Review

Warum - fragt sich der geneigte Videothekengänger, warum hat sich der uneheliche Sohn von Bob Dylan und Matt Damon die linke Gesichtshälfte samt Teile des Torsos verbrannt. Anfangs noch unklar und mit Spekulationen befriedigend beantwortet, nämlich dass Hauptdarsteller Matt Dillon möglicherweise ein Brandunfallopfer wurde und man es dank seiner mangelhaften Präsenz in den Nulpengazetten doch nicht wahrgenommen hätte können oder dürfen sollen oder müssen, wird dieses Körperattribut des wichtigsten Protagonisten des Films zum mageren Sinnbild des einzigen Problems dieser konzeptionell auf den zweiten Blick würdigungswerten Thrillerburleske.

Denn die erste Hälfte bleibt hinter bzw. an dem - an den phänomänalen "Kiss Kiss Bang Bang" erinnernden - Start aus sarkastischem Off-Kommentar und Rückblende stehen und weckt kurz- oder langfristig falsche Erwartungen. Zumindest macht die selbstreferenzielle Brechung mit den buddhisten Motiven, die zuhauf anfangs in verbaler und symbolischer Weise eingeführt werden und dann luftig entweiht werden - um danach kurzfristig wieder aufgenommen zu werden - Spass und lockert die anfangs noch teilweise verfahrene Exposition auf. Und das nur als eines der vielen positiven Beispiele, warum der Film dennoch funktioniert.

Dann geschieht inhaltlich auf ausgedehnter Ebene ein kleineres Unheil folgend auf ein grösseres und man hofft endlich auf den rotzlösenden Ausbruch einiger angestauter, rein menschlicher Aggressionen des von Matt Dillon gespielten David Walsh, doch jener erträgt das innerhalb weniger Stunden auf ihn einprasselnde Leid doch eher erstaunlich konsequent gelassen. Einzig sein moralisch nicht ganz einwandfreier Vorstopper und Kumpel (Steve Zahn, leider mit unpassender Synchronstimme aber dafür mit sympathischem turiner Grabtuch-Outfit im Gesicht respektive Kopf) weist ihm den Weg der zynischen Befreiung, die nach und nach geschieht und schliesslich nach einigem Hickhack in der scheinenden Katharsis durch die Konfrontation mit einem der Obrigen/Vorgesetzten gipfelt.

Bis zu dieser wunderbaren Sequenz und den anschliessenden Überraschungseiern in der Auflösung wird der durchaus sympathisierende Zuschauer auf einige Geduldsproben gestellt, die die falschen Erwartungen richtig enttäuschen könnten bei manch ent- und gespannten Zusehern mit Bier in der einen oder beiden Händen. Das liegt sowohl an der Red- und Selbstanalysierfreudigkeit von Mr. "das Leben fickt mich mal so richtig" Walsh als auch an der - in der deutschen Synchronfassung - leiernden Sprechweise des Herrn Rettinghaus, die so klingt als ob er immer 2 Liter zuviel Speichel in der Backentasche hätte. So zeigt sich der Mittelteil des dargebotenen Handlunsverlaufs bisweilen langweilend, sofern man ein "Falling Down" auf satirischer Stufe 2 mit humoristischer Basis sowie dissozialem Durchdreher und lustigem Amokschiessen erwartet.
Dem Regisseur (und Co-Autor) ist hier vielleicht ein Vorwurf zu machen - sofern man dazu gewillt ist und sich von der bisweilen unzufriedenstellenden Ausgeglichenheit der Erzählstrukur und der oft abgehenden Spannung enttäuscht zeigt - denn hinter der Methode steht die Absicht - was sich auch in manch ernsten und dennoch schwarzhumorig atmenden Momenten verdeutlicht, aber oft nicht so recht das Gleichgewicht zu finden scheint.

Dennoch bleiben bis zum durchkonstruierten Ende (das so hanebüchen wirklich nicht ist, ganz im Gegenteil) mindestens einer bis zwei sympathische Charaktere, eine gar nicht so behaarte und durchaus nett anzusehende Christina Applegate und ein emotional gut eingesetzter Score, der aber wiederum offensichtlich an einigen Stellen benutzt zu werden scheint, Erwartungen hinsichtlich eines möglichen Gewaltaussbruchs Davids zu schüren, insgesamt dennoch treibend und die Narration unterstützend bleibt.

Festzuhalten ist , dass man es hier, trotz der offensichtlichen Unausgewogenheit und zwiespältigen Erzählweise, mit 90 Minuten abwechslungsdifferenten Spass und durchaus nachvollziehbarer situativer Nachdenklichkeit des Hauptprotagonisten zu tun bekommt (quasi der existenzialistische Spruch des Tages auf dem Gartiskalender der Hausbank) - formal-stilistisch auf einwandfreiem Niveau. Es scheint fast so, zumindest gegen Ende des Films, dass Matt Dillon sich selbst zitiert oder sich seine letzten beiden, erfolgreicheren Filme vor "L.A. Crash" und dem Farrelly-Streifen zitieren lässt, was auf jeden Fall von Selbstironie zeugt und als (kreative) Spielfreudigkeit anzurechnen ist. So bleibt alles in allem eine würdige 6,5/10 - denn spassig war's, nur die Ringe waren weg.

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