Die Schwester von Arthur Milton wird tot aus der Themse gezogen, und eine Menge Leute bekommen Angst. Denn Arthur Milton ist Der Hexer, der diejenigen Gangster tötet, die meinen sich am Gesetz vorbeimogeln zu können. Und der Anwalt Meister, bei dem Miltons Schwester beschäftigt war, hat ganz besonderen Grund sich zu ängstigen, ist er doch hinter seiner respektablen Fassade in Wahrheit ein skrupelloses Schwein, das mit besonderem Vergnügen Unschuldige ins Gefängnis bringt, um seinen eigenen Reichtum zu mehren. Arthur Milton soll vor einem halben Jahr ertrunken sein, so heißt es. Doch jetzt reist seine Witwe in England ein – Warum ausgerechnet jetzt? Lebt Arthur Milton vielleicht noch? Und wird er Rache nehmen an Meister?
Natürlich lebt er noch, das weiß jeder Krimifan, genauso wie die Tatsache, dass die 1964er Verfilmung zumindest in meiner Generation als Maßstab dieses Stoffes gilt. Aber ganz ehrlich, diese Fassung von 1932, die sich inhaltlich zu anderen Verfilmungen eigentlich gar nichts schenkt, dafür aber sehr nah am Roman bleibt, kann dem berühmten Vohrer-Vehikel locker das Wasser reichen, aber ganz locker. Hier haben wir halt nicht den sympathischen und erstklassigen Scotland Yard-Inspektor mit dem guten Aussehen von Joachim Fuchsberger, stattdessen bleibt Paul Richter eher trocken-unterkühlt und kann seine Rolle als Good Guy nicht wirklich ausfüllen. Aber dafür glänzt Fritz Rasp als Anwalt Maurice Meister (in der Vorlage und in den späteren Verfilmungen Maurice Messer), der als heimlicher Star des Films läuft. Seine überhebliche Art, seine abgefeimte Weise andere Menschen hereinzulegen, sie als Anwalt für das von ihm selbst begangene Verbrechen zuerst zu verteidigen und dann auch noch ins Gefängnis zu bringen, geht Hand in Hand mit der nackten Angst vor dem Hexer. Ein wahrlich diabolischer Mensch, der entsprechend oft von unten und mit unheilvollem Licht belegt wird, um den Eindruck der Bosheit erfolgreich zu steigern. Auch wenn die Theatralik manchmal etwas übertrieben scheint, für heutige Verhältnisse zumindest, so ist es auf jeden Fall ein außerordentliches Vergnügen, Rasp zuzusehen.
Genauso wie der wunderbaren Maria Solveg in ihrer letzten Arbeit vor der Kamera. Eine wunderschöne Frau mit einer grundsoliden Ausstrahlung, die dann die kommenden rund 50 Jahre mit ihrem angeheirateten Namen Maria Matray hinter der Kamera zugange war. Unter anderem war sie an den Drehbüchern für SONDERDEZERNAT K1 und DIE AFFÄRE DREYFUS beteiligt. Rasp und Solveg, allein die beiden sind die Sichtung schon mehr als wert. Auf der anderen Seite des Spektrums tummelt sich dann Karl Ettlinger als Gauner Hackett, der für die humorigen Töne zuständig ist und teilweise schon sehr clownesk rüberkommt. Die Berliner Morgenpost war 1932 ganz begeistert von ihm („ … Im komischen Bereich ist Karl Ettlingers Hackitt eine köstliche Type.“), aus heutiger Sicht übertreibt der Mann es schon gewaltig, wenn er in der Abwesenheit seines Chefs Meister versucht das Haus auszuräumen, oder bei der Ansicht des im Saufkoma liegenden Meisters in Panik gerät. Nun ja, platte Komik scheint wohl zu den Wallace-Verfilmungen einfach dazu zu gehören, und immerhin hat Ettlinger es geschafft, dass ich beim anschließenden Lesen des Romans ständig sein rundes Gesicht vor Augen hatte – Anscheinend doch eine passende Besetzung. Und vielleicht wäre DER HEXER sonst auch zu grimmig geworden, musste die Düsternis des Films wohl irgendwie durchbrochen werden. Im Rückblick ist der Mann ja dann doch irgendwie recht drollig …
Erwähnenswert ist auch die außerordentliche Kameraarbeit von Otto Heller, in dessen Filmographie viele Jahre später auch Highlights wie FINALE IN BERLIN oder AUGEN DER ANGST auftauchen. Im vorliegenden Film hat er ein besonderes Händchen dafür, Stilmittel des Noir Films vorwegzunehmen, wenn er Hintergründe mit Schatten versieht oder versucht mit der Illusion abgehängter Decken zu arbeiten um eine klaustrophobische Atmosphäre zu erzeugen. Gerade die Kamera hat ihren guten Teil Schuld daran, das DER HEXER auch heute noch funktioniert, auch wenn man die Story eigentlich rauf- und runterbeten kann und meint, alles zu kennen. Wenn man mit der sehr übertriebenen Theatralik zurechtkommt auch heute noch ein starker und spannender Krimi.