Review


Inhalt:

China in einer früheren Epoche, offenbar kurz nach der bürgerlichen Revolution von 1911. Der Tee- und Salzhandel ist eine der prägenden Stützen der chinesischen Volkswirtschaft in jener Zeit.

In einem ärmlichen Dorf in einer abgelegenen Provinz, führt der Lehrer (John Cheung) dieses Ortes ein sehr schwieriges Dasein, ja ein irgendwie verkorkstes Leben.
Er, der ein arg- und hilfloser Mann des gesprochenen und kaligraphierten Wortes ist, und dem man als Dorflehrer doch jegliche Achtung entgegen bringen müsste, wird von den Schülern gehänselt, und von den Studenten der KungFu-Schule verprügelt.

Nur ein blinder Wahrsager (Chiang Cheng) und dessen Begleiter (San Sin), die beide etwas KungFu beherrschen, sowie eine junge, stets in pink gekleidete Dame (Candice "Candy" Yu), die ebenfalls ein wenig KungFu kann, stehen dem Dorflehrer so gut sie können bei.

Da kommt ein Fremder ins Dorf, ein Mann namens Ah Yen (Bolo Yeung). Dieser Ah Yen ist ein brandgefährlicher KungFu-Fighter, der einst 15 Männer eines Salz- und Tee-Transports in diesem Ort brutal tötete.
Ah Yen, dessen Spezialität es ist, während er kämpft Flöte zu spielen, zieht es zur KungFu-Schule und dessem Sifu, sie scheinen seine Verbündeten zu sein.
Dann beginnt eine Serie von Morden, fast wahllos tötet Ah Yen seine Opfer, minderjährige Mädchen, und schließlich später auch den blinden Wahrsager, dessen Begleiter, die KungFu-Schüler, den Sifu, und auch dann noch das Mädchen in pink, deren Leiche kopfüber von der Decke eines der Räume der KungFu-Schule hängt.

Der Dorflehrer indes, er erlernt von einem Bettler (Johnny Cheung Wa) einige KungFu-Techniken. Der Bettler stirbt, doch der Dorflehrer verfeinert die erlernten Techniken, in dem er diese mit seiner Kaligraphie-Kunst verbindet, ein sehr spezielles KungFu-Training somit.
Dann stellt sich der Dorflehrer eben jenem Ah Yen zum Kampf, zum Show-Down. Ein alles entscheidendes Duell auf Leben oder Tod.


Kritik:

Mir gefiel "Writing Kung Fu", eine von lediglich 2 Regie-Arbeiten eines der bekanntesten Eastern-Stars der Welt, Bolo Yeung, der auch im Westen sehr populär ist, sehr gut.
Es ist ein etwas ungewöhnlicher, ja ziemlich spezieller und irgendwie schöner KungFu-Film, der auf eine besondere Atmosphäre, auf die Beleuchtung des Schicksals eines gebeutelten Intellektuellen und auf die Story an sich setzt, und das Hauptaugenmerk weniger auf die KungFu-Action richtet.

Mit einer besonderen Farbgebung versehen, in halbverfallenen Kulissen einer altchinesischen Movie-Town, inklusive Kamerafahrt vor halbverfallenen Hütten in einer Sumpflandschaft und einem Training auf Pagodendächern, ist dieser KungFu-Film zudem speziell fotographiert.
Eine kernig-hymnische Musik während des Trainings und des Endfights ist eine gelungene Untermalung dieser Szenen. Und John Cheung ist hier in einer sehr ungewohnten Rolle, ein Anti-Held, gebeutelt und verachtet, ein Mann des Wortes in verbaler und kaligraphierter Form, zu erleben.

Das macht diesen Eastern insgesamt zu einem ungewöhnlichen Seh-Erlebnis für den eingefleischten KungFu-Filmfan, und zu einer kleinen Perle, die leider weitestgehend unbekannt und bedauerlicher Weise kaum Beachtung in jeglichen Rankings hinsichtlich des Genres fand und findet.

Das ist ziemlich schade, denn ein so besonderer und irgendwie schöner Eastern entstand hier unter der Regie von Genre-Ikone Bolo Yeung, der hier denn selbst die Rolle des Villain übernimmt.
In nur 77 Minuten Laufzeit, wird die Story denn dennoch fast subtil erzählt, fast melodramatisch, und "Writing Kung Fu" hat fast einen philosophischen und beinahe künstlerisch ambitionierten Ansatz und Touch.
Das ist unerwartet, und lässt diese rar-unbekannte Perle aus den Eastern-Produktionen jener umtriebigen 1970er Jahre doch etwas herausragen, wenn man denn sich diesen Streifen mal zu Gemüte führte.

John Cheung ist hier der Haupt-Akteur, und er, der sich eigentlich eher dem Durchschnitt der meisten KungFu-Filme auch darstellerisch anpasste, überrascht hier mit einer ungewohnten Performance.
Der Dorflehrer, verachtet, gehänselt und gedemütigt, geschlagen und verlacht, führt daher ein verkorkstes Dasein. Doch ausgerechnet durch einen anderen gebeutelten Charakter, einem Bettler, findet die Figur Cheungs hier einen Ansatz, aus sich heraus zu kommen und einen Weg zu finden. Und zum Fighter, zum Helden zu werden.
Er stellt den übermächtig scheinenden, brutalen Villain zum alles entscheidenden Duell. Und Cheung kann überzeugen, spielt den Underdog der zum Kämpfer wird, fast schon bravourös.

Ich konnte mitfühlen, mit der Figur John Cheungs. Ich gelte als "extrem hässlich", man nannte mich auf der Schule "Die extrem hässliche Kreatur" und es drohte somit ein verkorkstes Dasein. Und ich weiß nur zu gut, wie schwierig es ist, einen Weg daraus zu finden, dass das Leben doch noch lebenswert erscheint und ist. Ein fast aussichtslos erscheinendes Unterfangen, da man ja immer wieder im Leben auf unvoreingenommene Menschen angewiesen ist, seien es Lehrer, Vorgesetzte oder... Frauen -und bei letztgenannten ist es am schwersten Unvoreingenommene ohne Adonis-Anspruch zu finden-.
Daher war für mich die Performance von Cheung schon alleine deshalb interessant.

Die übrigen Figuren um ihn herum, die die ihn demütigen, oder die die ihm eher halbherzig beistehen, spielen das soweit solide. Und Candice "Candy" Yu, sie ist dazu noch sehr attraktiv, ich würde sie nur dann von der Bettkante schubsen, wäre ich mit Nicole Rubanovich verheiratet, eine jüdische Gewichtheberin. Muss man sich mal fast auf der Zunge zergehen lassen: Es gab -und gibt!- politische Extremisten, die so ein wundervolles Geschöpf aus ideologisch-rassistischen "Gründen" liquidieren wollten/wollen. Ist so ein wahnsinniges "Denken" denn nur ansatzweise vorstell- und nachvollziehbar? Gerade wenn man Nicole Rubanovich vor Augen hat? Unglaublich.
Eine besondere, wenn auch traurig-harte Sequenz ist ja, als Candys Leiche kopfüber an der Decke in einem Raum der KungFu-Schule hängt, splitternackt. Dramatisch und traurig, ja, aber Mann sieht auch diese aufregende Traumfigur der Dastellerin.

Bolo Yeung, Regisseur und Villain hier in einem, spielt den wortkargen, bärbeißig-brutalen Bösewicht denn stoisch, kalt, kompromisslos, und eben so wie die Easternfans ihn kennen, dazu dieser muskulöse Super-Body und Flötenspiel während der Fight-Szenen. Auch das ist sehr speziell und ich sah sowas -glaube ich (ich sah ja weit über 1.000 KungFu-Filme)- auch noch nie in einem Eastern. Von Bolo´s cooler Rolle lebt denn auch "Writing Kung Fu".

Da geraten die KungFu-Action und die Trainingssequenzen fast zur reinen Nebensache. Aber ein sehr spezielles Training, mit dieser gelungenen musikalischen Untermalung, klassische Techniken und saubere Choreographien, sowie im Finale ein Pas-de-Deux des KungFu, runden "Writing Kung Fu" denn noch ab.

"Writing Kung Fu", ein besonderer Old-School-Eastern, und für mich eine kleine, leider zu unbekannte und rare Perle.

8/10.

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