„Misery cannot die!"
Besser geht es nicht. Wer je versucht hat, zu schreiben, der weiß, dass einen oft nur der Eskapismus rettet, die Flucht ins Ferne, ins Weite, das Etablieren neuer Orte, neuer Menschen und neuer Probleme, in der Hoffnung, so seiner Story Leben einhauchen zu können. Das hofft auf seine Weise auch der Schriftsteller Paul Sheldon, der mit seiner Buchreihe Misery zu Berühmtheit gelangte und sich - allerdings tut er dies immer - von New York aus in die Einsamkeit der Rockys begibt. Dort, hoch oben in einem Hotel einquartiert, gibt er seinen Groschenromanen den letzten Schliff. Und als er sich nach getaner Arbeit der rituellen Lucky Strike und einem Fläschchen Don Perignon hingibt, um sich sodann wieder auf den Heimweg zu machen, wird er von einem Blizzard überrascht, verliert die Kontrolle über seinen Wagen und landet im Straßengraben. Und wäre Annie Wilkes nicht vorbeigekommen, ihres Zeichens sein größter Fan, die diese Begegnung als göttliche Fügung wähnt, wäre es Sheldon wohl vergönnt gewesen, friedlich in seinem Wrack erfrieren zu dürfen, statt nun einen Horrortrip allererster Güte ausgeliefert zu werden.
Fans haben es nun mal an sich, fanatisch zu sein, so auch Annie. Die gelernte Krankenschwester, die einsam ein einem Häuschen lebt, versorgt zunächst nur Sheldons Wunden, doch kümmert sich schließlich auch um die schriftstellerischen Belange, da ihr die Wendung im Falle der Romanfigur Misery gar nicht gefällt. Sheltons gerade im Buchhandel erhältliche letzte Schinken nämlich, sollte den Abschluss der Reihe bilden - mit dem Ableben der titelgebenden Heldin. Von wegen!....
Ist es schon für einen Schriftsteller riskant, ein Zweipersonen Kammerspiel zu entwerfen und auch noch zu erwarten, dass die Leute das lesen wollen, grenzt es für einen Filmemacher schon an Größenwahn, dies als Leinwandadaption von einem Kinopublikum zu erwarten. Statt dem Haus im Moor haben wir hier als schwarze Kulisse einen schneeweißen Rahmen. Hell und friedlich und nichts aufdringlich oder subkutan Bedrohliches, das einen in Richtung Horror drängte. Außer der lebhaften Psyche zweier Menschen, die Angst des Schriftsteller versus des Fanatismus seines Fans, die ununterbrochen Öl ins Feuer gießen und das Rädchen am laufen halten,.
Blei fliegt zwar auch, doch der Film liefert darüber hinaus eine an Brutalität kaum zu steigernde Sequenz, die Annie mit kalkulierter Rücksichtslosigkeit und aller Seelenruhe durchführt. Wahrhaft dämonisch. Wer diesen Film tatsächlich noch nicht gesehen haben sollte, der sollte sich doch den folgenden Satz schon mal notieren: „There is a justice higher than that of man, I will be judged by Him!"
Rob Reiner setzt Steven Kings Vorlage kongenial um; an atmosphärischer Dichte und Spannung, im Rahmen seines Minimalismus, einzigartig.