Man ist nicht gerade groß hausieren gegangen mit dem Namen Stephen King, als „Das geheime Fenster“ zu promoten war, vielleicht saß vielen noch der Extremflop „Dreamcatcher“ in den Knochen, der den überwiegenden Teil der Zuschauer nach gutem Start vergrätzt hatte.
Also wurde alle Werbepower auf den frischgebackenen Blockbusterstar Johnny Depp ausgerichtet, der dann hier auch in seiner ureigensten und persönlichen Art eine One-Man-Show abliefert, die allein schon würdig genug ist, den Film anzusehen.
Wer Depp mag, wird ein Fest feiern können, wie er da als von seiner Frau getrennt in einer Hütte am See lebender Schriftsteller slackerhaft die Tage vertrödelt, meist schläfrig, nicht selten im Selbstgespräch oder in Konversation mit seinem Hund, gekrönt von einem wirren Haarschopf, der jeden modernen Punk neidisch machen müßte.
Kreisen tut der Film einzig und allein rund um die Bedrohung von Depps Mort Rainey durch die geheimnisvolle Figur des John Shooter, der behauptet, Rainey hätte ihm seine Geschichte gestohlen, um dann gewalttätig zur Sache zu gehen, während Rainey nur zögerlich bemüht ist, den Beweis zu erbringen und den Irren lieber mittels Privatdetektiv stoppen will.
Die Story an sich ist nicht Kings Beste, eine von vielen Reflexionen auf seine eigene Schriftstellertätigkeit und die damit verbundene Schizophrenie, immer neue Charaktere entwerfen zu müssen. Tatsächlich kann man den Film an sich auch locker-leicht in einem Filmbild aus drei anderen Werken zusammenfassen, denn hier treffen sich „Stark“ und „Shining“ im „Fight Club“ und prügeln sich zum Best-of-(Plot)-Twist.
Da mag Torturro noch so eine bemüht abgefahrene Irren-Gestalt aufbieten, Depp hat jede Szene im Griff und schafft es wie in jedem anderen Film auch, daß man seine meist gesellschaftsfernen und nicht selten unsympathischen Außenseiter einfach zum Knuddeln findet. Beständig neben der Spur stehend, ordnet sich Depp wunderbarerweise der Geschichte unter und scheint gleichzeitig sich selbst zu spielen. Wir wollen so einen nicht zu Hause haben, aber in den Arm nehmen wollen wir ihn schon.
Natürlich hat auch „Das geheime Fenster“ einen doppelten Boden und dank Depp schafft der Film den Spagat, ein wirklich ungewöhnliches und tatsächlich finster-bitteres Ende perverserweise ins Positive zu verkehren, so daß wir es akzeptieren und dabei müssen alle Nebencharaktere nicht mal schlecht gemacht werden.
Schwer zu erraten ist der entscheidende Dreh natürlich nicht, wenn man sich halbwegs in der populären Filmkultur der letzten 15 Jahre schlau gemacht hat, aber selbst wenn man ihn kommen hört, hält David Koepps Film das Interesse am Laufen. Koepp hatte zwar mit „Echoes“ einen von der Exposition wesentlich originelleren Film geschaffen (der aber etwas banaler auslief), aber dafür trägt Depp den Film hier besser als seinerzeit Kevin Bacon.
Für Horrorfans hat der Film mehr bedrohliche Atmosphäre als gorige Details, auch wenn uns dann und wann mal ein paar Leichen vor die Linse kommen, doch die so populären Schocks erspart man meistens und setzt stattdessen auf Charaktere und Stimmung.
So wird dem Geschichtenerzähler King auch hier nach längerer Zeit mal wieder Rechnung getragen und ein Werk in der richtigen Stimmung umgesetzt, so daß man das urtypisch Kingsche auf der Leinwand wiederfindet.
Die Schlußpointe ist jedenfalls recht hüsch-fies, wenn sie auch ein wenig mit der Logik hapert, aber insgesamt kann man sich einen nicht zu gruseligen, aber doch spannenden Abend mit dem Film machen. (7/10)