Review

Die Hammer Studios sind weltberühmt geworden durch ihre einmaligen Horrorfilme. Nachdem die klassischen Filmmonster wie Dracula, Frankenstein, die Mumie oder auch Dr. Jekyll und Mr. Hyde so ziemlich abgegrast wurden, mussten sie sich nach neuen "Monstern" umsehen.
Für "Comtesse des Grauens" adaptierte man die Legende der sogenannten "Blutgräfin" Elisabeth Báthory, die tatsächlich zwischen 1560 und 1614 gelebt hat, und die zu Lebzeiten auf grausamste Art und Weise angeblich 650 Mädchen gefoltert und schließlich getötet haben soll. Dass diese in dem Blut ihrer weiblichen Opfer gebadet haben soll um dadurch jung zu bleiben, ist nur eine überlieferte Legende. Tatsache sind die Morde, die sie begangen hat. Unter der Dorfbevölkerung galt sie damals als Vampirin, da die Opfer meistens blutleer auf dem Land aufgefunden wurden. Sie mussten ja demzufolge quasi "ausgesaugt" worden sein. Es gibt interessante Bücher zu dem Thema: Romane aber auch sehr gute Sachliteratur. Auch in die "Popkultur" ist unsere "Blutgräfin" mittlerweile eingegangen. Bands beziehen sich auf sie, Cradle of Filth veröffentlichten ein Album, welches vollständig auf dem Báthory-Mythos aufgebaut wurde (Cruelty and the Beast). Auch andere Bands wie Venom oder Bathory (logischerweise nach ihr benannt) bezogen sich in ihren Liedern auf die Taten der "Blutgräfin". Ihr Leben wurde auch mehrmals verfilmt.
So nun von den Hammer Studios.

Jedoch hält sich die Geschichte eher lose an das wahre Leben der "Blutgräfin". Brutale Folterungen oder riesige Orgien, bei denen sie im Jungfrauenblut badet, halten sich sehr in Grenzen. Mit solchen Szenen wäre dieser Film auch garantiert nicht unbeschadet durch die Zensurstellen gekommen.
Überhaupt handelt es sich hier eigentlich nicht unbedingt um einen reinen Horrorfilm. Eher um einen Historienfilm, der mehr auf seine Darsteller setzt, als auf typische Horrorelemente. Gruseln kann man sich wenig bis eigentlich überhaupt nicht. Das ist zum Teil schon eine Schwächung des Filmes. Er wirkt deshalb in manchen Szenen sehr träge, altbacken und sogar etwas lahm. Gothic Horror sucht der Zuschauer vergeblich. Dennoch gibt es schöne Kostüme und romantische Kulissen zu bestaunen, die mit wirklich viel Liebe zum Detail angefertigt worden sind. Der herrliche Score von Harry Robinson sorgt für ein zusätzliches Wohlbefinden des Zuschauers.

Kommen wir zur eigentlichen Stärke, die den Film auch weit über den Durchschnitt katapultiert: Die Schauspieler. Ingrid Pitt spielt unsere "Blutgräfin" sehr überzeugend. Als gealterte Gräfin aggiert sie glaubhaft, vielleicht etwas theatralisch in manchen Szenen, aber überwiegend sehr gut. Als verjüngte Gräfin, verfällt man ihrem Charme und ihrer atemberaubenden Schönheit. Sie ist und bleibt einfach eine wundervolle Erscheinung mit ihren unglaublich tollen Augen und dieser facettenreichen Ausstrahlung, dass einem das Herz sofort aus der Brust zu springen vermag. Pitt passt unglaublich gut in die Titelrolle. Die Kaltherzigkeit und innere Zerrissenheit der Elisabeth Báthory weiß sie gut zum Ausdruck zu bringen, aber auch die Verletzlichkeit und die Liebe zu Imre, die sogar sehr aufrichtig erscheint, bringt Pitt dem Zuschauer nahe.

Überzeugende Vorstellungen liefern auch Nigel Green, als Captain Dobi, und Maurice Denham, als alter und unheimlich sympathischer Magister Fabio, ab. Sandor Elès, das "Loveinterest" von Ingrid Pitt, wirkt nicht unsympathisch, er bringt die gewisse Naivität mit, die seinen Charakter ausmacht. Allerdings fällt seine Darstellung etwas gegenüber dem Rest des Ensembles ab. Erwähnenswert ist auch der Auftritt der hübschen, hier sehr jungen, Lesley-Anne Down, die später noch in vielen Kino-Filmen und vor allem in TV-Serien und -Filmen eine Menge Auftritte absolvieren sollte.

Der Regisseur wollte eigentlich keinen Horrorfilm drehen. Das merkt man auch. Wenn es zu Tötungen oder gruseligen Szenen kommt, wirkt das doch schon ein bisschen aufgesetzt. Man hat das beste versucht, aus dieser "Misere", zu machen. Was nicht immer gut geklappt hat. Entgegen zu anderen Filmen des Hammer Studios fällt dadurch dieser Film etwas ab. Die Schauspieler sorgen, wie schon erwähnt, trotzdem für sehr viele positive Elemente. Man könnte sagen, dass "Comtesse des Grauens" eher ein Kostümfilm mit ganz leichten Horror-Elementen geworden ist. Es gibt viele dialoglastige Szenen, die eine gruselige Atmosphäre verhindern. Lediglich gegen Ende kommt so etwas wie leichter Grusel auf.

Wenn man mit einer differenzierteren Erwartungshaltung an den Film herangeht oder ihn unter anderen Aspekten betrachtet, kann er dennoch sehr gut überzeugen. Elisabeths Sehnsucht nach Jugend und Schönheit wirkt besonders heute, in einer von einem unglaublichen Schönheitswahn geprägten Gesellschaft, aktueller denn je. Sie will für ihre Schönheit alles tun, sie ordnet diesem Unterfangen alles unter. Dennoch scheint sie eine aufrichtige Liebe zu empfinden, die sie in ihren Grausamkeiten noch bestärkt. Menschen tun seltsame Dinge im "Namen der Liebe", gute sowie auch schlechte. Klar kann man sich in Interpretationen, gewollt oder ungewollt, verlieren. Aber der Film zeigt, meiner Meinung nach, interessante Anspielungen zu den genannten Themen.

Diese Betrachtungsweise, die schöne Ausstattung, die tolle Musik und die große Stärke des Films, die Schauspieler, sorgen, unter dem Strich, aber auf jeden Fall für eine sehr gute Unterhaltung. Wer einen Horrorfilm in typischer "Hammer-Tradition" erwartet, der wird vermutlich enttäuscht werden. Aber wer einen schönen, leicht tragischen, dabei wunderschön ausgestatteten "Kostümfilm" mit sporadischem Grusel sehen möchte, kommt hier vollkommen auf seine Kosten. Und, sind wir mal ehrlich, allein schon wegen der atemberaubenden Ingrid Pitt lohnt sich eine Betrachtung dieses Filmes.

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