Review

„Ein Bauernlümmel und ein fetter Pfannkuchen!“

Nach seinem Debüt „Schlock – Das Bananenmonster“ und dem darauffolgenden „Kentucky Fried Movie“ gelang US-Regisseur John Landis mit der Inszenierung eines lose auf Geschichten des „National Lampoon“-Magazins beruhendem Drehbuch des Trios Harold Ramis, Douglas Kenney und Chris Miller ein weiterer Kultfilm, dessen Effekt lange nachwirkte: „Animal House“ alias „Ich glaub', mich tritt ein Pferd“ aus dem Jahre 1978 gilt als die Mutter aller College-Komödien mit massivem Einfluss auf die weitere Genre-Entwicklung und die Popkultur im Allgemeinen – und machte den Komödianten John Belushi („1941 - Wo, bitte, geht's nach Hollywood?“) zum Star.

Das Faber College an der US-Ostküste im Jahre 1962: Erstsemester versuchen, in verschiedenen Studentenverbindungen unterzukommen. Die Bewohner des „Delta Tau Chi“-Hauses schlagen dabei ziemlich aus der Art, denn nichts liegt der feierwütigen Meute ferner als die reaktionäre Spießigkeit elitärer Verbindungen wie der der Omegas, die tief im Hintern des amtierenden Rektors stecken. Mit ihr befindet man sich im ständigen Konflikt, bis es den Omegas zusammen mit dem Rektor sogar gelingt, die Deltas zu verbieten. Doch die Rache der Deltas lässt nicht lange auf sich warten…

Snob- versus Sauf-Verbindung, eine Aneinanderreihung anarchischer Partyszenen, ein schmissiger Rock’n’Roll-Soundtrack, die legendäre Lebensmittelschlacht in der Mensa, Otis Day live, nackte Brüste und Brachialhumor – aus diesen Zutaten setzt sich oberflächlich betrachtet „Animal House“ zusammen. Doch „Animal House“ ist zumindest in Ansätzen mehr, allem voran eine Art Allegorie auf die US-Gesellschaft. Zeitweise wirkt es, als lasse Landis in seinem 1978 entstandenen, aber 1962 spielenden Film die verspießten ‘50er gegen die post-sexualrevolutionären ‘70er antreten. Untertanen- und Corpsgeist und ein System, das diese voraussetzt und fördert, werden ebenso aufs Korn genommen wie sog. Rassenkonflikte. Die Deltas in ihrer krassen Überzeichnungen sind zwar die Sympathieträger des Films, eine Gruppe von Freaks und Unterprivilegierten, die sich nicht dem System fügen will (oder kann) – doch auch diese ist Teil der verballhornenden Parodie verschiedener typischer College-Charaktere.

Die eigentliche Geschichte wird indes aus eher losen Handlungssträngen zusammengestrickt, wodurch es ihr am dramaturgischen Element mangelt, zumal der Film etwas zu lang geraten ist. Betrachtet man jedoch die einzelnen episodenartigen Sequenzen für sich, fällt die hervorragende Chemie zwischen den Darstellerinnen und Darstellern auf, ohne die eine derart unbekümmert wirkende Herangehensweise an die Inszenierung dieser Art von Humor wohl nicht möglich gewesen wäre. Dieser gibt jedoch selbst Anlass für zumindest vorsichtige Kritik, denn dieser Krawall- und Brachialhumor, der wesentlich mehr auf den Knalleffekt denn auf subtilere, leisere Töne setzt, scheint mir etwas sehr US-typisches geworden zu sein, das hier einen gewagten Spagat zwischen den genannten gesellschafts- und systemkritischen Untertönen auf der einen und viel Aggressivität auf der anderen Seite wagt. Ein Novum war es beispielsweise, ernste, dramatische Musik zur Untermalung einer Komödie zu verwenden. Spätere, von „Animal House“ inspirierte Filme haben besagte andere Seite auf die Spitze getrieben und damit endgültig die Geschmäcker gespalten, doch für eine bestimmte Klientel war bereits „Animal House“ seinerzeit ein glatter Schlag ins Gesicht. Für mein Empfinden hat sich diese Mischung mittlerweile überholt – und sowohl realistischere, weit weniger alberne Filme, die grundsätzlich ähnliche Aussagen transportieren, als auch die konsequenten, geradezu selbstparodistischen Vertreter des Extrem- und Fäkalhumors erreichen mich mitunter direkter als Landis‘ Pionierleistung. Und so 100%ig ist die College-Komödie auch nie mein Subgenre geworden.

Nichtsdestotrotz lädt „Animal House“ gerade wegen seines episodenhaften Slapsticks und seines hochkarätigen Ensembles (Tim Matheson, „Der letzte Ritt der Daltons“, Tom Hulce, „9 / 30 / 55“, Peter Riegert, „Hals über Kopf“, Stephen Furst, „The Bastard“, Kevin Bacon, „Freitag der 13.“, Donald Sutherland, „Die Körperfresser kommen“, Karen Allen, „The Wanderers“), dessen Mitglieder meist am Anfang ihrer Karriere standen, inklusive eines völlig freidrehenden, herrlich asozialen Belushi dazu ein, mehrmals geguckt zu werden. Bestimmte Szenen setzen sich im Langzeitgedächtnis fest und wurden aufgrund ihres inszenatorischen Wahnwitzes zu Klassikern des College-Humors. Am Schluss friert bei den einzelnen Figuren jeweils das Bild ein, während Textblöcke darauf verweisen, was aus ihnen werden wird. Diese Zukunftsausrichtung unterscheidet „Animal House“ von manch Nachahmer und unterstreicht gewissermaßen seinen Anspruch an sich selbst, die Zukunft zu beeinflussen und mitzugestalten. Nicht nur deshalb sollte man Landis‘ Film allein schon aus filmhistorischem Blickwinkel einmal gesehen haben.

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