„Du kannst mit einem deutschen Mädchen ausgehen, aber du darfst sie niemals, niemals, niemals schwängern!“
Bei der deutschen Multi-Kulti-Komödie „Kebab Connection“ aus dem Jahre 2005 führte Anno Saul („Die Tür“) Regie, doch das Drehbuch stammt vornehmlich von Fatih Akin, der mit einem Film wie „Gegen die Wand“ bewies, heiße Eisen einer multikulturellen Gesellschaft anzupacken und auch vor Kritik an seinen Landsleuten hier wie dort nicht zurückzuschrecken. „Kebab Connection“ hingegen wählt den Weg einer leicht verdaulichen, familientauglichen Komödie, transportiert dabei dennoch seine Aussage.
Der türkischstämmige Nachwuchs-Filmemacher Ibo (Denis Moschitto, „Verschwende deine Jugend“) träumt davon, den ersten deutschen Kung-Fu-Film zu drehen. Mit einem actionreichen Werbeclip für das Döner-Restaurant seines Onkels (Hasan Ali Mete, „Lola und Bilidikid“) sorgt er für Aufsehen und feiert erste Erfolge. Doch zu seinem Entsetzen eröffnet ihm seine Freundin und Schauspielschülerin Titzi (Nora Tschirner, „Keinohrhasen“), dass sie von ihm schwanger ist. Ibo verspürt wenig Lust auf die nahende Vaterrolle und fühlt sich nicht reif genug, woraufhin Titzi sich kurzerhand von ihm trennt. Zudem wird er von seinem Vater (Güven Kiraç, „Gegen die Wand“) verstoßen, weil er eine Deutsche geschwängert hat. Langsam freundet sich Ibo mit der neuen Situation an und versucht, Titzi davon zu überzeugen, dass er ein guter Vater wäre und sie zurückzugewinnen…
„Kebab Connection“ zeigt in authentischer Selbstverständlichkeit ein Hamburg (Schanze, Kiez, Altona), in dem Menschen unterschiedlicher kultureller Hintergründe aufeinandertreffen und mal mehr, mal weniger integriert sind und mal besser, mal schlechter miteinander auskommen. Sein Hauptaugenmerk richtet er dabei auf Ibo und dessen Familie, deren Patriarch zwar vieles toleriert, jedoch aus allen Wolken fällt, als er von Titzis Schwangerschaft erfährt. Ibos Onkel wiederum befindet sich im Dauer-Clinch mit dem griechischen Restaurant von gegenüber. Da wird natürlich mit Klischees gespielt und Overacting betrieben, jedoch stets auf liebenswürdige, die Charaktere nicht vorführende Weise, mit sympathisch selbstironischem Augenzwinkern. Türkischer bzw. religiöser Konservatismus wird aufs Korn genommen, Ibos Vater dabei als durchaus lernfähiger, im Grunde anständiger Kerl dargestellt, der lange Zeit mich selbst hadert. In „Kebab Connection“ sind Familienverstöße und andere Konflikte nie wirklich ernst zu nehmen; nichts wird so heiß gegessen, wie es auf den Tisch kommt, trotz harter Worte besitzt man ein gutes Herz und wendet sich demnach auch alles zum Guten. „Ehrenmorde“ und andere Gewaltverbrechen, Nationalismus und tatsächlichen Rassismus klammert „Kebab Connection“ aus, ohne sie zu verleugnen – sie sind schlichtweg nicht die Themen dieses Films.
Dieser dreht sich nämlich vielmehr um eine herzlich wenig mit Multi-Kulti zu tun habende Herausforderung, nämlich der des unverhofften und zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt Elternwerdens junger Menschen, die sich nicht wirklich dazu bereit fühlen, eine derartige Verantwortung zu übernehmen. Und eben diese Thematik behandeln Saul und Akin meist albern und nicht jeder Witz erweist sich als Treffer, doch beweist man gleichzeitig Sensibilität für die Situation und die Sorgen Adoleszenter und gesteht den Charakteren positive, nachvollziehbare Entwicklungen zu, die durch die Hoffnungen, die sie schüren, die positive Energie dieses Films ausmachen – der sich damit nicht nur für Multi-Kulti-/Kultur-Clash-Interessierte oder -Betroffene, sondern gerade auch für zweifelnde werdende Eltern bestens eignet, um die Stimmung zu heben. Hamburger Lokalkolorit, verschrobene Genrefilmleidenschaft, eine hörenswerte Version des Uralt-Hits „Kung Fu Fighting“ als Titelmelodie sowie gute schauspielerische Leistungen insbesondere Kiraçs und Moschittos tragen ihr Übriges zum Vergnügen bei. Weniger gefallen manch arge Übertreibung, für die mit billigen Spezialeffekten nachgeholfen werden musste – womit ich nun jedoch nicht die tatsächlich in den Film gefundenen Kampfsporteinlagen meine, die das Happy End dieser modernen „Romeo & Julia“-Variation (ein Stück, das die Schauspielschülerinnen im Film als überdeutlichen Zaunpfahlwink ständig proben) auf spaßige Weise seines Kitsches berauben. Aber welchen Namen die kleine Hosenscheißerin denn nun letztlich bekommen hat, hätte ich schon noch gern gewusst.
Fazit: Sehr sympathische Komödie aus deutschen Landen, die in mittlerweile längst Alltag gewordene und demnach wenig exotische Milieus hineinschnüffelt, deren Normalität dokumentiert und dank der Beteiligung tatsächlicher Migrationshintergründler nie Gefahr läuft, zu einer „politisch korrekten“ Gutmenschen-Farce zu verkommen. Empfehlenswert.