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„Setz dich hin, nimm dir ‘nen Keks, mach’s dir schön bequem – du Arsch!“

Der nach „Monty Pythons wunderbare Welt der Schwerkraft“ und „Die Ritter der Kokosnuss“ dritte Kinospielfilm der britischen Komödiantengruppe Monty Python ist der wohl berüchtigtste und zugleich populärste: Die Rede ist natürlich von „Das Leben des Brian“ (Regie: Terry Jones), der im Jahre 1979 sein Publikum in den Kinos erfreute und religiösen Fanatikerinnen und Fanatikern die Zornesröte ins Gesicht trieb. So wurde dies auch nur möglich, weil The-Beatles-Gitarrist George Harrison zwei Millionen Dollar aus seinem Privatvermögen für den Film zur Verfügung stellte, nachdem die eigentliche Produktionsfirma EMI nach ersten Blasphemievorwürfen den Schwanz eingezogen hatte. „And sir and friends are crucified, a day they wished that we had died” sangen bereits The Sex Pistols in ihrem Lied über jene rückgratlosen Pfeifen.

„Jeder nur ein Kreuz!“

Kurz nach Jesus von Nazareths Geburt kam ganz in der Nähe Brian Cohen (Graham Chapman) zur Welt, was schon damals zu Verwechslungen führte. Seine alleinerziehende Mutter zieht Brian in Judäa groß, wo er als junger Mann sein Herz an Judith (Sue Jones-Davies) verliert und Mitglied der jüdischen Widerstandsgruppe „Volksfront von Judäa“ wird, die sich gegen die römische Besatzung richtet. Eine Aktion, an der er sich beteiligt, geht jedoch schief und er wird verhaftet, kann aber entkommen. Um unentdeckt zu bleiben, verkleidet er sich als Prophet und stammelt wirres Zeug, doch bald schon scharen sich zahlreiche Anhänger um ihn, die ihn für den Messias halten…

„Wie sehr hasst du die Römer?“ – „Wie ein Verrückter!“ – „Du bist aufgenommen!“

„Das Leben des Brian“ ist weit mehr als eine Spoof-Parodie auf Bibel-Monumentalfilme, wenngleich er sich bereits als diese hervorragend macht. Monty Python persiflieren den Messiaskult auf satirische Weise und können Blasphemievorwürfen stets entgegenhalten, dies eben gerade nicht anhand Jesus‘ zu tun, wenngleich auch dieser seine Kurzauftritte hat. Vielmehr handelt es laut Terry Jones um Häresie, also nicht der Ablehnung von Glauben an sich, sondern von autoritären Institutionen wie den Kirchen, die allesamt „Gottes Wort“ unterschiedlich auslegen – wie es auch Brians Gefolgschaft tut. Der Film kann auch als veranschaulichende Abhandlung über Gruppendynamik und wie sie bis zur Idealisierung Einzelner und Führerkult, zu Dogmen und Fanatismus, führen kann, verstanden werden. Dass ausgerechnet Brian, der Schwierigkeiten hat, sein eigenes Leben auf die Kette zu bekommen und sich von seiner Mutter (Terry Jones) sowie anderen Fremdinteressen zu emanzipieren, der Messias sein soll, schafft einen starken Kontrast zwischen Anspruch seiner „Jünger(innen)“ an ihn und Wirklichkeit – von der diese wiederum nichts wissen wollen.

„Ist Weibsvolk anwesend?!“

Darüber hinaus schneidet „Das Leben des Brian“ typische Themen der ‘70er-Jahre an und transportiert diese mit viel Humor in die weit entfernte Vergangenheit. Der Streit zwischen der „Volksfront von Judäa“ und der „Judäischen Volksfront“ („Spalter!!!“) ist eine unschwer erkennbare Verballhornung des erbitterten Streits radikaler linker Splittergruppen untereinander und es gibt Seitenhiebe auf die Frauenbewegung. Dass zwischendurch sogar Außerirdische auftauchen, ist ebenso Teil des zeitweise absurden Python-Humors wie es die vereinzelten Animationen Terry Gilliams‘ sind, die als eines der Markenzeichen der Macher integriert wurden. Diese spielen übrigens jeweils gleich mehrere Rollen – unabhängig ihres biologischen Geschlechts – und sind sich, wie es sich für Vollblutkomiker gehört, für kaum etwas zu schade. Der Humor ist mir persönlich zwar manchmal etwas zu albern – so wird für mein Dafürhalten ein wenig zu viel auf Sprachfehlern (u. a. in Person Pontius Pilatus‘ (Michael Palin)) herumgeritten, dem gegenüber jedoch Paradebeispiele für britischen Humor wie die Steinigung und natürlich die mit dem grandiosen Ohrwurm „Always Look on the Bright Side of Life“ endende Kreuzigung stehen.

„Er hat ‚Jehova‘ gesagt!“

Die Kontroversen, die „Das Leben des Brian“ um seine Veröffentlichung herum begleiteten, sind entlarvend für weite Teile der Repräsentant(inn)en insbesondere christlicher Religionen ausgefallen, was die Rezeptionsgeschichte des Films höchst spannend macht. Was klingt wie aus finsteren islamistischen Staaten fand nämlich vor gar nicht allzu langer Zeit in der westlichen Hemisphäre statt. Und wenn die Monty Pythons sich im neuen Jahrtausend skeptisch dahingehend äußern, ob man einen Film wie diesen heutzutage überhaupt noch drehen könnte, sollten eigentlich sämtliche Alarmglocken schrillen. Ist das einer neuen Political Correctness geschuldet oder der Angst vor religiösen bewaffneten Fanatiker(inne)n, die einen für so etwas über den Haufen schießen? Niemals totzukriegen scheint dafür der Zitatschatz, der sich im kollektiven Bewusstsein festgesetzt hat und für dessen Anwendung eigentlich nicht einmal mehr die Kenntnis des Films erforderlich ist…

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