Review

SPOILER
"Dieser Krieg wird auf dem Schlachtfeld verloren. Und erst recht von denen die zurückgelassen wurden."
Diese Worte spricht Nicole Kidman in einem Film, der ansonsten zumeist ohne große Worte auskommt, und sie beschreiben nicht nur das Drama des Krieges, sondern auch nahezu perfekt das worum es sich in "Cold Mountain" dreht.
Anthony Minghella, der vor mittlerweile 8 Jahren das erstemal mit einer Literaturverfilmung, damals war es der "Englische Patient, auf sich aufmerksam machen konnte, hat sich auch für seinen neuesten Film einen Roman zur Vorlage genommen. Wieder hat er neben der Arbeit als Regisseur auch das Drehbuch verfasst und wieder ist es ihm gelungen ein großes Stück Kino zu schaffen.

"Cold Mountain" beginnt so wie viele Filme enden, er stellt die optisch und technisch aufwändigste Szene an den Beginn. Gleich zu Beginn wird der Zuschauer förmlich erschlagen vom Krieg. Die Schlacht von St. Petersburg im Amerikanischen Bürgerkrieg im Jahre 1864. Es sind starke brutale Bilder die Minghella hier dem Zuschauer vorsetzt. Mitten in dem Gemetzel sehen wir Jude Law, bärtig, zurückhaltend, er liest einen Brief. Rückblende. 3 Jahre zuvor, holt der alte Pfarrer (Donald Sutherland) seine junge Tochter Ada (Nicole Kidman) nach Cold Mountain. Sie lernt Inman (Jude Law) kennen und gerade als sich die Liebe zwischen Beiden langsam zu entwickeln beginnt bricht der Krieg aus. Inman zieht nach einem ersten und letzten Kuss wie jeder andere Mann der nicht zu alt oder zu jung dafür ist in den Krieg, von dem sich alle sicher sind das er nach wenigen Wochen vorbei ist.
Diese Szenen werden es sein, die Inman letztlich antreiben, ihn nach 3 Jahren voller Gräuel, Schmerzen und Tod dazu bringen sich von allem abzuwenden, zu desertieren und eine 300 Meilen Odyssee auf sich zu nehmen, immer auf der Flucht vor den eigenen Soldaten und den Feinden, auf der Suche nach etwas was längst verloren ist, sich für ihn aber in nur wenigen Momenten des Glückes mit Ada manifestiert hat: er muss zurück nach Cold Mountain. Es wird eine Reise, die gleichzeitig auch als Reinigung verstanden werden kann, einmal erzählt Inman das er tot ist, der Krieg hat in getötet, seine Seele ist gegangen, am Ende der Reise wird er sie wieder finden und sie wird ihn erlösen.

Der Zuschauer erlebt diese Reise als episodenhafte Schilderungen, die zugleich zu den eindrucksvollsten und bewegendsten Momenten des Films zählen. Immer wieder trifft Inman auf unterschiedlichste Menschen, mal sind sie ihm wohlgesonnen, andere wiederum sind von purem Egoismus beseelt. Es sind bewegende Bilder, wenn Inman in einer kleinen Hütte von einer jungen Witwe (Natalie Portman), die mit ihrem kranken Säugling allein lebt, gebeten wird die Nacht bei ihr zu verbringen. Man spürt die Einsamkeit, die Verzweiflung die der Krieg über sie gebracht hat, diese Gefühle sind stets präsent, Minghella beschönigt nichts, er zeigt eindrucksvoll das der Krieg nur Verlierer kennt, auch wenn sie nicht kämpfen.

Die Reise Inmans wird immer wieder unterbrochen von Szenen aus Cold Mountain wo Ada nach dem Tod ihres Vaters zu verzweifeln droht. Nicht nur das sie, das Stadtkind, heillos überfordert ist mit der Bestellung des Hofes, sie wird auch noch vom Anführer der Bürgerwehr Teague (Ray Winstone) bedrängt. Erst als ihr die Bewohner von Cold Mountain die junge burschikose Ruby (Renée Zellweger) an die Seite stellen beginnt sie sich zu öffnen. Gemeinsam gelingt es den Frauen den Hof zu bewirtschaften, doch der Krieg macht auch vor ihnen, in der vermeintlichen Idylle nicht halt und so verwandelt sich der Ort den Inman als Inbegriff von Heimat und Glück als Ziel ausgemacht hat für die Einheimischen. Nichts bleibt unberührt, der Krieg kennt keine Opfer egal wo egal wer egal wie, so kann man Minghellas Kernaussage zusammen fassen. Es gelingt ihm dabei diese nicht in Plattheiten, Klischees oder Pathos zu ertränken sondern in einer unglaublich starken Geschichte zusammenzuführen, die von der ersten Minute an zu fesseln versteht.
Dazu trägt sicherlich auch der harte aber dadurch umso eindringlichere Stil der Inszenierung bei. Es gibt keine Weichgespülten Szenen voller Romantik, hier gibt es keine Moment in denen die Kamera ausblendet und dem Zuschauer versucht etwas vorzumachen. Immer wieder gelingt es Minghella dabei zu erschrecken, zu attackieren. Er macht es dem Zuschauer nicht leicht, wirft ihm keine vorgekauten Brocken hin doch gerade dadurch gelingt es "Cold Mountain" sich abzuheben zu etwas Großem zu werden.

Ein übriges trägt die bis in die kleinsten Rollen exzellent besetzte Darstellerriege bei. Jude Law kommt im gesamten Film sicher auf nicht mehr als 20 Sätze, doch der Zuschauer wird nie im unklaren gelassen über die Gefühle und Gedanken Inmans. Jude Law verleit der Figur des schüchternen desillusionierten Soldaten eine unglaubliche Ausstrahlung. Spätestens mit diesem Film hat er es endgültig geschafft sich in der ersten Klasse der Schauspieler zu etablieren. Die weiblichen Hauptrollen sind mit Nicole Kidman und Renée Zellweger ähnlich gut besetzt. Insbesondere Zellwegers Leistung überzeugt und zeigt eindrucksvoll das sie mehr kann als sie bisher in den meisten ihrer Filme zeigen durfte.
Auch die Nebenrollen sind bis ins kleinste Detail perfekt besetzt. Natalie Portman als einsame Witwe, Phillip Seymore Hoffman als umtriebiger Priester der für einige Zeit zum Weggefährten Inmans wird, Donald Sutherland als Adas Vater und gütiger Pfarrer, Giovanni Ribisi als von Geldgier und fatalem Egoismus zerfressener Stolperstein auf Inmans Weg und Jena Malone in einem Kurzauftritt als freizügige Fährfrau. Sie alle sorgen dafür das dieser Film hauptsächliche durch seine Charaktere und deren großartige Darstellung im Gedächtnis haften bleiben wird. Nicht zu vergessen auch der erste Filmauftritt von "White Stripes" Sänger Jack White, der sich mehr als achtbar aus der Affäre zieht.

Anthony Minghella ist mit "Cold Mountain" ein Film gelungen, der sich heute schon fast seltsam ausnimmt. Keine Effektorgie (auch wenn man ihm für die Schlacht zu Beginn den Leitsatz "weniger ist mehr" nachträglich nahe legen möchte), sondern eine packende Geschichte und großartige Darsteller machen Cold Mountain zu einem Epos gegen den Krieg und zu einem Mahnmal dafür was Kriege anrichtet. Dabei ist es egal in welcher Zeit oder wo diese stattfinden, danach wird nichts mehr sein wie es war. Und so endet auch Inmans Reise am Ort seiner Sehnsüchte und Wünsche, doch auch dort wird ihn der Krieg einholen und das einfordern was ihm auf dem Schlachtfeld verwehrt wurde. Und auch hier kann man Minghella nur beglückwünschen, denn nichts hätte diesem Film mehr geschadet als ein Happy End. So zeigt er zwar neue Hoffnung aber auch den Preis der dafür zu entrichten ist. Ein wahrlich großer Film und das vollkommene Gegenteil von vielem, was aus den USA in letzter Zeit zum Thema krieg im Kino zu sehen war. 9,5 von 10 Punkten.

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