In "Perrak", einem deutschen Krimi von Edgar Wallace-Regisseur Alfred Vohrer, spielt der spätere "Derrick" - Horst Tappert - den Leiter des Hamburger Sittendezernats, der sich bei den Ermittlungen im Mord an einem Transvestiten bis in die höchsten Kreise des Hanseatischen Geldadels prügelt und schiesst.
In den frühen 70er Jahren angesichts seiner delikaten Handlung sicherlich ein kleiner Skandal, hat "Perrak" im Laufe der Jahrzehnte viel von seiner Anrüchigkeit verloren.
Während - für damalige Verhältnisse - sexuelle "Abartigkeiten" wie S/M, Bondage oder Pädophilie Tabubrüche im Unterhaltungskino darstellten und erst durch Oswalt Kolles Volksaufklärung einer breiteren Masse bekannt gemacht wurden, werden sie in "Perrak" nur angedeutet, stattdessen verweilt die Kamera dieses Sex & Crime-Thrillers gerne bei diversen Striptease-Einlagen, die den exploitativen Voyeurismus dieser deutschen Genre-Perle unterstreichen.
Schockierend ist vielmehr, dass bei so viel nackter Haut und Härte, der streckenweise alberne Klamauk wie ein Störfaktor wirkt, der dem Film einiges an Stimmung raubt.
Vor allem die Vater/Sohn-Beziehung zwischen "Perrak" und seinem temperamentvollen Sohnemann "Joschi" passt überhaupt nicht zur ernsten Tonlage des Streifens und ist auch für die Handlung nicht notwendig, die - von den witzlosen Kalauern abgesehen - eher von Sadismen, Brutalitäten und unterschwelligem Rassismus dominiert wird.
Vohrer schöpft die Mittel filmischer Gewalt voll und ganz aus und geizt (ähnlich wie bei seiner Wallace-Adaption "Der Mann mit dem Glasauge") nicht mit blutigen Eskapaden.
Auch einige ungewöhnliche Kameraperspektiven und vor allem die in Rückblenden erzählte Auflösung des Mordfalles zeichnen Vohrer sowohl als experimentellen und vielseitigen, als auch als versiert-routinierten Inszenator klassischer Krimimomente aus.
Es sind genau diese Stärken des Regisseurs, die der späteren Erfolgsserie "Derrick" einige der besten und spannendsten Episoden zu verdanken hatte.
Leider gelingt es ihm jedoch nicht, der verruchten Komponente des Films einen sleazigen Charakter zu verleihen. In dieser Beziehung versagt Vohrer und kann das Milieu mit dem Geschäft der käuflichen Liebe und Perversionen nicht adäquat umsetzen. Statt auf schmierige Kaschemmen und Spelunken zu setzen spielt sich der Großteil der Handlung fast ausschließlich in den feinsten Häusern ab. Ein S/M-Bordell verbirgt sich hinter der biederen Fassade einer gutbürgerlichen Villa, während die Gangster im Hintergrund nicht im Milieu zu finden sind, sondern beispielsweise in ihren "ehrbaren" Unternehmen wie einem Leihhaus oder auf einem Schrottplatz "residieren".
Zwei Welten prallen aufeinander: der korrupte Geldadel und das skrupellose Halbwelt-Milieu - doch die Skizzierung beider Welten ist zu sauber. "Perrak" fehlt es einfach an Dreck - da reicht es nicht wenn ein einflussreicher Geldsack mit jungen Mädchen rummacht, um als "Milieu"-Film überzeugen zu können. Da ging es in späteren "Derrick"-Episoden weitaus rauher und ungesitterter zur Sache!
Aber das Drehbuch stammt hier auch nicht aus der Feder von Herbert Reinecker, sondern von Ernst Flügel alias Manfred Purzer, und das von ihm verfasste Skript ist über weite Strecken viel zu überkonstruiert.
Eine Vielzahl unterschiedlichster Charaktere und Motive sorgen alsbald für eine Unüberschaubarkeit der ansonsten simpel gestrickten Story. Viele falsche Fährten sorgen mehr für Verwirrung als für Spannung. Für den Handlungsverlauf wichtige Personen werden unglaubwürdig eingeführt oder verschwinden sang- und klanglos aus der Story.
Fazit: Für ein "Milieu"-Krimi zu glatt, zu bieder und für einen klassischen Krimi viel zu spannungsarm.
Dennoch schafft es Regisseur Vohrer das Beste aus dem faden Drehbuch-Eintopf zu zaubern und die absurde Erpressergeschichte trotz zahlreicher Logiklöcher leidlich unterhaltsam in Szene zu setzen.
Sicherlich nicht seine beste Regiearbeit und auch nicht Tapperts glorreichster Auftritt - doch wenn diese beiden Herren einen schlechten Tag haben ist das Endergebnis immer noch unterhaltsamer, als manches, was zur damaligen Zeit dem Publikum zugemutet wurde.
6,75/10