Professor Achenbach und Ingenieur Holk forschen an einer Methode, aus Blei Gold herzustellen. Der letzte, der entscheidende Versuch steht bevor, doch der endet in einer gigantischen Explosion und mit dem Tod Achenbachs. Holk überlebt, ist aber überzeugt davon, dass es sich nicht um ein Unglück, sondern um Sabotage gehandelt hat. Tatsächlich wird Holk im Auftrag des Unternehmers Wills von zwei windigen Gestalten kontaktiert, die ihm die Vollendung des Experiments anbieten, wenn er für Wills arbeitet. Holk nimmt das Angebot an und reist nach Schottland, offiziell um das Experiment weiterzuführen, aber in seinem Kopf hat es nur einen Gedanken: Rache für den Tod Achenbachs.
Was an GOLD zu allererst auffällt, ist die enge Verwandtschaft zu Harry Piels, im gleichen Jahr entstandenen, DER HERR DER WELT. In GOLD will ein Unternehmer mit Hilfe einer gigantischen Maschinerie Gold produzieren, um Gewinne noch und nöcher einzufahren, scheitert aber am Gewissen eines einzelnen Ingenieurs. In DER HERR DER WELT möchte ein Wissenschaftler mit Hilfe eines gigantischen Roboters die Welt beherrschen, scheitert aber am Gewissen eines einzelnen Ingenieurs. Beide Filme waren große Produktionen mit überwältigenden Bauten und starken Schauspielern, und beide erzählen letzten Endes eine sehr ähnliche Geschichte: Die Erlangung von Macht und Reichtum mittels des Segens der Technik, die aber relativ schnell zum Fluch wird. Wenn man dann allerdings die Produktionszeiträume vergleicht (GOLD wurde Ende 1933/Anfang 1934 gedreht, HERR DER WELT zwischen Mai und Juli 1934) wird schnell klar, dass der letztere Film sich an den großen Erfolg von GOLD offensichtlich anhängen wollte. Einige Szenen, wie das Aufschweißen der verschlossenen Stahltüren, scheinen sogar 1:1 übernommen zu sein, genauso wie die Charakterisierung des Protagonisten, nämlich der kumpelhafte und bei den Arbeitern beliebte Ingenieur, mehr oder weniger identisch ist.
Die Frage stellt sich aber doch, warum Harry Piels Film bei der Premiere ausgelacht und ausgebuht wurde, und trotz guter zeitgenössischer Kritiken und des großen betriebenen Aufwands schnell in der Versenkung verschwand (und es auch bis heute blieb), während GOLD zwar nicht zum Kanon der „klassischen“ Hans Albers-Filme gehört, aber mittlerweile sogar in sehr guter Qualität auf Blu-ray veröffentlicht wurde. Der Ingenieur, der in GOLD voller Tatkraft und Sentiment kongenial von Hans Albers gespielt wurde, wird in DER HERR DER WELT von Siegfried Schürenberg in seiner zweiten Filmrolle überhaupt dargestellt, und auch wenn Schürenberg teilweise wie Albers ins Bild gesetzt wurde, an die Virilität und die Ausstrahlung Albers‘ kam er einfach nicht ran. Hinzu kam, dass DER HERR DER WELT recht holprig erzählt wird, und die Liebesgeschichte zwischen Schürenberg und Sybille Schmitz sehr aufgesetzt wirkt – die Chemie zwischen den beiden war einfach nicht da.
GOLD hingegen wirkt wie aus einem Guss. Die starken Actionszenen sind gleichmäßig über den Film verteilt, die Handlung zwischen der Action ist logisch und gefühlsbeladen, und die zarte Love Story zwischen Hans Albers und Brigitte Helm wirkt sehr natürlich. Was allerdings auch an den Schauspielern liegt: Gerade die sehr ungekünstelte Spielweise Helms lässt die Sympathien für ihre Florence Wills schnell wachsen, und der Zuschauer weiß bereits in ihrem zweiten Auftritt, dass sie ihrem Vater, dem skrupellosen Unternehmer, so gar nicht nachkommt. Dazu ein Hans Albers, der beim ersten Treffen von einem Fettnäpfchen ins nächste tappt, und mit seiner Hemdsärmeligkeit ein perfektes Pendant zu Helms grundsolider Ausstrahlung bildet. Hier stimmt die Chemie, da sind die Liebesszenen erstklassig austariert und alles andere als “stark kitschig“, wie Josef Goebbels in seinem Tagebuch festhielt.
Als Bösewicht fungiert in GOLD Michael Bohnen als John Wills, ein Mann der über Leichen geht, nur um seine Gier nach Reichtum zu befriedigen. Ein klassischer Filmbösewicht, wie er in weit über 100 Jahren Filmgeschichte nicht aus der Mode gekommen ist. Vorne heraus freundlich und entgegenkommend, ist er in Wirklichkeit ein egomanischer und manipulativer Schuft mit dem Blick auf das eigene Bankkonto. Ein Schurke wie aus einem Bondfilm – Charismatisch, weltmännisch, und in Begriffen wie Weltherrschaft denkend. Wie fremdartig wirkt dagegen ein Professor Wolf aus DER HERR DER WELT, der schattenhaft in seinem Labor sitzt und an Schaltern und Rädchen dreht. Ein Strippenzieher, der erst heute, mit dem Filmwissen um Dr. Mabuse und Dr. Seltsam, wahrhaft diabolisch wirkt, aber im Jahr 1934 eben für Gelächter gesorgt hat. Wills hingegen ist ein Mann, dem man damals genauso wie heute jederzeit auf der Straße oder in den Nachrichten (bzw. der Wochenschau) begegnen konnte und kann. Ein Erzkapitalist, der das Wohl der Menschen dem seinen grundlegend unterordnet, und für den nur zwei Dinge wichtig sind auf der Welt: Sein Geld, und er selbst. Wenn man die Wirtschaftsnachrichten der vergangenen 30 Jahre liest, ein erschreckend aktueller Typ Mensch …
Ich erwähnte den James Bond-artigen Schurken, aber interessanterweise hat es noch mehr Parallelen zu den Filmen des britischen Superagenten. Da wären die großartigen und überwältigenden Kulissen des METROPOLIS-Filmarchitekten Otto Hunte, die den riesigen Anlagen Ken Adams‘ aus Filmen wie FEUERBALL oder DER SPION, DER MICH LIEBTE in nichts nachstehen. Die beeindruckenden Isolatoren und hausgroßen Schalttafeln und die zuckenden Blitze zwischen den gigantischen Kolben könnten so allerdings auch aus den FRANKENSTEIN-Filmen James Whales stammen, und sind auf jeden Fall auch von diesen inspiriert worden. Mindestens … So oder so sind dies Filmbauten, die auch heute noch staunen lassen.
Und dann ist da noch Hans Albers, der hier durchaus Anklänge an einen frühen Bond zeigt (wenn auch anders als in dem ein Jahr vorher entstandenen „echten“ Agentenfilm EIN GEWISSER HERR GRAN). Sein Holk zeigt sich jeder Lebenslage gewachsen, er kann mit Frauen genauso wie mit Arbeitern, und sein Misstrauen gegenüber dem Vorgesetzten kommt bekannt vor; in erster Linie sind es aber die äußeren Attribute Holks, die aus ihm einen Vorläufer von 007 machen: Zum einen die Bereitschaft, wenn es sein muss sofort um die halbe Welt zu jetten um eine Aufgabe zu erfüllen, und zum anderen der Hang zur eleganten Kleidung. Holk hat kein Problem damit, auch die schmutzigsten Jobs im Abendanzug und mit Fliege durchzuführen.
Einen Unterschied zu James Bond hat es allerdings schon, und das ist die persönliche Art. Hans Albers spielt den Ingenieur Holk, der letzten Endes das ganze Abenteuer nur wegen einer persönlichen Rache auf sich nimmt, sehr zurückhaltend und verletzlich. Die Melancholie, die dem Schauspieler im privaten Leben nachgesagt wurde, lässt er hier für seine Rolle durchscheinen, und zeigt damit einen, trotz seiner Rachsucht, sensiblen und einfühlsamen Menschen. Sein letztes Gespräch mit Florence, in welchem er ihr sagt warum er das alles tut, jagt auch heute noch eine Gänsehaut über den Rücken des Zuschauers, und lässt ahnen, wie schwer verletzt dieser einfache und aufrechte Mensch durch die Begegnung mit dem Bösen tatsächlich ist. Eine schauspielerische Glanzleistung Albers‘, die sich in keinster Weise mit den bekannten Stereotypen deckt, sondern zeigt, warum dieser Ausnahmeschauspieler eine so lange Karriere hinlegte: Weil er Charisma hatte, weil er überwältigend wirkte, und weil er echtes Talent hatte.
Der letzte große Darsteller, der ebenfalls in DER HERR DER WELT mit spielt, ist die Technik, beziehungsweise die Bewunderung derselben. Durch die Technik ist alles möglich, da können Kumpels plötzlich ohne ständige Lebensgefahr sein (HERR DER WELT), und da kann aus einfachem Blei Gold fabriziert werden (GOLD). Letzteres ein ungeheurer Vorgang, der die Fantasien der Menschen schon seit Jahrhunderten beschäftigt und sie in ihren Bann schlägt. Aber in beiden Filmen wendet sich die Technik letzten Endes gegen ihren Erschaffer, auch dies eine interessante Parallele zu den FRANKENSTEIN-Filmen. Über GOLD schreibt Oskar Kalbus: „Mit kühnen und grandiosen Bildern über und unter der Erde hat Karl Hartl diesen Film gestaltet, dessen tiefster Gehalt die überwältigende Poesie der modernen Technik ist. Unvergeßlich prägt sich dem Filmbeschauer die Schönheit der Maschinen, der Zauber der elektrischen Strahlen ein. Es klingt das Hohelied der Technik durch den Film, die keine Grenzen menschlichen Geistes und menschlichen Vermögens anerkennen will und aus formlosen Massen der Maschinen von gestern sich zur künstlerischen Formengestaltung von heute entwickelt hat: stählerne Romantik unserer Zeit!“ (1)
Mutmaßlich ist Herr Kalbus bei der Sichtung des Films unterwegs eingeschlafen, denn gerade das Ende von GOLD relativiert die technische Meisterleistung des Ingenieurs und gibt eine ganz andere Denkrichtung vor. In der Heimat angekommen und eine schöne Frau im Arm sinniert Holk darüber, was das Leben ausmacht. Er entsagt dem schnöden Mammon und wendet sich zu den Dingen, die das Leben ausmachen. Auch hier wieder der Vergleich mit DER HERR DER WELT: Hans Albers spricht über das einfache Leben und erzeugt ehrliche Emotionen, Harry Piel zeigt das einfache Leben und erzeugt damit – unfreiwillige – Komik …
Letzten Endes ist GOLD ein kraftvoller und dynamischer Film, der voller Ideen und Leidenschaft steckt, der mit grandiosen Darstellern und ebenso grandiosen Kulissen Gefühle weckt und ungeheuren Spaß macht. Ein düsteres und packendes Actiondrama im Gefolge von FRANKENSTEIN, und dabei gleichzeitig ein Vorgriff auf James Bond. Der Mensch will Gott spielen und erzeugt dabei doch nur die Hölle. Was für eine Mischung …
(1) Oskar Kalbus: Vom Werden deutscher Filmkunst. 2. Teil: Der Tonfilm. Berlin 1935
Professor Achenbach und Ingenieur Holk forschen an einer Methode, aus Blei Gold herzustellen. Der letzte, der entscheidende Versuch steht bevor, doch der endet in einer gigantischen Explosion und mit dem Tod Achenbachs. Holk überlebt, ist aber überzeugt davon, dass es sich nicht um ein Unglück, sondern um Sabotage gehandelt hat. Tatsächlich wird Holk im Auftrag des Unternehmers Wills von zwei windigen Gestalten kontaktiert, die ihm die Vollendung des Experiments anbieten, wenn er für Wills arbeitet. Holk nimmt das Angebot an und reist nach Schottland, offiziell um das Experiment weiterzuführen, aber in seinem Kopf hat es nur einen Gedanken: Rache für den Tod Achenbachs.
Was an GOLD zu allererst auffällt, ist die enge Verwandtschaft zu Harry Piels, im gleichen Jahr entstandenen, DER HERR DER WELT. In GOLD will ein Unternehmer mit Hilfe einer gigantischen Maschinerie Gold produzieren, um Gewinne noch und nöcher einzufahren, scheitert aber am Gewissen eines einzelnen Ingenieurs. In DER HERR DER WELT möchte ein Wissenschaftler mit Hilfe eines gigantischen Roboters die Welt beherrschen, scheitert aber am Gewissen eines einzelnen Ingenieurs. Beide Filme waren große Produktionen mit überwältigenden Bauten und starken Schauspielern, und beide erzählen letzten Endes eine sehr ähnliche Geschichte: Die Erlangung von Macht und Reichtum mittels des Segens der Technik, die aber relativ schnell zum Fluch wird. Wenn man dann allerdings die Produktionszeiträume vergleicht (GOLD wurde Ende 1933/Anfang 1934 gedreht, HERR DER WELT zwischen Mai und Juli 1934) wird schnell klar, dass der letztere Film sich an den großen Erfolg von GOLD offensichtlich anhängen wollte. Einige Szenen, wie das Aufschweißen der verschlossenen Stahltüren, scheinen sogar 1:1 übernommen zu sein, genauso wie die Charakterisierung des Protagonisten, nämlich der kumpelhafte und bei den Arbeitern beliebte Ingenieur, mehr oder weniger identisch ist.
Die Frage stellt sich aber doch, warum Harry Piels Film bei der Premiere ausgelacht und ausgebuht wurde, und trotz guter zeitgenössischer Kritiken und des großen betriebenen Aufwands schnell in der Versenkung verschwand (und es auch bis heute blieb), während GOLD zwar nicht zum Kanon der „klassischen“ Hans Albers-Filme gehört, aber mittlerweile sogar in sehr guter Qualität auf Blu-ray veröffentlicht wurde. Der Ingenieur, der in GOLD voller Tatkraft und Sentiment kongenial von Hans Albers gespielt wurde, wird in DER HERR DER WELT von Siegfried Schürenberg in seiner zweiten Filmrolle überhaupt dargestellt, und auch wenn Schürenberg teilweise wie Albers ins Bild gesetzt wurde, an die Virilität und die Ausstrahlung Albers‘ kam er einfach nicht ran. Hinzu kam, dass DER HERR DER WELT recht holprig erzählt wird, und die Liebesgeschichte zwischen Schürenberg und Sybille Schmitz sehr aufgesetzt wirkt – die Chemie zwischen den beiden war einfach nicht da.
GOLD hingegen wirkt wie aus einem Guss. Die starken Actionszenen sind gleichmäßig über den Film verteilt, die Handlung zwischen der Action ist logisch und gefühlsbeladen, und die zarte Love Story zwischen Hans Albers und Brigitte Helm wirkt sehr natürlich. Was allerdings auch an den Schauspielern liegt: Gerade die sehr ungekünstelte Spielweise Helms lässt die Sympathien für ihre Florence Wills schnell wachsen, und der Zuschauer weiß bereits in ihrem zweiten Auftritt, dass sie ihrem Vater, dem skrupellosen Unternehmer, so gar nicht nachkommt. Dazu ein Hans Albers, der beim ersten Treffen von einem Fettnäpfchen ins nächste tappt, und mit seiner Hemdsärmeligkeit ein perfektes Pendant zu Helms grundsolider Ausstrahlung bildet. Hier stimmt die Chemie, da sind die Liebesszenen erstklassig austariert und alles andere als “stark kitschig“, wie Josef Goebbels in seinem Tagebuch festhielt.
Als Bösewicht fungiert in GOLD Michael Bohnen als John Wills, ein Mann der über Leichen geht, nur um seine Gier nach Reichtum zu befriedigen. Ein klassischer Filmbösewicht, wie er in weit über 100 Jahren Filmgeschichte nicht aus der Mode gekommen ist. Vorne heraus freundlich und entgegenkommend, ist er in Wirklichkeit ein egomanischer und manipulativer Schuft mit dem Blick auf das eigene Bankkonto. Ein Schurke wie aus einem Bondfilm – Charismatisch, weltmännisch, und in Begriffen wie Weltherrschaft denkend. Wie fremdartig wirkt dagegen ein Professor Wolf aus DER HERR DER WELT, der schattenhaft in seinem Labor sitzt und an Schaltern und Rädchen dreht. Ein Strippenzieher, der erst heute, mit dem Filmwissen um Dr. Mabuse und Dr. Seltsam, wahrhaft diabolisch wirkt, aber im Jahr 1934 eben für Gelächter gesorgt hat. Wills hingegen ist ein Mann, dem man damals genauso wie heute jederzeit auf der Straße oder in den Nachrichten (bzw. der Wochenschau) begegnen konnte und kann. Ein Erzkapitalist, der das Wohl der Menschen dem seinen grundlegend unterordnet, und für den nur zwei Dinge wichtig sind auf der Welt: Sein Geld, und er selbst. Wenn man die Wirtschaftsnachrichten der vergangenen 30 Jahre liest, ein erschreckend aktueller Typ Mensch …
Ich erwähnte den James Bond-artigen Schurken, aber interessanterweise hat es noch mehr Parallelen zu den Filmen des britischen Superagenten. Da wären die großartigen und überwältigenden Kulissen des METROPOLIS-Filmarchitekten Otto Hunte, die den riesigen Anlagen Ken Adams‘ aus Filmen wie FEUERBALL oder DER SPION, DER MICH LIEBTE in nichts nachstehen. Die beeindruckenden Isolatoren und hausgroßen Schalttafeln und die zuckenden Blitze zwischen den gigantischen Kolben könnten so allerdings auch aus den FRANKENSTEIN-Filmen James Whales stammen, und sind auf jeden Fall auch von diesen inspiriert worden. Mindestens … So oder so sind dies Filmbauten, die auch heute noch staunen lassen.
Und dann ist da noch Hans Albers, der hier durchaus Anklänge an einen frühen Bond zeigt (wenn auch anders als in dem ein Jahr vorher entstandenen „echten“ Agentenfilm EIN GEWISSER HERR GRAN). Sein Holk zeigt sich jeder Lebenslage gewachsen, er kann mit Frauen genauso wie mit Arbeitern, und sein Misstrauen gegenüber dem Vorgesetzten kommt bekannt vor; in erster Linie sind es aber die äußeren Attribute Holks, die aus ihm einen Vorläufer von 007 machen: Zum einen die Bereitschaft, wenn es sein muss sofort um die halbe Welt zu jetten um eine Aufgabe zu erfüllen, und zum anderen der Hang zur eleganten Kleidung. Holk hat kein Problem damit, auch die schmutzigsten Jobs im Abendanzug und mit Fliege durchzuführen.
Einen Unterschied zu James Bond hat es allerdings schon, und das ist die persönliche Art. Hans Albers spielt den Ingenieur Holk, der letzten Endes das ganze Abenteuer nur wegen einer persönlichen Rache auf sich nimmt, sehr zurückhaltend und verletzlich. Die Melancholie, die dem Schauspieler im privaten Leben nachgesagt wurde, lässt er hier für seine Rolle durchscheinen, und zeigt damit einen, trotz seiner Rachsucht, sensiblen und einfühlsamen Menschen. Sein letztes Gespräch mit Florence, in welchem er ihr sagt warum er das alles tut, jagt auch heute noch eine Gänsehaut über den Rücken des Zuschauers, und lässt ahnen, wie schwer verletzt dieser einfache und aufrechte Mensch durch die Begegnung mit dem Bösen tatsächlich ist. Eine schauspielerische Glanzleistung Albers‘, die sich in keinster Weise mit den bekannten Stereotypen deckt, sondern zeigt, warum dieser Ausnahmeschauspieler eine so lange Karriere hinlegte: Weil er Charisma hatte, weil er überwältigend wirkte, und weil er echtes Talent hatte.
Der letzte große Darsteller, der ebenfalls in DER HERR DER WELT mit spielt, ist die Technik, beziehungsweise die Bewunderung derselben. Durch die Technik ist alles möglich, da können Kumpels plötzlich ohne ständige Lebensgefahr sein (HERR DER WELT), und da kann aus einfachem Blei Gold fabriziert werden (GOLD). Letzteres ein ungeheurer Vorgang, der die Fantasien der Menschen schon seit Jahrhunderten beschäftigt und sie in ihren Bann schlägt. Aber in beiden Filmen wendet sich die Technik letzten Endes gegen ihren Erschaffer, auch dies eine interessante Parallele zu den FRANKENSTEIN-Filmen. Über GOLD schreibt Oskar Kalbus: „Mit kühnen und grandiosen Bildern über und unter der Erde hat Karl Hartl diesen Film gestaltet, dessen tiefster Gehalt die überwältigende Poesie der modernen Technik ist. Unvergeßlich prägt sich dem Filmbeschauer die Schönheit der Maschinen, der Zauber der elektrischen Strahlen ein. Es klingt das Hohelied der Technik durch den Film, die keine Grenzen menschlichen Geistes und menschlichen Vermögens anerkennen will und aus formlosen Massen der Maschinen von gestern sich zur künstlerischen Formengestaltung von heute entwickelt hat: stählerne Romantik unserer Zeit!“ (1)
Mutmaßlich ist Herr Kalbus bei der Sichtung des Films unterwegs eingeschlafen, denn gerade das Ende von GOLD relativiert die technische Meisterleistung des Ingenieurs und gibt eine ganz andere Denkrichtung vor. In der Heimat angekommen und eine schöne Frau im Arm sinniert Holk darüber, was das Leben ausmacht. Er entsagt dem schnöden Mammon und wendet sich zu den Dingen, die das Leben ausmachen. Auch hier wieder der Vergleich mit DER HERR DER WELT: Hans Albers spricht über das einfache Leben und erzeugt ehrliche Emotionen, Harry Piel zeigt das einfache Leben und erzeugt damit – unfreiwillige – Komik …
Letzten Endes ist GOLD ein kraftvoller und dynamischer Film, der voller Ideen und Leidenschaft steckt, der mit grandiosen Darstellern und ebenso grandiosen Kulissen Gefühle weckt und ungeheuren Spaß macht. Ein düsteres und packendes Actiondrama im Gefolge von FRANKENSTEIN, und dabei gleichzeitig ein Vorgriff auf James Bond. Der Mensch will Gott spielen und erzeugt dabei doch nur die Hölle. Was für eine Mischung …
(1) Oskar Kalbus: Vom Werden deutscher Filmkunst. 2. Teil: Der Tonfilm. Berlin 1935