OH MEIN GOTT!
Was hat Jackie Chan hier nur auf die Menschheit losgelassen?! Den Film kann man im Grunde nur mit "Wahnsinn" beschreiben, doch von vorne:
Nach Chans Erfolgen "Die Schlange im Schatten des Adlers" und dem grandiosen "Drunken Master" (Sie nannten ihn Knochenbrecher), musste Jackie nochmal zu seinem alten Produzenten Lo Wei zurückkehren und drehte mit ihm den durchschnittlichen "Dragon Fist". Danach kam Chans erste Regiearbeit "Fearless Hyena", der zwar gut, aber ein wenig hinter Drunken Master zurücksteckte und eher traditionell konzipiert war.
Bei Golden Harvest angekomen, ließ man Chan wohl für "Meister aller Klassen" absolute Narrenfreiheit. Chan hat hier so viel Filmmaterial verballert, wie für mehrere Filme zusammen. Für eine Actioneinstellung brauchte er über 300 Takes! und ist damit auch im Guiness Rekordebuch vertreten.
Kommen wird zur Story (relativ dünn, aber erfüllt seinen Zweck):
Dragon (Jackie Chan) und Tiger sind Waisenkinder und wurden von ihrem Meister großgezogen. Nachdem sich Tiger verletzt hat, kann er nicht den alljährlichen Löwentanz aufführen und Dragon muss einspringen. Dieser bemerkt während des Löwentanzes, das im gegnerischen Kostüm Tiger steckt und für die Rivalen-Schule arbeitet (aus Geldnot).
Dragon verliert und sein Meister bekommt die ganze Geschichte mit Tigers Verrat heraus. Tiger flieht und Dragon soll ihn nun zurückbringen. Tiger lässt sich erneut von der generischen Schule anheuern und befreit mit zwei Handlangern den Verbrecherboss Kahn. Fortan wir Tiger, dessen Markenzeichen ein weisser Fächer ist, gesucht. Dragon, ebenfalls mit einem weissen Fächer unterwegs, wird promt mit ihm verwechselt und gerät an die Polizei, kann aber später das Missverständis aufklären. Tiger wird zur selben Zeit von Meister Kahn betrogen und während eines Banküberfalls verraten. Dragon eilt zur Hilfe und geht mit dem Chefinspektor einen Deal ein. Dragon will Meister Kahn überführen und verlangt als Gegenzug die Rehabilitierung von Tiger....
Wo soll man bei diesem klassichen Kostümfilm (Frisuren wie aufgeplatzte Sofa-Ecken) anfangen? Am Besten von vorne:
Der Film startet mit dem alljährlichen Löwentanz (der eigentlich mit traditionellen Drachenkostümen ausgeführt wird). Hier zeigt Chan schon, wo der Choreographie-Hammer hängt. Gegen den Rest des Films allerdings fast ein laues Lüftchen. Danach folgt ein Kampf, in dem Dragon meisterhaft mit einem Fächer umgeht.
Tiger befreit unterdessen Meister Kahn aus der Hand der Polizei. Was Kahn (gespielt von Hapkido Meister Whong In-Sik) hier abzieht, lässt einem die Kinnlade herunterschnellen! Der wischt mit den Polizisten so was von den Boden auf. In einem Interview meinte Chan, das an diesen Szenen kein Speedup stattfand (in den 80er hat man gerne die Bildgeschwindigkeit in Kämpfen erhöht, um diese schneller darzustellen). Auch setzt hier Chan gekonnt Wires ein, um die Gegner im hohen Bogen zu Boden zu reissen (allerdings "im Rahmen" eingesetzt und nicht so unrealistisch, wie manch Hollywood-Handwerker).
Darauf folgt ein Kampf gegen mehrere Polizisten in einem Gebetstempel, ausgefüht mit Schwertern. Nach dieser Aktion trifft er auf seinen langjährigen Kollegen Yuen Biao.
Die Waffen: Eine Sitzbank gegen einen Stock!
Von dort geht es im Hause des Chefinspektors gegen selbigen und dessen Tochter weiter. Wärend Dragon dann gefangen genommen wird, versucht er mehrmals zu fliehen. Einmal in gestrecktem Zustand, nur mit Muskelkraft, zwischen zwei Wänden hinauf! Wow! Nachdem dann Dragon freikommt, erledigt er die zwei Bankräuber, die Tiger in die Falle gelockt haben. Chan hier als Bettler verkleidet und dann später mit einem Rock am Leibe kämpfend...
Tja und dann kommt der Höhepunkt, der alles Vorangegangene in den Schatten stellt. Der !!!20 Minuten!!! Endkampf gegen Meister Kahn. Da hier mit Whong In-Sik ein wahrer Martial-Arts Kämpfer am Werke ist, sieht die ganze Sache einfach nur großartig aus! Über ganze 12 Minuten wird Jackie Chan erst mit Tritten, dann mit Wurftechniken und schließlich mit üblen Grifftechniken in den Boden gerammt. Es tut einem richtig weh, sich diese Aktion anzusehen (Chan hat sich auch hier wieder diverse Blessuren zugezogen).
Als Dragon dann durch Zufall Waffenöl eingeflößt bekommt, dreht er komplett durch, geht ab wie Schnitzel und zerlegt Meister Kahn nach allen Regeln der Kunst...
Jackie Chan löste sich in diesem Film erstmals von den einstudierten Abläufen des klassischen Kung-Fu Films, die immer etwas hölzern aussahen (Tier-Techniken oder auch 1,2,3,4,5 Schlag-Abläufe). Hier wird getreten, geboxt, mit allen Körperextremintäten zugeschlagen, einfach was gerade "zur Hand" ist. Die Choreographie und Akrobatik ist denen in "Drunken Master" ebenwürdig und wurde frühestens im Folgeprojekt "Dragon Lord" übertroffen. Was hier teilweise ohne Schnitte abgeht ist unglaublich. Hollywood kaschiert so was ja inzwischen mit Schnittgewittern, damit das auch bei relativ "unfähigen" Stars noch gut aussieht. Das einizge was hier fehlt, sind Chans spätere Superstunts, aber dafür wird man mit Spitzenkämpfen entlohnt.
Einzig Jackie Chans Klamauk könnte einigen Zuschauern vielleicht ein Dorn im Auge sein, ich mag ihn. Die deutsche Synchro hat einige Kalauer auf Lager und unterstreichen den Humor zusätzlich (auch wenn der Film zu Beginn mit einigen Dramaeinlagen gespickt ist).
Fazit: Wer im Entferntesten auf Martial-Arts und/oder Jackie Chan steht, der ist hier genau an der richtigen Adresse. Hier hat er sich, in seiner zweiten Regiearbeit, richtig austoben dürfen. Ich kann nicht anderes, als die Höchstwertung für einen Martial-Arts Film vergeben!
Nachtrag:
Bitte Finger weg von Meister aller Klassen 2+3. Diese Filme haben nichts mit diesem hier zu tun und sind Frühwerke, die vom deutschen Verleih einfach den Titel aufgedruckt bekommen haben!