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„In letzter Zeit bist du echt nicht gut drauf! Hast du vielleicht zu viel ‚Denver Clan‘ gesehen?“

Für „The Lost Boys“ portierten US-Regisseur Joel Schumacher („St. Elmo’s Fire“) und sein dreiköpfiges Autorenteam die klassische Vampirthematik in ein modernes ‘80er-Ambiente, verjüngten die Pro- und Antagonisten gewaltig und schufen so eine aberwitzige Melange aus Vampir-Horror, dessen Gothic-Aspekte durch Pop-Kultur ersetzt wurden, und Teenage-Horror mit Coming-of-Age-Inhalten im Gewand einer Horrorkomödie, die ab ihrem Erscheinungsjahr 1987 zu einem kleinen Kultfilm avancierte.

„Ich hab Vampirwitze noch nie gemocht!“

Nach ihrer Scheidung zieht Lucy Emerson (Dianne Wiest, „Edward mit den Scherenhänden“) mit ihren Söhnen Sam (Corey Haim, „Stephen King's Werwolf von Tarker Mills“) und Michael (Jason Patric, „Sleepers“) zu ihrem kauzigen Vater (Barnard Hughes, „Tron“) ins kalifornische Küstenstädtchen Santa Carla, das im Sommer viele vergnügungssichtige Touristen beherbergt, aber auch eine vampiristische Biker-Clique, die mit dafür verantwortlich ist, dass der Ort den zweifelhaften Ruf als Mord-Hauptstadt weg hat. Tatsächlich verschwinden immer wieder Menschen spurlos und als Michael die geheimnisvolle Star (Jami Gertz, „Zwei Frauen“) kennenlernt, lernt er auch die Bande junger Blutsauger besser kennen, als ihm lieb ist. Während diese aus Michael einen der ihren zu machen versuchen, erkennt sein kleiner Bruder als erster die Gefahr und sucht zusammen mit den Frog-Brüdern (Corey Feldman, „Meine teuflischen Nachbarn“ und Jamison Newlander, „Der Blob“) aus dem Comicladen, einen Weg, um die Vampire zu bekämpfen und Michael zu retten. Mutter Lucy lässt sich derweil auf Rendezvous mit Max (Edward Herrmann, „Down“) ein, die ihre Kinder empfindlich stören…

„Gefährliche Jungs!“ – „Ach, die sind noch so jung. Wir waren früher genauso, hatten nur nicht soviel Geld, uns so schicke Sachen zu kaufen!“

Für „The Lost Boys“ versammelt Schumacher zahlreiche aufstrebende Jungschauspieler vor der Kamera, mit der er die Illusion kunterbunter 1980er voller Pop- und Subkultur erzeugt, vom kauzigen Alt-Hippie in Person des Großvaters über Rocker/Biker bis hin zu ganz selbstverständlich in den Straßen flanierenden Punks, über den Auftritt einer Poser-Rockband mit Saxophon und einem generell zeitgenössischen Pop-Rock-/Synth-Rock-Soundtrack, riesigen Comic-Läden und die Betonung der neunten Kunst bis hin zu den gefürchteten Frisuren jener Dekade. Schumacher verfilmte den ‘80er-Traum einer immerwährenden Strandparty, bietet ihn als Idealbild einer individualisierten, bunt durchmischten Gesellschaft an. Zum Alptraum wird all das für Michael, als er zu den die Szenerie bereits im Prolog per schönem Point-of-View-Flug überblickenden Vampiren stößt und die Handlung zu einem Paradebeispiel für juvenilen Gruppenzwang wird, für den Drang nach Zugehörigkeit und was man dafür in Kauf zu nehmen bereit ist, welche Gefahren drohen. Jedoch erscheint der Rückzugsort der Vampire zunächst weniger wie eine konkrete Bedrohung und Gegenentwurf zur Party-Promenade, sondern wie ein weiterer, zur Vielfalt beitragender subkultureller Aspekt im Gothic-Schick.

Nach seinem überaus starken ersten Drittel dominiert jedoch der komödiantische Teil. Erst nach über einer Stunde zeigt die Gruppe in Form ihres maskenbildnerisch sehr gelungenen Vampir-Antlitzes ihr wahres Gesicht und grafische Morde nehmen ihren Lauf, „The Lost Boys“ gewinnt an Härte. Parallel dazu entwickelt sich die kleine Schauerromanze zwischen Michael und Star weiter. Die wie Fledermäuse kopfüber an der Höhlendecke hängenden Vampire rücken nach Michaels voranschreitender Verwandlung wieder stark in den Fokus und ist die Jagd auf sie mithilfe der ihr Wissen aus Comics beziehenden Frog-Brüder erst einmal eröffnet, wird der Film reichlich garstig für eine Komödie. Wunderschöne Panoramen der Stadt, des Sonnenuntergangs etc. kontrastieren mit deftigen Spezialeffekten wie dem Vampirtod in einer Weihwasserbadewanne, der zu einem wahren Blutbad gerät. Ebenfalls nicht unkreativ ist die Explosion eines Blutsaugers an einer Stereoanlage. Humoristisch platt konterkariert wird diese Härte durch die Frog-Brüder in Militärkleidung und ebenfalls etwas sehr albern ist die aus einem Zufall resultierende Pfählung des Obervampirs geraten.

Tatsächlich empfinde ich den Humor des Films als seine größte Schwäche, ein durchgehend zumindest vordergründig ernsthafter Tonfall wäre mir lieber gewesen. Das Komödiantische jedoch dürfte entscheidend mitverantwortlich dafür gewesen sein, dass „The Lost Boys“ seine große Breitenwirkung erzielte. Und selten sahen die 1980er derart großartig aus wie unter Schumacher, der ein Bild davon transportiert, wie sich die Jugend sie damals gewünscht hätte und einen starken Eindruck ihres Lebensgefühls vermittelt.

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