zu sehen.

Diese schnitt man ursprünglich anscheinend heraus, um den eigentlichen Film aus dem Kontext zu reißen und leichter konsumierbar zu machen, handelt es sich bei ihr doch um Dokumentarbilder diverser jüngerer Kriege und Katastrophen, die erstmal nach allen Regeln der Kunst die Stimmung vermiesen. Aus dem Off hallt die Anklage des Sprechers, dass die Leidtragendsten eines Krieges i.d.R. die Kinder sind. Ein direkter Bezug zum Verhalten der Kinder des spanischen Urlaubsörtchens wird im weiteren Verlauf nicht hergestellt - vielleicht war hier die Intention, es genauso sinnlos und unverständlich wirken zu lassen, wie Kriege auf Kinder und Heranwachsende wirken. Eingebettet in eine eigentümliche, ganz besondere Atmosphäre, die ihre Kraft aus der Verwebung sonniger Urlaubs-Idylle eines nahezu menschenleeren Ortes mit dem unerklärlichen Grauen in Form skrupellos meuchelnder und dabei stets lachender Kinder bezieht und durch die gute Kameraführung veredelt wird, werden Protagonisten und Zuschauer gleichermaßen vor moralische Konflikte gestellt - denn wer kann schon ein Kind töten...?

Ein handwerklich makelloser, mit einen stimmigen Soundtrack versehener und atmosphärisch großartiger Film, der durch seine anti-militaristische Ausrichtung anklagt und sich auf die Seite der Schwachen, in diesem Falle der Kinder, stellt, sie dabei aber gleichzeitig zu Monstern macht - oder doch nur zu Spiegelbildern der Erwachsenenwelt? Diese Frage soll sich der hoffentlich nachdenklich entlassene Zuschauer doch bitte selbst beantworten.

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