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Das Drama „Der Geist des Bienenstocks“ des spanischen Regisseur Víctor Erice aus dem Jahre 1973 blieb sein einziger Film der 1970er-Dekade. Entstanden unter der faschistischen Diktatur Francos in ihren letzten Jahren, beschreibt der Film symbolhaft und metapherreich den Alltag innerhalb eines kleinen kastilischen Dorfs nach Ende des Bürgerkriegs 1940 und wie die Aufführung des Horrorklassikers „Frankenstein“ von James Whale die Phantasie der sechsjährigen Ana („Tesis“) beflügelt.

Gerade regimekritische Filme unterliegen in einem totalitären Staat natürlich der Zensur und zwingen ihre Macher dazu, subtile Wege zu finden, um ihre Kritik zu formulieren. Ein gutes Beispiel ist Erices Film, der die apathische, depressive Grundstimmung beschreibt, innerhalb derer sich Anas Eltern in eine Art neurotische Monotonie flüchten und so in ihrem wenig einladenden Haus den Alltag herumbringen. Während die Mutter nicht müde wird, Liebesbriefe an einen nichtexistenten Schwarm zu verfassen, geht der Vater in Arbeit an seinem Bienenstock auf – der vermutlich zugleich stellvertretend für die Behausung der Familie steht. Die Familie wirkt in ihrem kleinen Dorf weitestgehend isoliert von der Außenwelt, ja, geradezu verloren. Die Kamera mit ihren weitläufigen Totalen verstärkt den Eindruck der Einsamkeit, des Gefangensein im Nichts. Matte, gedeckte Farben und starker Sepia-Filter-Gebrauch tauchen „Der Geist des Bienenstocks“ in eine melancholische Tristesse. Das Erzähltempo ist extrem langsam; so sieht man z.B. eine Frau minutenlang schlafen; allgemein werden ständig tatsächliche oder vermeintliche Bedeutungslosigkeiten minutenlang ausgewalzt, dies zudem sehr dialogarm. Das ist nicht sonderlich spannend, erzeugt aber nachhaltig die wahrscheinlich intendierte Stimmung.

Der monotone Alltag wird unterbrochen von besagter „Frankenstein“-Aufführung, die Ana über Leben und Tod sinnieren und Fragen stellen lässt. Die Magie des Kinos ist es, die von Ana Besitz ergreift, ihre Phantasie anregt und sie ihre Erfahrungen abstrahieren, in einem phantastischen Kontext erscheinen lässt. Ein Mann, der sich offensichtlich in einer abgelegenen Scheune versteckt hat und wenig später tot aufgefunden wird, wird von Ana mit den Geschehnissen um Frankensteins Monster in Verbindung gebracht – was ihr hilft, eine wenig freundliche Welt zu verstehen, in der die Realität unerträglich geworden ist und sich die Menschen in Eskapismus flüchten; das Kind auf eine liebenswürdig-naive, unschuldige Weise, die Eltern geprägt von Abgestumpftheit und Resignation. Zugleich ist „Der Geist des Bienenstocks“ eine Liebeserklärung an das eigene Medium, den Spielfilm – an die Faszination, Kraft der Imagination und Inspiration, die im Idealfall mit ihm einhergeht.

Nun fällt es mir schwer, nein, verbietet es sich mir regelrecht, einen unter wie beschrieben schwierigen Umständen entstandenen Film nach den üblichen Maßstäben zu messen, eine einfache Anspruch/Unterhaltungswert/Technik-Skala anzulegen. Er ist zweifelsohne visuell beeindruckend umgesetzt und insbesondere von Jüngstdarstellerin Ana Torrent in ihrem Spielfilmdebüt fantastisch geschauspielert worden. Wer den mutmaßlichen Hintergrund dieses Werks nicht kennt und möglicherweise einen wesentlich offensichtlicher dramatischen Film erwartet, wird ihn jedoch zwangsläufig enttäuschend unspektakulär, vielleicht sogar regelrecht langweilig finden, eventuell gar nicht darauf vorbereitet sein, zwischen den Zeilen bzw. Bildern lesen zu müssen. „Der Geist des Bienenstocks“ ist ein Film, der quasi ausschließlich aus leisen Zwischentönen besteht und unbedingt interpretiert werden möchte. Wer sich darauf einlässt, kann ein hypnotisch-wachkomatöses, düster-atmosphärisches und gewiss nicht uninteressantes Stück subversives Kino erleben, das sich aber aus genannten Gründen gängigen Bewertungsschemata entzieht.

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