"...auch du wirst im Schrecken leben! Das Jenseits" - eine wenig vielversprechende Aussicht, mit der Lucio Fulci den Betrachter direkt ansprach und damit schon den Unterschied zu seinen Zombie-Vorgängern betonte. "...e tu vivrai nel terrore! L'aldilà" (wenig inspiriert als "Die Geisterstadt der Zombies" veröffentlicht oder inhaltlich falsch "Über dem Jenseits" tituliert) gilt als dritter Teil der "Zombie-Trilogie" nach "Zombi 2" (Woodoo - die Schreckensinsel der Zombies, 1979) und "Paura nella città dei morti viventi" (Ein Zombie hing am Glockenseil, 1980), die Fulci jeweils mit Drehbuchautor Dardano Sacchetti, Kameramann Sergio Salvati und Komponist Fabio Frizzi entwickelte. Dank der gruseligen Atmosphäre, gepaart mit sehr grafischen Splatter-Effekten, die Fulci in jedem seiner Filme zu steigern wusste, lag die "Trilogie"-Einordnung nah, täuscht aber ein wenig darüber hinweg, dass die Kreativen die Zombie-Thematik jeweils sehr unterschiedlich umsetzten.
Erinnerte "Zombi 2" noch an die traditionelle Saga ("I walked with a Zombi" (Ich folgte einem Zombie, USA 1943)) und spielte größtenteils auf einer Karibik-Insel, war "Paura nella città dei morti viventi" in den USA angekommen - der bevorzugte Handlungsort im italienischen Genre-Film dieser Phase, um beim italienischen Publikum trotz des offensichtlich geringen Budgets mit der Konkurrenz "Hollywood" mithalten zu können (siehe den Essay "Das italienische Kino frisst sich selbst"). Die tödliche Gefahr durch die wieder auferstandenen Toten wird den Bewohnern eines kleinen Ortes zwar nur langsam bewusst, aber sie blieb eine Bedrohung von außen, gegen die sich die Protagonisten gezielt zur Wehr setzen konnten. Diese eindeutige Trennlinie existiert nicht mehr in "...e tu vivrai nel terrore! L'aldilà", in dem die Gefahr aus dem Inneren zu kommen scheint und die Untoten nicht mehr klar von den Lebenden unterschieden werden können.
Wie gewohnt nutzte Autor Sacchetti okkulte Zeichen und Formeln, um die mehr als 50 Jahre nach der Eingangsszene, in der ein Maler brutal hingerichtet wird, einsetzende Handlung vorzubereiten, aber mehr noch als in den Vorgängern bemühte er sich gar nicht erst um eine schlüssige Durchführung der Story, sondern trieb sein Spiel mit den unterschiedlichen Ebenen so weit, dass die kommenden Ereignisse nur schwer vorherzusehen sind. Anders als im typischen Zombie-Film bedeutet eine Übermacht an Angreifern noch nicht den sicheren Tod, der stattdessen in ganz anderer Form überraschend eintreten kann – wie in der Bibliotheks-Szene, in der das Opfer gefräßigen Taranteln ausgesetzt wird. Ein unrealistisches, aber wirkungsvolles Szenario.
Einzigen erzählerischen Halt vermitteln die Figuren der Hotel-Erbin Lisa Merrill und des Arztes John McCabe, der zum ersten Mal an den Ausgangsort des Grauens gerufen wird, als bei den Renovierungsarbeiten ein Unglück geschieht. Catriona McColl, die schon die Hauptrolle in "Paura nella città dei morti viventi" spielte und bei dem Versuch, das geerbte Hotel mit Hilfe ihres Freundes Martin wieder zu reaktivieren, dessen Vergangenheit herauf beschwört, wurde diesmal David Warbeck an die Seite gestellt, der sich Anfang der 80er Jahre als Protagonist der Söldner-Filme unter der Regie Antonio Margheritis („L‘ultimo cacciatore“ (Jäger der Apocalypse, 1980) ) auf dem Höhepunkt seiner Karriere befand. Zunehmend werden sie durch ein Geschehen aneinander geschweißt, das sprunghaft die Szenen wechselt, Spuren legt und Hinweise gibt, die nicht weiter verfolgt werden und Figuren einführt oder töten lässt, ohne die Hintergründe genauer zu betrachten.
Dank der stimmigen Settings, der Kameraführung und nicht zuletzt der Musik Fabio Frizzis sind Kritiker geneigt, über die Schwächen der Story hinwegzusehen, dabei lässt sich darin gerade die Stärke eines Films erkennen, der sich den üblichen Zombie-Adaptionen entzieht und zu einem halluzinatorischen Trip wird, in dem Reales nicht mehr von Irrealem unterschieden werden kann. Eine konsequente Weiterentwicklung der beiden ersten Zombie-Filme Fulcis, die seine Ankündigung im Filmtitel nicht als leeres Versprechen erscheinen lässt: „…auch du wirst im Schrecken leben!“ (8/10)