Dieser Versuch sich auch in Hongkong an das erfolgreiche Superhelden-Kino Hollywood anzunähern, wurde maßgeblich von Michelle Yeoh („Tomorrow Never Dies“, „Crouching Tiger, Hidden Dragon“) mit vorangetrieben und wurde unter Ex-Kameramann Jingle Ma (Regie + Drehbuch) dennoch nur zu einem halbgaren Plagiat, das die U.S. – Vorbilder fleddert, die Ausbeute grob durchrührt und dann glaubt ein Blockbuster zu sein.
Von „Spider-Man“ über „Batman“ und „The Matrix“ bis hin zu James Bond standen hier einige Erfolgsgeschichten Pate, doch seine Klasse bleibt „Silver Hawk“ trotzdem schuldig.
Dabei ist dieses Fantasyspektakel schon von kurzweiliger Natur, aber gleichzeitig auch so seelenlos und überinszeniert, wie es nur sein kann. Die grell-weiße Optik mit futuristisch-sterilen Touch soll mit viel Glas eine semi-fortgeschrittene Welt suggerieren, in der Yeoh als maskierte Silver Hawk auf Verbrecherjagd geht und gleichzeitig ein gutbürgerliches Leben als unabhängige Upperclass-Frau Lulu führt. Kein Job ist ihr zu schwer, jeden Gegner erledigt sie mit Leichtigkeit und für Spaß ist sie nebenher auch immer zu haben.
Gleich ihr erster Einsatz auf einem LKW-Transporter ist eine Ausgeburt nicht vorhandenen Verständnisses wie man Stilmittel effektiv einsetzt. Jede Szene abwechselnd in Fast- und Slowmotion festzuhalten und die wackelige Kameraführung in hektische Schnittorgien zu zerlegen, ist kein Zeichen von Stil, sondern schlichtweg Übereifer, den Jingle Ma ständig während des gesamten Films an den Tag legt. In seinen Schnittorgien erinnert seine Arbeit stellenweise schon an Michael Bay, doch der verlor dabei bis zu „The Island“ wenigstens nicht die Übersicht und nutzte sie als Mittel der Bildästhetik.
Der Plot findet auch nur in den ersten 60 Minuten statt und gibt die genrekonforme Standardformel zum Besten. Soll heißen, Lulu bekommt es mit einem größenwahnsinnigen Gangster zu tun und muss nebenher noch ihre geheime Identität bewahren.
Hier ist es Alexander Wolfe (Luke Goss, „Blade II“, „Mercenary for Justice“), der Professor Ho Chung (Daming Chen) entführt, um mit dessen bahnbrechender KI (Da gibt es sogar während einer Vorführung kurz kritische Ansätze in Bezug auf Sinn und Zweck des technologischen Fortschritts...) und einer neuen Handy-Technologie die Gedanken der Menschen zu kontrollieren gedenkt und sich dies zunutze machen will, um den Posten des Premierministers zu bekleiden. Klar, dass Lulu, die zudem dank einer Entführung noch persönlich in die Sache verwickelt wird, da nicht mitspielt und sich mit dem sich ständig überschätzenden Cop Rich Man (Richie Ren, „Under Control“, „Breaking News“), den sie aus ihrer Kindheit als Waise kennt und der sie eigentlich dingfest machen soll (Für das Gute kämpfende Superhelden, sind von der sich ausgebootet und für unfähig erklärten Staatsmacht bekanntlich selten gern gesehen, da sie ihre Autorität in Frage stellen), und dem Hacker Kit (Brandon Chang, „The Touch“), der gleichzeitig ihr größter Fan ist, zusammen.
Bevor es zum finalen Battle kommt, der dann bis auf ein kleine Unterbrechung die letzten 30 Minuten in Anspruch nimmt, dominiert noch etwas alberner Humor, der vorzugsweise von Lulu ausgeht, die Rich noch in Unkenntnis über ihre wahre Identität lässt und ihn als Silver Hawk ein ums andere Mal bloßstellt, sich Verehrern entledigt und in guten Choreographien, die von Jingle Mas Regie zur Wirkungslosigkeit verdammt werden, fix Verbrecher ausschaltet, die sie vorher über Polizeifunk einfing. Fast schon obligatorisch werden dabei technische Gimmicks der verspielten Sorte mit transparenten Displays und ähnlichem Schnickschnack umworben. Nokia muss auch hier seinen Schnitt machen.
Michelle Yeoh ist neben Michael Jai White („Universal Soldier: The Return”, „Undisputed 2”), der sich als Handlanger leider unterbeschäftigt aus der Affäre zieht, gleichzeitig auch die einzige mit etwas Charme und Stil. Auch wenn ihre Rolle keine schauspielerischen Qualitäten erfordern, ist ihr Einsatz beeindruckend, sofern sie denn überhaupt alle Stunts und Fights selbst übernommen hat.
Das Finale ist ein doppelter Showdown in der Basis von Wolfe, aus der Silver Hawk beim ersten Besuch nach dicker Keile noch den Rückzug antreten muss, beim zweiten Mal mit Verstärkung dann aber ihr Ziel erreicht. Die interessanten Ideen, wie die an Bungee-Seilen herumwirbelnden Gegner, fallen dabei erneut den Schnittstakkatos zum Opfer.
Nichtsdestotrotz gibt es final genug seelenlosen Budenzauber und Gefighte, das den anspruchslosen Zuschauer ganz passabel bei Laune hält, obwohl der heruntertickende Showdown und die obligatorische Selbstzerstörungssequenz nie ein Gelingen der Rettungsmission in Frage stellen.
„Silver Hawk“ grenzt an Verrat am Hongkong-Kino, dessen Stärken hier schamlos außer Acht gelassen werden, während Hollywoods moderne Einflüsse hier in überbordender Anzahl vorhanden sind. Die Leidenschaft ging hier völlig flöten, was nicht nur dem style over substance – Regiestil anzusehen ist, sondern man auch am Drehbuch schnell erkennt. Ich habe selten so eine einfallslose Aneinanderreihung von geklauten Motiven erlebt, obwohl der Blick in die Kindheit zwar nicht zu den Standards zählt, hier allerdings so infantil kitschig und auch viel zu ausführlich mit eingebunden wurde, dass man sich die Fernbedienung herbeiwünscht.
Fazit:
Vor allem in den Actionszenen supermies geschnittenes Fantasybeinahedebakel, mit dem Hongkong wohl seinen Happen vom Kuchen abhaben wollte, aber gegen die meisten, doch beileibe nicht allen, U.S.- Pendants gewaltig abstinkt. Jingle Mas jegliches Gefühl für Actionszenen vermissen lassende Regie ist ein Debakel, das nüchterne Set-Design ein Stimmungskiller, die Dialoge auf unterem Niveau und die Darsteller nicht besser. Allenthalber etwas für Yeoh-Fans, die den Hosenstall jetzt auch wieder zumachen können.