Auf ein Neues...
Ohne Zweifel ist Romeros "Dawn of the Dead" ein großartiger Film. Zwar merkt man ihm an allen Ecken und Enden geringes Budget und begrenzte Möglichkeiten an. Aber dennoch schaffte er es, ein ganzes Genre neu zu definieren, und zu einem bis heute uneinholbaren Vorbild zu werden. Weshalb? Vor allem dank der Atmosphäre, die der Film erzeugt. Natürlich bietet er auch heftige Goreszenen und Actionsequenzen. Aber wirklich einzigartig ist das Gefühl absoluter Hoffnungs- und Ausweglosigkeit, das sich beim Betrachter breit macht, wenn er verfolgt, wie die Überlebenden nach und nach dezimiert werden; wie ihnen eine immer kleinere Perspektive bleibt; wie die Welt um sie herum sich "schließt".
Mit dem Film von Zack Snyder nun also ein neuer Versuch, Romeros Zombievisionen in die Gegenwart zu holen. Nach dem Quasi-Remake "28 days later" schon der zweite binnen kürzester Zeit. Gehen den Horrorfilmemachern endgültig die Ideen aus? Wollen sie Romero durch Hommagen und Remakes schmeicheln, um Erwähnung in seinem Testament zu finden? Oder ihm nur beweisen, dass es höchste Zeit für einen neuen Zombiefilm von ihm selbst wäre, da sie ihm einfach nicht das Wasser reichen können?
Man weiß es nicht, aber letztere Hypothese drängt sich auf. Denn wie schon Danny Boyles Version scheitert auch das "offizielle" Remake im Vergleich, soviel vorab. Dabei sollte man doch eigentlich annehmen können, dass die Wirkung von Romeros Original mit dem, was heute filmisch machbar ist, leicht zu überbieten sein sollte. Aber mehr Geld macht einen nicht automatisch zum besseren Geschichtenerzähler; bessere Special Effects bedeuten nicht automatisch mehr Originalität; und ein besseres Setdesign führt nicht automatisch zu mehr Atmosphäre. So ist "Dawn of the Dead 2004" zwar alles andere als ein schlechter Film. Er unterhält über weite Strecken zugegebenermaßen sehr gut, bringt ein paar frische (nicht immer gelungene) Ideen ein und funktioniert als moderner Horrorfilm mit Old-School-Touch insgesamt zufrieden stellend.
Aber das letztliche Problem bleibt der Anspruch, das Romero-Werk erreichen zu wollen. Und, wenn auch die Pfade des Originals streckenweise sehr deutlich verlassen werden, dieser Anspruch ist da – andernfalls hätte man dem Film wohl einen anderen Namen gegeben. Man kann ihn aber leider nicht erfüllen. Nicht ansatzweise. Denn, wie oben erwähnt, Romero erzeugte ein Gefühl der Ausweg- und Hoffnungslosigkeit; das Remake hingegen erzeugt (fast) NUR das Gefühl, unterhalten zu werden.
Dafür gibt es viele Gründe: einerseits ist viel zu viel "Außenwelt" im Spiel. Dass die Protagonisten auf sich allein gestellt sind, dass es für sie keinerlei Fluchtmöglichkeit mehr gibt – das wird nur selten, wenn überhaupt, deutlich. Natürlich, sie sind eingeschlossen. Aber in einem mehr als geräumigen, zunächst von Zombies nicht unbedingt überranntem Einkaufs-Paradies. Mit Kontakt zu anderen, mit medialer Anbindung. Aber auch, als all das wegfällt, entsteht leider niemals der Eindruck, dass die Welt kleiner und einsamer geworden wäre, dass es für sie keinen Ausweg mehr gäbe. Zudem sind es zu viele Protagonisten. Kaum einem wird genug Zeit gegeben, sich zu einer echten Identifikationsfigur zu entwickeln, und so können wir auch mit keinem ausreichend mitleiden. Wir bleiben Beobachter einer bunt gemischten Truppe unterschiedlich gut an die Situation angepasster Charaktere, denen man aber kaum je abnehmen kann, angesichts der ja eigentlich unfassbaren Situation an ihrem Verstand zu zweifeln oder in Panik zu verfallen. Dazu kommt eindeutig zu viel slapstickartiger Humor. Das sorgt zwar für Grinsen und Sympathie gegenüber dem Film, es verhindert jedoch das Entstehen von "Terror".
Auf der Habenseite verbuchen wir dann ein paar nett blutige Szenen (jedoch nicht ansatzweise so brutal, wie vielerorts gemunkelt wurde), ordentlich Drive, und – tja, eben, gute Unterhaltung. Was für einen Film dieses Genres nun sicher nicht die schlechtesten Attribute sind. Und wäre es einfach nur ein Zombiefilm, wäre ich wahrscheinlich sehr zufrieden aus dem Kino gegangen. Mit dem selbsternannten Anspruch aber, ein Meisterwerk zu reproduzieren, kann ich nur eins sagen: Auftrag nicht erfüllt. Dazu ist der Mangel an Atmosphäre schlicht viel zu groß.
Insgesamt vergebe ich 7 Punkte, denn man will ja nicht unfair sein. Um wie viel besser der Film jedoch hätte sein können, wurde mir bald genug klar. Als ich nämlich den Trailer zu "Dawn of the Dead 2004" sah. Und der eben WAR, was der Film nie sein konnte: beklemmend, ja sogar fast gruselig. Schade um die vertane Chance.