Review

kurz angerissen*

Spontanes Mitternachtskino, durchweg. Miles Davis, der den weltberühmt gewordenen Soundtrack in nur einer Nacht improvisierte. Louis Malle, ein junger Regisseur am Beginn seiner Karriere, der in seinem vollwertigen Spielfilmdebüt zwar das verbreitete Format der Romanverfilmung verfolgte, seinen Beitrag zur Novelle Vague jedoch mit schattenhafter Unangepasstheit leistete. "Fahrstuhl zum Schafott" ist eine unmögliche Geschichte, die mit konstruierten Wendungen den Kontakt zum Pulp erhält und dennoch viel realistischer scheint als das von Make-Up, Kostümen und Scheinwerferlicht abgebildete Établissement. Einige der gelieferten Bilder verschlucken den gesamten Hintergrund mit einem tiefen, satten Schwarz und hinterlassen die Figuren in reiner Isolation; insbesondere Jeanne Moreaus sehnsuchtsvolle bis verbittert-desillusionierte Ausstrahlung gewinnt dadurch enorm an Kraft, derweil ihr Pendant in einem parallelen Handlungsstrang ohne direkte Berührung wie ein Spielball des Schicksals von einem Malheur ins nächste geführt wird – und ihm doch beinahe der perfekte Mord gelingt.

Aber Perfektion, die gibt es bei Malle nicht. Immer wieder schafft er Raum für Suspense nach Hitchcock-Maß, bei dem insbesondere Timing eine wichtige Rolle spielt, doch wie um der vollkommenen Auflösung zu entgehen, bricht er die Spannung und führt eine Abzweigung ein, verkompliziert also die im Grunde so einfache Kriminalgeschichte mit Subplots und gesellschaftlichem Subtext.

Aus zeitgenössischer Perspektive muss die Konzentration auf eine Verkettung bitterer ironischer Wendungen verspielt bis naiv gewirkt haben, rückblickend muten die formellen Brüche mit dem bewährten Kino durchaus progressiv an. Inhaltlich mag "Fahrstuhl zum Schafott" gewisse Defizite aufweisen, mit seinen wendungsreichen filmischen Mitteln hat er jedoch weitere bedeutsame Werke wie Godards "Außer Atem" bereits vorweggenommen.

*weitere Informationen: siehe Profil

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