Review

Inhalt:
"Eine Reise zu sich selbst
Die Welt scheint still zu stehen: Da setzt sich ein Mann namens Igarashi in Bewegung. Wortlos lässt er sich treiben und begegnet dabei einem Yakuza, einem Mörder, einer Mutter, und einem Geist. Die Geschichten reihen sich wie Perlen einer Kette aneinander, die dann jedes Mal aufs Neue zerreißt. Und am Ende seiner Reise erkennt Igarashi, dass es in der Welt nur einen Ort für ihn gibt... "(Kino News)

Kommentar:
Der wunderbare Sabu probiert mit diesem Film auf den ersten Blick etwas neues. Auf den zweiten Blick erkennt man jedoch, dass es sich bei BLESSING BELL um einen typischen Sabu-film handelt. Unterscheiden tut sich BLESSING BELL von seinen Vorgängern durch das Tempo. Der Film ist langsam, fast behäbig erzählt. Man sieht den Protagonisten (Susumu Terajima) durch die Welt wandern und Leute begegnen. Häufig erblickt man in langen Einstellungen seine gehenden Füße, wobei auch das Schuhwerk der sonstigen Mitwirkenden sich großer Aufmerksamkeit des Kameramanns erfreut. Diese Langsamkeit in einem Sabu-Film scheint neu. Waren doch seine Filme bislang getrieben von einer geradezu heftigen Kinetik. Man lief (DANGAN RUNNER), fuhr Fahrrad (POSTMAN BLUES) oder Auto (DRIVE) etc.pp.. Jetzt wandert man, schlendert fast. Parallelen zu Kitanos DOLLS fallen auf.

Der vermeintliche Unterschied ist jedoch nur auf den ersten Blick vorhanden. Das Sujet ist das gewohnte Sabu-Sujet. Ein Mann, getrieben von Zufällen und Schicksalsschlägen positiver und negativer Natur entdeckt auf seinem Weg seine Bestimmung. Damit ist Sabu ein schon fast spiritueller Filmemacher. Eingepackt ist dies häufig in Slapstick und Absurditäten á la Buster Keaton u.ä.. Man muss immer lachen, aber leidet auch gleichzeitig mit dem Helden mit. Ruft man sich dies wieder ins Gedächtnis, fällt einem auf, das BLESSING BELL so ist, wie die langsamen Szenen aus MONDAY oder POSTMAN BLUES. Lediglich der Humor ist zurückhaltender und etwas bitterer als gewohnt. Zudem ist das sprachlose Staunen Terajimas, mit der er die Welt entdeckt, ebenfalls ein noch unbekanntes Stilmittel Sabus. Waren doch bislang seine Helden i.d.R. liebenswerte Großmäuler und unscheinbare Kleinbürger. Durch das Stilmittel des Schweigens erhält BLESSING BELL einen artifiziellen Anstrich, der aber guttut und durch Susumu Terajima ganz vorzüglich getragen wird.

Die erzeugte Atmosphäre in BLESSING BELL erinnert an die wortkargen nordeuropäischen Sozialdramen eines Kaurismäki o.ä. Es wird viel beobachtet, die Kamera nimmt sich Zeit für die Skurrilitäten des Augenblicks und die Tragik im vermeintlich komischen. Die Settings sind in der Schicht des ganz einfachen Mannes angesiedelt. Geld ist wichtig, aber nicht vorhanden. Langsam schwebt die Kamera über den Boden und verfolgt den Protagonisten bei seinem Erkenntnislauf durch das Leben. Wenn Terajima gegen Ende dann das erste mal spricht, als hätte er sich die 80 Minuten zuvor nicht benommen wie aus einem Nouvell-Vague-Film, dann versteht man auf Anhieb nicht nur den Film sondern noch etliches mehr.

Eine Geduldsprobe für Leute mit Sinn für schönes anspruchsvolles Kino.

BLESSING BELL wird am 11.03.04 seinen Bundesstart durch Rapid Eye Movies erleben und hoffentlich auch zeitig die DVD-Regale füllen.

Mirco Hölling (02.02.2004)

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