Der markige Titel mag andere Assoziationen wecken, doch „Beim Sterben ist jeder der Erste“ ist eine intelligente Mischung aus Thriller und Drama.
Die vier Großstädter Lewis (Burt Reynolds), Ed (Jon Voight), Bobby (Ned Beatty) und Drew (Ronny Cox) wollen gemeinsam einen Wochenendtrip unternehmen, Kanufahren in der unberührten Wildnis. Die Einwohner sind allesamt etwas seltsam und beobachten Fremde argwöhnisch, doch die vier teilweise etwas arroganten Stadtbewohner finden jedoch Leute, die ihre Wagen zum Ziel der Kanufahrt bringen. Lediglich Drew sucht den freundlichen Kontakt, was zu einem eindringlichen Banjo-Duett mit einem behinderten Jungen führt, eine der einprägsamsten Szenen des ganzen Films.
Doch auf der idyllischen Fahrt geschieht Unfassbares: Zwei Hillbillies fangen Ed und Bobby, vergewaltigen Bobby und wollen dies auch mit Ed tun. Lewis eilt zur Rettung, tötet einen der Männer, doch nun stellt sich die Frage: Wie mit dem Ganzen umgehen?
Aus dieser Grundidee baut „Beim Sterben ist jeder der Erste“ einen Thriller, der nie auf oberflächliche Schauwerte setzt. Die Wildwasserfahrten sehen zwar klasse aus, doch Action ist hier nicht das Wichtigste. So sind die wenigen Auseinandersetzungen des Films auch eher Gewaltstudien: Töten ist eine schmutzige Sache, die Städter müssen mit sich ringen ehe sie sich trauen mit einem Pfeil auf Menschen zu schießen. Auch das Sterben ist nicht sauber, sondern dreckig und qualvoll und es verändert die Menschen.
So spielt „Beim Sterben ist jeder der Erste“ am Beispiel der unterschiedlichen Städter die Reaktionen auf eine derartige Tat durch. Lewis ist der starke Macho, hat weniger Skrupel und plädiert dafür, die Leiche des Hillbillies verschwinden zu lassen. Als Gegenpol steht der rechtschaffene Drew da, der für das Rufen der Polizei und den ordnungsgemäßen Weg einsteht – und im Gegensatz zu Lewis an das Rechtssystem glaubt. Dazwischen sind Ed und Bobby, beide beeinflussbarer und schwächer; Bobby muss zudem mit der Tatsache kämpfen, dass er ein beleibter Maulheld ist und grundsätzlich von allen als das schwächste Glied der Truppe gilt.
Auf dieser Basis geht der Survivaltrip weiter, jedoch auf eher psychologische Weise: Die groß angelegte Rache anderer Hillbillies bleibt aus, von möglichen Gefahren ist nur an einer Stelle etwas zu merken, doch die Angst der Städter ist unermesslich. Einer von ihnen kommt zu Tode, es bleibt offen, ob durch einen Schuss oder durch Selbstmord, ausgerechnet Lewis, der starke Mann der Truppe, verletzt sich und die Verbliebenen müssen sich im Kampf mit der Natur, ihren Ängsten und ihren Skrupeln behaupten.
So verzichtet „Beim Sterben ist jeder der Erste“ konsequent auf ein derbes Finale, sondern zeigt auf ruhige Weise, wie die Überlebenden mit der ganzen Sache fertig werden – und dabei höchst unheroisch wirken. Spektakulär ist das Ganze nicht, aber ohne größere Längen und atmosphärisch dicht. Die meisten Konflikte bleiben innerlich und so sind es Rückblick erstaunlich wenig Ereignisse, die „Beim Sterben ist jeder der Erste“ ausschlachtet ohne dabei ausgewalzt zu wirken.
Dabei lebt der Film vor allem von der guten Darstellerriege: Burt Reynolds als Machotyp, dessen Heldenpose jedoch etwas antrainiert wirkt, wie Drew irgendwann mal bemerkt. Ironischerweise sollte Reynolds später öfter solche Helden spielen, jedoch ohne Zweifel an dem Machoimage. Ronny Cox als Drew ist ebenfalls sehr gut, den stärksten Eindruck hinterlässt jedoch Jon Voight als zwischen den Stühlen sitzender Ed. Doch auch Ned Beatty als vierter im Bunde braucht sich nicht zu verstecken.
Letzten Endes ist „Beim Sterben ist jeder der Erste“ ein psychologisch gut erdachter Thriller, der die Tiefe seiner Charaktere gut auslotet und auf oberflächliche Schaueffekte verzichtet. Kleinere Hänger und die etwas einseitige Charakterisierung der Landbewohner (trotz Kritik an der Arroganz der Städter) stören etwas, doch sehr sehenswert, intelligent und atmosphärisch ist John Boormans Werk trotzdem.