Ganze sieben Jahre nach „The Enforcer“ kehrte Inspector Harry Callahan wieder auf die Leinwand zurück und legte mit „Sudden Impact“ einen letzten Höhepunkt hin, bevor „The Dead Pool“ einen wenig zufriedenstellenden Abschluss bildete.
Clint Eastwood höchstpersönlich übernahm Produktion und Inszenierung, um seine Paraderolle endgültig überspitzt in die Achtziger einzuführen, wo glorifizierte, rigide Selbstjustiz ständigen Anklang fand. Callahan, einst ein Vorreiter, ist von diesem Trend längst überholt worden und deswegen geht Eastwood den einzig möglichen Weg – er überstilisiert Callahan in einer One-Man-Show in der sein eigentlicher Fall nur Nebensache ist.
Im vierten Teil der „Dirty Harry“ – Reihe wurde nicht nur trendgemäß die Darstellung der Gewalt nach oben geschraubt, was „Sudden Impact“ als einzigem Part der Franchise auch die Indizierung einbrachte, sondern auch legendäre Oneliner wie „Go ahead, make my day“ und der Dialog „We're not just going to let you walk out of here. - Who's "we", sucker? - Smith, and Wesson, and me.“ geboren.
Callahan selbst ist noch zynischer und sarkastischer als jemals zuvor, wählt seine eigenen Methoden auch entgegen der Gesetzgebung aus und hat zusehends eigene Ansichten von Recht und Ordnung ohne einen Blatt vor den Mund zu nehmen.
Der damals schon 53jährige Clint Eastwood hatte sichtlich Spaß daran das von ihm geprägte Ego noch einmal auf Verbrecherjagd gehen zu lassen und da macht es auch nichts, dass die Haare grauer oder das Gesicht faltiger geworden ist. Eastwood lebt Callahan förmlich aus und so bärbeißig, direkt und wortkarg er sich gibt, während er sich lieber seinen Teil denkt, kann man ihm einfach nur alle Sympathien zuschustern.
Gleich nach seinem Auftritt vor Gericht, als er sich im Fahrstuhl einem vorlauten, freigesprochenen Unschuldigen vorknöpft, der nur deswegen nicht hinter schwedische Gardinen musste, weil Callahans Hausdurchsuchung illegal war, marschiert er flugs durch einen von ihm vereitelten Raubüberfall seines Stammcafes auf eine Hochzeitsveranstaltung, um einer Unterweltgröße mit dem Tod einer Edelhure zu konfrontieren, die in dessen Auftrag ermordet worden ist. Dabei versemmelt er jedoch eine monatelange Observierung als der alte Mann an den Folgen eines Herzinfarkts stirbt. Nachdem er sich die standesgemäße, ihn natürlich kalt lassende Schelte seiner Vorgesetzten abgeholt hat und eine Schwadron Mafiakiller sich für den Tod ihres Chefs rächen will, wird er zwangsweise in ein Küstenkaff geschickt, um etwas Abstand zwischen sich und der Großstadt San Francisco zu bringen. Schließlich türmen sich hinter Callahan mal wieder die Leichen auf.
Der eigentlich Fall um eine Mordserie an einer Handvoll Männer, denen jeweils in die Genitalien geschossen, tangiert dabei das Geschehen lange weniger und ist auch kaum spannend geschrieben wie umgesetzt, weil Identität und Motivation der Killern von Beginn an geklärt sind und Callahan sich zudem selbst gar nicht so weit von dieser Rechtssprechung bewegt. Zwar drehen ihre Opfer final den Spieß um, was Callahan zum Eingreifen verleitet, doch bis dahin ist der Spannungsbogen nur knapp bemessen und die Mörderin eine blasse Figur, die leider einigen Klischees zu entsprechen hat. Verständnis bringt man für ihre Taten zwar auf, Sympathien hingegen keine. Sondra Locke, damals Clint Eastwoods Lebensgefährtin, spielt ihre tragische Rolle leider auch nur mittelmäßig..
Es selbst muss sich deswegen halbwegs motiviert mit selbstherrlichen Kleinstadtpolizisten und besoffenen, pöbelnden Fischern herumschlagen und einen Überfall vereiteln, ohne das dabei Nennenswertes herumkommt, außer dass man Harry in Aktion erleben darf und einzig und allein darum geht es im vierten Teil nun mal. Mit der ihm später zugeschanzten Bulldoge Fresssack, die er auch Gassi führen muss, und seiner überkalibrigen 44er Magnum Automatic (Wirklich ein Mordsgerät!) beweist er dann auch die nötige Portion Selbstironie.
Atmosphärisch hält man an den bewährten Zutaten der Achtziger fest, ohne ganz die Traditionen der Siebziger zu ignorieren. Vor allem Lalo Schifrin findet mit seinem fetzigen Score einen guten Mittelweg und Dirty Harry trägt natürlich keine zu engen Jeans, aber dafür eine überdimensionierte Sonnenbrille und muss sich in einer feurigen Autoverfolgungsjagd oder etlichen Schießereien, die ein paar halsbrecherische Stunts bieten, zur Wehr setzen. Alles allerfeinstes Handwerk der Achtziger mit riskanten Momenten. Eastwoods lockere Inszenierung entstaubt die Franchise damit zusehends und führt sie in die flotteren Achtziger ein, wo schnelllebige Action innerhalb des Genres im Vordergrund stand. Nicht, dass „Sudden Impact“ da kapitulieren würde und eine sinnlose Actionorgie aneinander reiht, doch wurde merklich mehr Wert auf Abwechslung gelegt, auch wenn sich das im Schauplatz nicht unbedingt widerspiegelt.
Die Opponentenschar trieft natürlich von Antipathie und stellt sich als Abschaum heraus, der schlussendlich entsprechend seiner widerwärtigen Natur entsorgt werden muss, was Callahan natürlich dann besorgt. Vorab gibt es noch einen kleinen Twist, der sich als weniger überraschend herausstellt, als er wohl eigentlich geplant war, bevor die Endcredits den Zuschauer leise fragend zurücklassen, ob die Ausradierung aller Vergewaltiger nun wirklich eine heilende Wirkung hat.
Fazit:
Als Relikt der Achtziger betrachtet, macht „Sudden Impact“ rückblickend natürlich riesigen Spaß. Der knallharte Zyniker Callahan fühlt sich im nächsten Jahrzehnt angenehm heimisch und Clint Eastwood weiß auch, wie der dem neuen Zeitgeist entspricht, setzt mehr auf Action, Humor und Kurzweil, dafür weniger auf eine kniffelige Story.
Der Härtegrad ist so rabiat gar nicht, aber schon deutlich härterer Tobak als in den Vorgängern, was dem Film damals unter anderem einen gewissen Ruf einbrachte. Fans der Reihe werden an den pflegten Onelinern und jedem Auftritt Dirty Harrys jedoch gewiss ihren Spaß haben.