Hoschie oder Dude?
Bill & Ted's verrückte Reise durch die Zeit ist heute auch schon wieder eine Zeitreise, denn der 1987 produzierte Film hat nun schon gute 22 Jahre auf dem Puckel. Als popkulturelles Phänomen geplant und mit geringem Budget unter anderem an einer pünktlichen Veröffentlichung gescheitert, ist dieses Abenteuer in Deutschland besonders wegen seiner verfälschenden Synchronisation im Gedächnis geblieben, die aus der damaligen Zielgruppe auch heute noch zitiert wird.
Doch auch im amerikanischen Original können die Wortwitze nicht über ein Produkt hinwegtäuschen, welches hauptsächlich zwar semi-komisch ist und zeitlich ein absolut passendes Teilstück zwischen der erfolgreichen Zeitreisekomödie Zurück in die Zukunft und dem Saturday Night Live Act und späteren Kinokracher Wayne's World bildet, jedoch im wesentlichen nur gehemmte Pointen zu bieten hat.
Eingeleitet vom Erzähler Rufus blickt man zurück aus der Zukunft auf zwei für amerikanische Komödien der Ära archetypische oder gar etwas familienfreundlich abgemilderte Hardrock-Hoschies oder um im angenehmeren Jargon zu bleiben -Dudes. Bill und Ted haben beide das gleiche Problem - sie drohen von der Schule zu fliegen, wenn sie nicht einen überragenden mündlichen Vortrag in Geschichte abliefern. Gemeinsam haben sie nicht nur keine Ahnung, sondern auch die Band Wyld Stallyns, die ihnen eigentlich wichtiger ist.
Als zweigleisige Identifikationsfiguren ist der erzieherische Hintergrund der beiden recht konträr. Während Ted's Vater ohne jede Hoffnung schon den Platz an einer Militärakademie gebucht hat, interessiert sich Bills Daddy mehr für den Hintern seiner Frau, die zwar von Bill erwartet Mum genannt zu werden, jedoch kurz zuvor noch mit den Jungs dieselbe High School besuchte. Zwischen absolutem Desinteresse und totaler Authorität findet nur niemand die Zeit, sich wirklich mit den Jungen zu beschäftigen.
Hier macht man sich nun die durch die populäre Zeitreisethematik bekannten Auswirkungen von Handlungen zu Nutze. Die beiden Jungs haben nämlich das unglaubliche Glück mit ihrer Musik später eine ganze Kultur zu beeinflussen, was den Erzähler Rufus ins Spiel bringt. Dieser stellt Bill und Ted seine intertemporäre Münzfernsprecher-Kabine zur Verfügung, um die Hausaufgabe mit der Frage, wie sich historische Persönlichkeiten im Amerika des Jahres 1988 verhalten würden, live zu beantworten. Hierbei war übrigens ursprünglich ein Van als Reisevehikel geplant, jedoch sollte Bill & Ted's verrückte Reise durch die Zeit nicht zu sehr an Zurück in die Zukunft erinnern. Es fragt sich, ob den Machern bewußt war, daß sie nun Parallelen zur Polizei-Zelle aus Doctor Who aufwiesen.
Nach einem obligatorischen Treffen mit sich selbst könnte nun ein schrilles Abenteuer in der Vergangenheit starten, allerdings ist die Geldknappheit hier deutlich spürbar. Ratzefatz schnappen Bill und Ted sich Personen von Billy the Kid über Napoleon und Doktor Freud, wobei selten lange in der Zeit verharrt wird. Kurze Anspielungen wie ein 'All We Are is Dust in the Wind' von Kansas als philosophischer Exkurs mit Sokrates ringen müdes Lächeln ab, für echte Lacher hätte schon mehr vom Kaliber der Episode im England des 15. Jahrhunderts kommen müssen. Hier stecken sich die beiden in Ritterrüstungen, um den Kampf zwischen Darth Vader und Luke Skywalker zu imitieren, lernen zwei Prinzessinen kennen und lieben und verlieren beinahe wörtlich den Kopf.
In Bill & Ted's verrückte Reise durch die Zeit verlegt man nun ähnlich dem nahezu zeitgleich hergestellten Masters Of The Universe Film das Geschehen einfach aus der Fremdwelt ins zeitgenössische Amerika. Wo aber die Figuren aus der Toyline neben erwartungsgemäß skurrilem Slapstik noch für eine actionaufgewertete Handlung taugten, liefern die Menschen aus unterschiedlichsten Epochen nur eine gut gemeinte Revue lau- bis mittelwarmer Pointen.
Es besteht an dieser Stelle zwar der Versuch, Bill und Ted mit dem Kontinuitätsprinzip vertraut zu machen und so scheinbare Probleme durch erdachte und später dann notwendigerweise ausgeführte Zeitreisen mit hinterlegten nützlichen Utensilien wie in einem Point'n'Click-Adventure Lösungsmöglichkeiten zu erschaffen, nur scheitert die Logik hier stellenweise genau am genutzten Phänomen. Vielleicht liegt es auch am konsequenten Überspielen, mit dem Keanu Reeves und Alex Winter ihre Figuren interpretieren, jedoch hat sich der nötige Schwung bis hier nicht eingestellt und kann so auch nicht aufgenommen werden. Ein bombastisches Bühnenfinale mildert die voran gegangenen Schwächen dann auch keinesfalls ab.
Damals hatte ich geglaubt, es läge eben an der etwas eigenwilligen Übersetzung, daß der Streifen bei mir nicht so gut funktionierte. Heute weiß ich, daß die englische Sprache zwar deutlich angenehmer ist, jedoch werden so die Strukturschwächen um so offensichtlicher. Ohne Frage, Ansprüche sollen an Bill & Ted's verrückte Reise durch die Zeit nicht gestellt werden. Doch vielleicht wären historische Details und ein paar mehr musikalische Anspielungen das Salz in der Suppe gewesen. Mit abgeschaltetem Hirn mag es noch ganz amüsant sein, ein paar nicht gar so hellen Dudes zuzuschauen, wie sie Blödsinn fabrizieren, oder besser gesagt mit einer Telephon-Zelle durch die Zeit reisen. Gerade der doch sehr auf extrem weichgespülten AOR zugeschnittene Soundtrack entsteht jedoch nicht gerade der Eindruck eines Films der rockt.
Auf der einen Seite zu harmlos, kann Bill & Ted's verrückte Reise durch die Zeit dies weder durch Tempo noch geschickt ausgearbeitete Scherze so richtig ausgleichen.
Nun ist aber ein weiterer Teil der Grundideen alles andere als neu. Vielleicht erinnert sich der ein oder andere noch an Das fliegende Klassenzimmer. Insbesondere in der Verfilmung von Kurt Hoffmann wurde erstaunlich wenig Kapital dabei benötigt, den Teil um das Bühnenstück der weltbereisenden Schüler aufzubauen. Es ging um das freundschaftliche und verständnisvolle Verhältnis zwischen Lehrer und Belehrtem. Bill und Ted hingegen sind voll auf sich gestellt und abgeschrieben. Auch Rufus läßt die beiden Chaoten einfach mal machen, wissend, daß dies für die Zukunft wichtig ist. Die Eingriffe der beiden ins Zeitgefüge sind existenziell und dennoch haben sie keine/kaum sichtbare Folgen. Der Weg der beiden zur Bildung ist fraglich, daraus eine Show zu machen aufgrund der Charaktere glaubwürdig. Wenn diese beiden aber schon anarchische Eingriffe in die Geschichte nehmen, so wäre doch ein daraus resultierendes Chaos von apokalyptischen Ausmaßen zu erwarten. Vermutlich wäre hier sogar ordentlich Potential für knackige Spannungsmomente gewesen.
So bleibt es bei durchaus zu befürwortender Stehgreifphilosophie der Marke "Be excellent to each other!" und der Erkenntnis, daß Mike Myers und Dana Carvey Bill und Ted für die Gestaltung ihrer Figuren Wayne und Garth wohl benötigt haben, ihnen ironischerweise aber bereits in einer Kellerkulisse mehr Tiefe abgewinnen können. Eine Stärke, die bei all dem gut gemeinten Klamauk in Bill & Ted's verrückte Reise durch die Zeit einfach fehlt. Genauso geht übrigens der eingangs angerissene sozialkritische Aspekt verloren. Bill und Ted sind Jugendliche, die nicht wissen woher sie kommen und nicht wissen wohin sie gehen. Vielleicht ist gerade dies in all seiner Oberflächlichkeit ein untrügliches Abbild der 80er?