Trevor Reznik (Christian Bale) findet keinen Schlaf, und das seit genau einem Jahr. Seine Seele befindet sich in ständiger Unruhe, in seiner tristen Wohnung lebt er nach seiner stereotypen Maschienenarbeit einem Uhrwerk ähnlich seinen Putzzwang aus, versinkt spät nachts im Flughafenbistro über einem Kaffee oder sucht Geborgenheit in den Armen einer Prostituierten.
Was ist Realität, was Traum? Trevor Reznik vermag es nicht mehr zu erkennen - und zwischen Schlaflosigkeit, Deja-Vus und Wahnvorstellungen steuert seinen Leben unaufhaltsam auf einen gefährlichen Scheidepunkt zu. "Der Machinist" gehört ohne Frage zu den beeindruckendsten Filmen des Jahrgangs 2004. Stünde nicht Brad Anderson auf dem Regiestuhl, könnte man mitunter glatt einen David Lynch als Strippenzieher hinter dem faszinierenden Werk vermuten.
In durchgehend kühlen Bildern erzählt Anderson aus dem Leben Trevor Rezniks, baut hierbei eine hoch intensive und persönliche Atmoshäre auf. Geschickt werden Schauplätze und Erlebnisse miteinander verknüpft, erlangen scheinar rudimentäre Dinge wie die Attraktionen einer Geisterbahn eine beklemmend-schockierende metaphorische Bedeutung. Über allem rätselt der Zuschauer, sucht in den Erinnerungen und Wahrnehmungen des armen Rezniks nach den Antworten auf die quälende Haltlosigekeit seines Tuns.
Selten konnte man in jüngster Kinovergangenheit als Zuschauer wohl näher am Geschehen sein als an der Seite Christian Bales, der hier eine geradezu oskarreife Vorstellung abliefert. Die immer akuter werdenden Paranoia lassen sich ihm förmlich von jedem Zug seines hageren Gesichts ablesen - was übringens auch rein äußerlich nichts mit Tricktechnik zu tun hat! Bale durchlief tatsächlich eine geradezu unmenschliche Hungerkur, um seiner Rolle die bestmögliche Autenzität verleihen zu können. Die Anstrengung war es in jedem Falle wert. Da können beispielsweise eine Jennifer Jason Leigh oder ein Michael Ironside noch so beherzt agieren, Bale spielt sie im Handumdrehen gegen die Wand.
Daß letztlich doch nicht Mystery-Godfather Lynch auf dem Regiestuhl saß, offenbart die rational vollkommen nachvollziehbare Auflösung von Trevor Rezniks einjährigem Martyrium. Er findet den Zugang zur Realität, Einsicht und zu guter letzt seine Erlösung. Lynch hätte sicherlich keine eindeutigen Antworten gegeben, doch stellt Brad Anderson mit seiner inhaltich keineswegs hollywoodtypischen Variante auch den anspruchsvollen Zuschauer zufrieden. Nirgens steht geschrieben, daß einzig völlige Interpretationsfreiheit die Quintessenz eines jeden Mysterythrillers sein muss. Ich habe jedenfalls nichts gegen eine hochwertige Auflösung einzuwenden - auch wenn sie die Handlung als solche rückblickend flacher und weniger anspruchsvoll erscheinen lässt.
Jedem, der das deutsche 2DVD-Set erworben hat, seien in dieser Hinsicht die "Deleted Scenes" wärmstens empfehlen: Ein Lehrstück dafür, wie durch Schnitt von anfürsich gelungenen Szenen das Funktionieren des Filmes als Einheit gewahrt wird. Wären nur ein bis zwei dieser Szenen im fertigen Film gelandet, der komplette Mysterypart wären im Nu dahin gewesen...
Fazit: Ein kleines, düsteres Meisterwerk, technisch zwar schlicht aber dafür hervorragend umgesetzt und darüberhinaus ungemein eindringlich gespielt! Wer Lynch mag, der darf hier zumindest bis kurz vor Schluss seine Leidenschaft voll ausleben...