„Ihr seid wahnsinnig, was interessieren mich eure Steuern?! Ich habe nichts davon!“
Nachdem der Wiener Regisseur Franz Antel im Jahre 1967 mit „Die Wirtin von der Lahn“ so etwas wie den Startschuss für die Erotiploitation des historischen Heimatfilms erfolgreich in die Kinos gebracht hatte, folgte ein Jahr später die erste von insgesamt fünf Fortsetzungen, die die auf antiautoritärer Lyrik des 18. Jahrhunderts basierende Geschichte weiterspinnt: An „Frau Wirtin hat auch einen Grafen“ beteiligte sich neben Kurt Nachmann nun auch Günter Ebert am Drehbuch und als Produktionsland wurde neben Österreich und Italien Deutschland statt Ungarn angegeben.
„Hübsche Knospen habt ihr da!“
Zu Beginn des 19 Jahrhunderts befindet sich Suzanne (Teri Tordai, „Ferien mit Piroschka“), die Wirtin von der Lahn, mit ihrem Schauspielensemble aus attraktiven jungen Frauen sowie Allzweckwaffe Ferdinand (Harald Leipnitz, „Playgirl“) auf dem Weg nach Italien, um Graf von Lucca (Jeffrey Hunter, „Star Trek – Der Käfig“) in amourösen Belangen unter die Arme zu greifen. Es ist die Zeit napoleonischer Feldzüge, von denen auch Suzanne & Co. nicht verschont bleiben, doch man kämpft tapfer mit Degen sowie den Waffen der Frauen. Mit dem Grafen (oder dessen Bruder?) landet Suzanne in den Federn und sie rettet ihn sogar vor seinen Gegnern. Schließlich trifft man auf Napoleon Bonaparte (Heinrich Schweiger, „Der Rasende Reporter – Egon Erwin Kisch“) höchstpersönlich, dem man ebenfalls den Kopf rettet, indem man rebellierendes Volk mittels nackter Tatsachen besänftigt…
„Schnell, zieh dich aus!“
Das berühmte „Wirtin von der Lahn“-Lied wird wieder fleißig gesungen und textlich erweitert, sowohl von den Figuren als auch vom Off-Erzähler. Was sich in der Inhaltsangabe jedoch recht einfach liest, wurde anscheinend (zumindest für heutige Sehgewohnheiten) derart voraussetzungsreich inszeniert, dass man nur Bahnhof zu verstehen droht: Irgendwer gibt sich für irgendwen aus, worum genau es geht, was es mit dem Grafen auf sich hat und wer nun eigentlich wer ist, bleibt schleierhaft. Einer stottert „lustig“, Schwerter werden geschwungen und jemand wird angeschossen, Edwige Fenech („Der Sohn des schwarzen Adlers“) zeigt in einer ihrer ersten Nebenrollen als Celine ihre Reize, Szenen werden beschleunigt wiedergegeben wie im Uralt-Slapstick, wozu die albernen Audioeffekte auf der Tonspur passen. Verstecke, Verkleidungen, Verwicklungen und Verwechslungen. Wirtshauschlägerei und Kissenschlacht.
„Ich hoffe, Majestät, unsere Komödie hat euch amüsiert.“
Interessant ist aber, dass der Grund für die Rebellion gegen Napoleon in einem Komplott gegen den Feldherrn zu finden ist. Hätte man diesen Aspekt weggelassen, hätte dieser Film vielleicht um eine kluge, selbstreflexive Aussage ergänzt werden können: Mittels billiger Massennudität wird das Volk besänftigt, damit Imperialismus und Unterdrückung ungestört vorangetrieben werden können. Statt Brot und Spiele also Brot und Möpse. Dies dürfte aber kaum in Antels Interesse bzw. dem der Produktionsgesellschaft gewesen sein. So ist „Frau Wirtin hat auch einen Grafen“ dann auch nicht viel mehr als eine Kostüm-Musical-Sex-Klamotte ohne Sex (weil noch sehr zurückhaltend inszeniert) und damit am ehesten für Toradi-Fans und Feneche-Komplettistinnen und -Komplettisten sehenswert. Für Erotik-Archäologinnen und -Archäologen hingegen dürfte der erste Teil langen.