Die Miniserie „Traffic“ führt das Konzept des preisgekrönten Steven-Soderbergh-Films aus dem Jahre 2000 auf anderer Ebene fort und konzentriert sich anhand der Geschichten dreier Hauptprotagonisten nicht nur auf den „Verkehrsfluss“ von Drogen, sondern auch auf die internationalen Vernetzungen von Schmugglern, deren Mittels- und Hintermänner sowie die Geschäftpraktiken von Waffenschiebern und Menschenhändlern:
1.) Bei seinem Einsatz in Afghanistan verschwindet der DEA-Agent Mike McKay (Elias Koteas) spurlos zusammen mit einem zuvor gefangen genommenen Schmuggler. Weder seine Vorgesetzten noch sein Partner Brent (Martin Donovan) können sich das Verhalten erklären und müssen nach einiger Zeit davon ausgehen, dass Mike eventuell die Seiten gewechselt hat. Aus diesem Grund konzentriert sich die DEA auf Mikes Frau (Mary McCormack) und ihrem Sohn, die gerade in Seattle ein neues Haus bezogen haben – man lässt sie überwachen und über den Stand der Dinge im Unklaren. Die ohnehin nicht leichte Situation wird schließlich verstärkt, als Brent ihnen die Vermutung der Agency offenbart. Währenddessen rekrutiert Mike über seinen neuen „Partner“ einige Einheimische, um mit deren Hilfe zu einer verschütteten Höhle in den Bergen zu gelangen, in der sich etliche Millionen Dollar in Form von Opium stapeln. Nach diversen Strapazen und Zwischenfällen erreichen sie letztendlich ihr Ziel, nur um dort ins Visier einer Special Forces Einheit zu geraten – und da man Mike als übergelaufen wähnt, kann dieser auch nichts gegen deren gnadenlose Belagerung unternehmen. Als ihnen schließlich bewusst wird, dass die Air Force einen Luftschlag vorbereitet, liegt es an allen Beteiligten, mit ihrem Wissen über terroristische Aktivitäten eventuell einen schnellen Deal auszuhandeln…
2.) Das erste Unternehmen des jungen Collageabsolventen Ben Edmonds (Balthazar Getty) hat gerade Konkurs anmelden müssen, weshalb er sich nun im Familienbetrieb seines Vaters (einem Importunternehmen in Seattle) Geld als Angestellter verdienen muss. Schnell wird ihm klar, dass sich die Theorie nicht unbedingt mit der Praxis deckt, sondern es vor allem auf persönliche Kontakte und Beziehungen ankommt. Als ein Container mit einer „speziellen“ unversicherten Lieferung gestohlen wird, erleidet sein Vater einen Herzinfarkt und verstirbt an den Folgen. Fortan übernimmt Ben die Geschäfte und lässt sich auf einen Deal mit einem zwielichtigen Geschäftspartner ein: Dieser dürfte seine Einfuhren über die Firma abwickeln, und im Gegenzug würde er ihn nach außen hin vor den Behörden absichern. Alles scheint gut zu laufen – Ben hat endlich wieder Geld und Einfluss, doch dann findet er heraus, dass illegale Immigranten aus Asien in den Containern transportiert werden. Anfangs verschließt er dem gegenüber die Augen, bis der Hafen wegen Terrorverdacht abgeriegelt und durchsucht wird, während eine ganz besondere Lieferung dort lagert – er gerät unter Druck, von seinen Partnern sowie den Behörden…
3.) Der aus Tschetschenien geflohene Adam Kadyrov (Cliff Curtis) lebt als illegaler Einwanderer zufrieden in Seattle und genießt die Freiheit der USA, bis er sich dafür entscheidet, seine Familie (Frau & Tochter) ebenfalls nachzuholen – anstatt ihrer Ankunft muss er jedoch erfahren, dass sie verschwunden seien. Währenddessen tauchen in einem kleinen Küstenstädtchen im Norden mehrere Wasserleichen auf, und es wird klar, dass das Schiff der Schlepper gesunken sein muss. Zusammen mit der Schwester seiner Frau macht er sich umgehend dorthin auf, wo er in Erfahrung bringt, dass etliche der gefunden Leichen Schusswunden aufweisen. Bei seinen Nachforschungen gerät er mit der Schlepperbande aneinander, die ihn daraufhin zum Schweigen bringen will und seine Begleiterin tötet. Adam selbst flieht zurück nach Seattle, wo er alles daran setzt, die Hintermänner aufzuspüren – je mehr er über deren Machenschaften erfährt, desto stärker wächst sein Verlagen nach Rache…
Diese drei anfangs unabhängig voneinander erscheinenden Erzählstränge vereinen sich immer weiter zu einem Gesamtbild, bei dem es um den Versuch geht, aus dem ehemaligen Russland entwendete Pocken-Erreger in die USA zu schmuggeln und so einen biologischen Anschlag fatalen Ausmaßes herbeizuführen. Erst nach und nach werden die Zusammenhänge und Strukturen sichtbar, welche die Beteiligten (bewusst oder unbewusst) miteinander in Beziehung setzt.
Die Miniserie „Traffic“ verbindet die verschachtelte und komplexe Struktur des Kinofilms mit erzählerischen und initiatorischen Elementen moderner TV-Unterhaltung: Im ersten Teil werden Figuren und Handlungsstränge eingeführt, der Mittelteil konzentriert sich auf die Entwicklung der Geschichte, während der abschließende Teil die Zusammenhänge offen legt und die eigentliche Gefahr in den Vordergrund rückt. Die Verbindungen zwischen den Charakteren werden lange Zeit gekonnt im Unklaren gelassen – erst nach und nach lässt sich das Puzzle zusammensetzen. Alle drei Geschichten sind gut herausgearbeitet worden, wobei mir die um McKay persönlich am besten gefiel. Während der gesamten Lauflänge von knapp 250 Minuten kann der Film fast ausnahmslos überzeugen – nicht nur das interessante Thema um internationale Verstrickungen vermag zu fesseln, sondern auch die Inszenierung und Charakterzeichnung. Aktuelle Bezüge (wie die Gefahr von Biowaffenanschlägen, der Taliban-kontrollierte Opiumhandel in Afghanistan, Al Quaeda oder der US-Heimatschutz) erzeugen einen spürbaren aktuellen Bezug. Das finale Szenario um einen möglichen Terroranschlag ist schließlich der spannende Höhepunkt, welcher anders als erwartet endet und die meisten losen Stränge glaubhaft zusammenfügt.
Zwar hat mich der Sub-Plot um McKays Sohn und seiner drogensüchtigen Freundin sehr an die Geschichte um Michael Douglas´Tochter im Kinofilm erinnert, ging aber an sich durchaus in Ordnung. Die Identität des Verräters innerhalb der DEA-Reihen war hingegen recht durchschaubar…
Auch ohne der Entscheidung, einen derart komplexen wie erfolgreichen Film wie „Traffic“ in Form einer TV-Miniserie fortzuführen, wäre es angesichts der Erwartungen ein schwieriges Unterfangen gewesen, weshalb man sich gleich die Macher der innovativsten TV-Serie der letzten Jahre – „24“ – ins Boot holte, um das Projekt zu realisieren, deren Einfluss sich nur allzu deutlich erkennen lässt: Von der Erzählstruktur und Bildgestaltung bis hin zur Kameraarbeit, die wegen ihrer vielen Zooms auf den ersten Blick etwas gewöhnungsbedürftig ist, lassen sich viele Elemente wieder finden. Von der Optik her hat man sich stark an jener des Vorgängerfilms orientiert, wobei der dynamische Handkameraeinsatz während einiger Szenen sicher wieder geteilte Meinungen hervorrufen wird. Der Plot um den Biowaffenanschlag gegen Ende hat mich zudem stark an „24“ erinnert – jedoch ohne das negativ zu meinen.
Natürlich kann sich diese Miniserie nicht in Sachen Starpower mit dem Soderbergh-Film messen, doch die Besetzung liefert hier ebenfalls starke Leistungen ab: Elias Koteas („Thin Red Line“) überzeugt genauso wie Martin Donovan („Nadja“), Balthazar Getty („Lost Highway“), Cliff Curtis („Collateral Damage“) und Mary McCormack („Deep Impact“). Die beiden Regisseure Stephen Hopkins (“Predator 2”/”Ghost and the Darkness”) und Eric Bross (“Stranger than Fiction”) liefern angesichts des Formats und der begrenzen Mittel hervorragende Arbeit ab.
Fazit: Die Miniserie „Traffic“ ist eine brisante, hochaktuelle, spannende und realitätsnahe Fortführung des gleichnamigen Kinofilms, die in fast allen Belangen zu überzeugen vermag … 8 von 10.