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Die lyrische Gruselgewalt des Edgar Allen Poe wurde in den 60ern mit einigen fantastischen, einigen weniger gelungenen Filmen verfilmt. Ende der 80er war es an der Zeit ein Horrormammutwerk in Angriff zu nehmen, das 4 der bekanntesten Poe-Geschichten aufgreifen sollte, jede von einem anderen Meister der Gänsehaut-Regie interpretiert. Die Namen klingen wie Musik in den Ohren eines jeden Filmfreundes: Dario Argento, George A. Romero, John Carpenter und Wes Craven. Geplant war der Film der schlicht und einfach "Edgar Allen Poe" hieß.

Resultat dieses löblichen Projektes ist "Two Evil Eyes" - Craven und Carpenter mussten aussteigen, blieb also das Regie-Duo, das bereits den Überklassiker "Dawn of the Dead" kreierte. Doch anstatt einer homogenen Zusammenarbeit, machten beide ihr eigenes Ding, und somit ergeht dem Film genau jenes Schicksal, das fast jedem Episodenfilm zu Teil wird. Während Argento eine kultivierte Reminiszenz an sein literarisches Vorbild realisierte, fühlt sich Romeros Anteil eher wie eine aufgeblasene "Geschichten aus der Gruft"-Folge an.

Zwar adaptiert Romero die Geschichte "The Facts in the Case of Mr. Valdemar" relativ werkgetreu, wenn auch teilweise modernisiert, jedoch liegt es in der Natur der Geschichte, das sie nur als Kurzgeschichte funktioniert. Eine Kurzgeschichte ist vergleichbar mit einer Anekdote oder einem Witz - sie zielt die ganze Erzählzeit über auf eine Schlusspointe hin. Romero hat eine sehr trickreiche, wenn auch nicht überraschende Schlusspointe samt Showdown vor sich. Doch bis es soweit ist, versprüht er nur leidlich Spannung und Atmosphäre. Adrienne Barbeau und besonders der hoffnungslos unsympathische Ramy Zada spielen schon sehr schlecht, und unterstützen Romeros langweilige Inzenierung nicht sonderlich. Nach fast einer Stunde ist der Krampf dann zu Ende, die Schlusspointe wird gefällig präsentiert, und endlich kommt Argento ins Spiel.

Seine Story wiederum ist eine gigantische Hommage an Edgar Allen Poe. Anstatt "nur" eine seiner genialen Schrifterzeugnisse filmisch wiederzugeben, versetzt Argento "The Black Cat" mit vielen kleinen Zitaten und Anspielungen auf andere Poe-Werke (der Name Usher, das Pendel, das Ehepaar, das Einmauern, die Leiche…). Doch dies alles ist nur Beiwerk für eine wirklich spannend und trickreich erzählte Leidensgeschichte. Es geht um den Konflikt eines Fotographen (Harvey Keitel), der Gefallen an Grausamkeiten findet, und übelste Mordschauplätze mit perverser Freude abfotographiert und in einem blutrünstigen Buch veröffentlicht.

Es ist jedoch eine Schwarze Katze, die den Mann namens Usher zum Verzweifeln und Scheitern bringt. Seine Furcht vor der Katze bringt zu einer schrecklichen Tat. Er foltert sowohl die Katze als auch seine tierliebe Verlobte, und mauert beide gemeinsam in seiner Wohnung tot ein. Seine psychopathischen Versuche, seine schreckliche Tat zu vertuschen sind dann pure Spannung für den Rest des Films.

Auch Argentos Episode ist weit entfernt perfekt zu sein, viele Szenen scheinen auch hier in die Länge gezogen, jedoch haben wir es hier mit ganz anderen Vorteilen zu tun: 1. Harvey Keitel. Trotz der Präsenz von Sally Kirkland, Kim Hunter und Martin Balsam, der in einer kurzen Szene eine augenzwinkernde "Psycho"-Reminiszenz gibt, ist er das absolute Highlight des Films. Seine realistische Darstellung des im Suff verkommenen Künstlers ist intensiv und akzentuiert. 2. Argentos wie immer absolut über alle Kritik erhabene Kamera- und Schnittarbeit. Wo hier elegante Bewegungen eingefangen werden, hat die Romero-Folge nur statisches TV-Niveau. 3. Das Ende. Hier wird ein schockierendes Finale mit gescheiten Spezialeffekten von Tom Savini geboten, dass den wohl temperierten Ausgang von "Two Evil Eyes" noch angenehmer macht.

Insgesamt ist "Two Evil Eyes" wie so viele Episodenfilme absolut unausgewogen. Romeros Beitrag ist kaum der Rede wert, belanglos und einfach schlecht, während Argentos Hommage interessant, aber dennoch "nur" okay ist. Am besten lässt sich "Two Evil Eyes" wohl als einen mittelprächtigen Grusler beschreiben, der so viel mehr hätte sein können. Sei’s drum. Poe wird sich nicht im Grabe umdrehen.

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