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In „The Master with the cracked fingers“ gibt Jackie Chan sein Leinwanddebüt. Nach einigen kleineren Auftritten, vorrangig als Stuntman, konnte der unerfahrene Chan überraschend seine erste Hauptrolle ergattern. Hier zwar noch als Bruce Lee Klon ohne eigenen Weg, aber jeder fängt ja mal klein an. Bei Jackie sollte sich der große Erfolg erst 6 Jahre später einstellen, seine ersten Filmangebote strotzten nicht gerade vor Einfallsreichtum und Kreativität. Schaut man sich Chans Debüt einmal genauer an, ist es doch erstaunlich, dass der junge Martial Arts Darsteller überhaupt noch einem breitem Publikum bekannt wurde und später sogar zum internationalen Weltstar avancierte.

Chans erstes großes Filmprojekt verlief nicht gerade glücklich, sondern entstand unter widrigen Umständen. Noch während der Dreharbeiten ging den Verantwortlichen das Geld aus und die Produktion wurde eingestellt. Erst Jahre später, infolge des überraschenden Erfolgs von „Snake in the Eagles Shadow“ besann man sich auf das unvollendete Material und kramte es aus den Archiven hervor. Der unfertige Film konnte so natürlich nicht veröffentlich werden, frisches Material musste her. Also klaute man sich einfach ein paar Fetzen von anderen Filmen wie „Drunken Master“ und setzte die einzelnen Szenen wahllos zusammen. Andere Passagen wiederum wurden einfach mit Doubles gefüllt und neu gedreht, was auch schon bei Bruce Lee’s „Game of Death“ versucht wurde – mit katastrophalem Ergebnis wohlgemerkt.

Auch Chans Erstlingswerk „The Master with the cracked fingers“ ist die Verwurstung von Originalmaterial mit neu hinzugefügten Szenen anzusehen, unterhält im Rahmen des Möglichen aber noch ganz ordentlich. Ein völliger Schuß in den Ofen wie der gleichermaßen verhunzte „Fearless Hyenna 2“ ist dieser Klopper zwar nicht, bleibt aber dennoch weit hinter seinen Möglichkeiten zurück.
Viele der zusätzlichen Aufnahmen sind gänzlich überflüssig und berauben dem Film seiner Eigenständigkeit. Was zum Beispiel soll die Drunken Boxing Szene aus „Drunken Master“? Sie passt weder in den Kontext des Film, noch wird sie einiger Maßen vernünftig platziert. Im Gegenteil, sie ist völlig stümperhaft dazwischen gepresst, ohne das sich eine homogene Abfolge der Szenen ergibt. Solche misslungenen Montagen gibt es des Öfteren zu sehen, was das Sehvergnügen beträchtlich trübt. Mal duellieren sich die Kontrahenten auf weiter Flur, dann ist man wieder im Wald. Diese Locationsprünge sorgen nicht nur für Verwirrung, sie sind auch handwerklich extrem schlecht gemacht.

Der Erzählfluss wird zusätzlich durch die nur bruchstückhafte Story ausgebremst. Die Ausgangssituation ist noch typisch für einen Eastern dieser Zeit und bedient sich neben der obligatorischen Ausbildung, auch wieder typischer Rachemotive. Jedoch schreitet der Plot im weiteren Verlauf nicht wirklich voran, z.B. spielt Jackies Rache nach dem Tod an seinem Vater, erst im Showdown wieder eine Rolle, als sich der vermeintliche Mörder stellt. Es wird deutlich dass man sich wohl uneins darüber war was man eigentlich erzählen will und wie die Charaktere agieren sollen. So wechseln sich komödiantische Elemente immer wieder mit ernsten Passagen ab, ohne das je eine einheitliche Mischung entsteht. Als der Film entstand lebte noch Bruce Lee und alle Filme folgten seinem Ideal, so wundert es auch nicht dass der junge Jackie sich sehr beim großen Meister in Mimik und Gestik bedient, sogar der Kampfstil ist ziemlich oft an Lee angelehnt. Jackie war zu jener Zeit noch keine eigenständige Persönlichkeit, weshalb man lange Zeit versuchte ihn als legitimen Bruce Lee Nachfolger zu etablieren. Dass dies nicht klappen sollte, musste auch Lo Wei später schmerzhaft feststellen. Immerhin schlägt sich der junge Jackie ganz wacker, auch wenn er seinen eigenen Stil hier noch nicht gefunden hat.

Zwischendurch setzt man dann immer mal wieder auf das Erfolgsrezept der Kung Fu Comedy, ein äußerst armseliger Versuch das Gesamtwerk etwas in Richtung der populären Chan Filme aus den späten 70’ern zu lenken. Statt sich beim Zusammenschnitt an die ursprünglichen Intentionen zu halten, hielt man es für besser auf den Zug der erfolgreichen Kung Fu Comedy aufzuspringen. Sieht man mal davon ab das neu und alt nie richtig zusammenwachsen, ärgert vor allem die Art wie halbherzig das neue Footage gedreht wurde. Auch bei den Kampfszenen ist nicht immer Jackie drin wo Jackie draufsteht. Der Schlußkampf wurde komplett gedoubled, was durch die totale Kameraeinstellung gar nicht sofort zu erkennen ist.
Zwar tauchen mit Dean Shek und Simon Yuen zwei alte Bekannte auf, aber es fehlt das gewisse Etwas. Vor allem fehlt der obligatorischen Ausbildung vom unerfahrenen Kind zum gefürchteten Kung Fu Kämpfer der richtige Pepp, innovative athletische Verrenkungen und Körperbeherrschung sucht man genauso vergebens, wie technisch ausgefeilte Choreographien. Zwar imitiert man immer mal wieder bekannte Techniken, z.B. aus „Snake in the Eagles Shadow“, wirklich sehenswertes kommt leider nie heraus, aber es war ja auch kein Yuen Woo Ping am Werk. Mehr schlecht als recht wird mal wieder die Humorkeule geschwungen, die hier noch überflüssiger ist als in späteren Chan’schen Klamaukschinken. Sim Yuen lässt sich als alter Kauz eine neckische Blödelei nach der anderen einfallen und ist eigentlich genauso überflüssig wie der nervige Dean Shek.

Fazit:
„The Master with the cracked fingers“ ist ein gutes Beispiel wie man seine Karriere möglichst nicht starten sollte. Berücksichtigt man die schlechte finanzielle Austattung und den Abbruch der Dreharbeiten, ist es doch ein wenig überraschend das am Ende zumindest noch mäßiger ein 08/15 Eastern entstanden ist. Hauptproblem ist vor allem die Unvereinbarkeit von neuem und altem Material, das weder inhaltlich noch schnitttechnisch zusammenpassen will. Der Vollständigkeit halber werden Chan Fans sicher nicht um diesen Film herumkommen, ansonsten empfiehlt es sich auf spätere Werke auszuweichen.

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