Review

Als Kind wird ihr von einem trügerisch verkleideten Priester die Unschuld geraubt und ein tragischer Unfall passiert... Viele Jahre später sitzt sie noch immer im Rollstuhl. Auf einmal beginnt ein mörderisches Treiben in ihrer Umgebung. Der Priester verschwindet spurlos und auch ihre beste Freundin und einzige Helferin ist bald nicht mehr aufzufinden... Joanna steht kurz vor dem Wahnsinn! Doch was hat ihr neuer Mann alles mit der Geschichte zu tun....und wer ist der Priester mit der blutverschmierten Puppe den sie immer wieder sieht?


Die größte Zeit des italienischen Gialli war schon vorbei, als 1985 dieses Spätwerk von Alberto De Martino (Der Antichrist, Feuerstoß) erschien. In einer gewissen Form ist das dann auch der Geschichte anzumerken, die doch in wesentlichen Teilen vom ansonsten üblichen Strickmuster des beliebten Sub-Genres abweicht. So bekommt der Zuschauer dann auch lediglich in den ersten gut 30 Minuten ein Geschehen geboten, in dem sich anscheinend der gewohnte Story-Aufbau zu erkennen gibt, in dem ein maskierter Mörder sein Unwesen treibt. Der Spannungsaufbau der Ereignisse gestaltet sich dabei sehr gut und es scheint sich einmal mehr um ein Werk zu handeln, in dem die Motive und die Identität des Killers bis kurz vor dem Ende im Dunkeln bleiben. Umso überraschter ist man dann über den Aspekt, das Martino seinen Täter kurz danach demaskiert, was im ersten Moment doch ein ziemlicher Schock für den Betrachter ist, bei dem sich gleichzeitig eine Mischung aus leichter Enttäuschung-und Ernüchterung breit macht. Dieser Zustand verflüchtigt sich aber relativ schnell, denn auch wenn sich die Abläufe von nun an relativ durchschaubar gestalten präsentiert der Regisseur nun an Stelle des üblichen geheimnisvollen Rätselratens ein perfides Katz-und Mausspiel, das sich in erster Linie auf psychischer Ebene zwischen Täter und Opfer abspielt.

Seinen besonderen Reiz bezieht der Film dabei aus dem Gesichtspunkt, das Opfer Joanna an den Rollstuhl gefesselt ist und ihrem Peiniger offensichtlich hilflos ausgeliefert ist. Auch wenn hier bis auf die erste halbe Stunde die großen Überraschungsmomente fehlen, entfaltet "Das Haus der Verfluchten" insbesondere in atmosphärischer Hinsicht eine ungeheure Intensität die sich mit zunehmender Laufzeit auch immer weiter auf einen selbst überträgt. Komischerweise erinnert das Szenario an etlichen Stellen an Lucio Fulci's "New York Ripper", was in erster Linie sicherlich an der Location von New York liegt, in der sich große Teile der Geschichte abspielen. Bestimmte Schauplätze erscheinen einem dabei sogar identisch und wenn ich mich nicht ganz verhört habe, dürften auch Teile der musikalischen Untermalung aus Fulci's Klassiker stammen. Wie dem aber auch sei, trotz wesentlicher Abweichungen von der üblichen Gialli-Schiene präsentiert sich hier ein Szenario, das in seiner Gesamtheit fast durchgehend überzeugen kann und so doch weitaus besser geraten ist als man aufgrund mehrerer Kritiken vermuten konnte. Sicherlich kann sich der Film nicht mit den absoluten Größen dieser Film-Gattung messen, siedelt sich meiner Meinung nach im Endeffekt aber dennoch oberhalb des normalen Durchschnitts an.

Zudem wartet "Das Haus der Verfluchten" mit einigen wirklich blutigen Einstellungen auf, die man doch eher selten in anderen Gialli geboten bekommt. Zwar sind diese keinesfalls im Überfluss vorhanden, doch dafür überraschen die entsprechenden Passagen durch ihre kompromisslose Härte. Gleichzeitig ergibt sich auch durch das sehenswerte Schauspiel der Akteure ein zusätzlicher Pluspunkt für Martino's Werk, wobei hauptsächlich die drei Haupt-Charaktere im Mittelpunkt der Ereignisse stehen. Im letzten Drittel der Geschichte entwickelt sich das Ganze dann sogar in Richtung eines bedrohlichen Kammerspiels, wobei das etwas länger geratene Finale zwischen Täter und Opfer in dem riesigen Haus nahezu perfekt in Szene gesetzt wurde und so gleichzeitig einen absoluten Höhepunkt darstellt. Was sich also nach dem ersten Drittel des Filmes als kurze Enttäuschung entpuppt kommt danach trotzdem ordentlich auf Touren und präsentiert sich so insgesamt als sehr guter Genre-Beitrag, den man sich keinesfalls entgehen lassen sollte.

Auch wenn "Das Haus der Verfluchten" nicht die übliche Mördersuche beinhaltet und fast gänzlich ohne Überraschungen auskommen muss, handelt es sich dennoch um einen lohnenswerten Film aus der Spätzeit des Gialli. Ähnlichkeiten zu Fulci's "New York Ripper" sind dabei unübersehbar, wobei diese sich keinesfalls auf die Story, sondern lediglich auf Schauplätze und musikalische Untermalung beschränken. In seiner Gesamtheit hat Martino ganz sicher keinen Meilenstein geschaffen, doch gibt es weitaus schlechter unterhaltende Vertreter des Sub-Genres. Gutes Schauspiel, eine interessante Geschichte, blutige Einstellungen und eine größtenteils äußerst bedrohliche Grundstimmung lassen einen dabei recht großzügig darüber hinwegsehen, das Motivlage und Identität des Killers schon frühzeitig gelüftet werden.


Fazit:


Nach einigen doch eher mittelmäßigen Kritiken bin ich letztendlich sehr positiv überrascht, wie gut "Das Haus der Verfluchten" letztendlich funktioniert. Die gelungene Mixtur aus Gialli und Psycho-Thriller wurde extrem stimmig ins Bild gesetzt und mit einigen härteren Einstellungen eindrucksvoll unterstützt. Im Endeffekt bekommt man also einen mehr als soliden Beitrag serviert, an dem man jederzeit seine Freude haben kann.


7,5/10

Details
Ähnliche Filme