Die deutschen Amteurfilmschaffenden sind ja nun zumeist der Ansicht, dass gute Filme gleichbedeutend sind mit herausquellenden Därmen, abgetrennten Extremitäten und dem verschwenden von hektoliterweise leuchtend rotem Kunstblut. Das ein Markt für diese Art der Filme vorhanden sein muss, ist wohl leider anzunehmen, ansonsten hätten die Herren Schnaas, Rose oder Bethmann sicherlich inzwischen einen Job in der Lebensmittelverarbeitenden Industrie, vernehmlich wohl der Fleischererzeugung, angenommen und würden den Markt nicht mit ihren Filmen überschwemmen. Wer abseits dieser Gekröse Filmchen schauen möchte, wie sich der Nachwuchs entwickelt, tut sich zumeist schwer, überhaupt etwas Ansprechendes zu finden.
Dabei haben sich zum Beispiel mit Simon und Thilo Gosejohann bereits seit einigen Jahren zwei Brüder fest in der Amateursektion festgesetzt und mit parodistischen Werken wie "Gosezilla" oder der sogar im TV zu Ehren gekommenen Superhelden Serie "Captain Cosmotic" erste Erfolge beim Publikum eingefahren. Mit der Gründung der gemeinsamen Produktionsfirma "Neverhorst Films" wurde dabei ein erster Schritt zu einem größeren Bekanntheitsgrad gemacht, der dem Brüdergespann, wie man an "Operation Dance Sensation" sehen kann, durchweg zum Vorteil gereicht. Das dynamische Bruderduo ist bekennender Filmfan und zumindest Simon durfte den Beweis seines Wissens und auch Könnens ja bereits auf dem seeligen Viva 2 Sender in einer der wohl unkonventionellsten Kinosendungen des deutschen Fernsehens, weit ab von Cinema TV Werbefilmchen, zeigen. Ruhe in Frieden "Zelluloid".
Parodistisches Ziel des Genrerundumschlags "Operation Dance Sensation" ist das patriotische US B-Action Kino der 70er und 80er Jahre, in denen sich "American Ninjas" mit "Rambo" und "Delta Force" Einheiten um die Vorherrschaft in den Videorecordern der Actionfans prügelten und Filmhelden auch mit Schnauzbart oder VoKuHiLa-Fönfrisur die Gegner reihenweise in den staubigen Boden eines zumeist kommunistischen Landes traten. Man brauchte noch keine Ausserirdischen oder gar kapitalistischen Feindbilder, der Osten, egal ob Nah oder fern bot genug Gegner um auch in Jahrzehnten noch die Videothekenumsätze in astronomisch geringe Gewinne zu treiben. Doch mit dem Ende des Kommunismus wurden die Feindbilder andere und die Film-Helden gaben nach und nach ihren Job auf. Und heute hat es schon fast etwas nostalgisches, wie gesagt fast, wenn etwa NuImage noch immer "U.S. Seals" gegen "den" Russen ins Feld ziehen lässt.
Diese Welt des herrlich einseitigen und wundervoll unkomplizierten Actionfilms haben sich Simon und Thilo, die gemeinsam das Drehbuch zu "ODS" ausgearbeitet haben, zum Vorbild genommen und sie kennen ihre Vorbilder wirklich ganz genau. Kein klischee, dass nicht aufgegriffen wird, kein Feindbild das außenvor gelassen wird. Hier treffen sie noch aufeinander, die echten Helden, wie es Jackson (Thilo Gosejohann) einer ist und die Bad Guys, die über ganze Heerscharen von Ninjas verfügen die sich in immer neuen Angriffswellen dem Helden entgegen werfen um das Gute ein für alle mal auszurotten. Da bleibt selbst der Kindergeburtstag des alleinerziehenden Helden nicht verschont von schwarz gewandeten Fiesmännern. Und eines ist klar, wo man Helden größer als das Leben hat, da können auch echte fast ebenso große Gegenspieler nicht fehlen. Atlas (Simon Gosejohann) und, stilechte mit fieser Narbe, das Mastermind Zorc (Oliver Piper) lassen keine Chance aus um es dem Helden heimzuzahlen, dass er vor 20 Jahren ihre Waffendeals mit den Vietnamesen zerschlagen hat. Perfide, wie die Bösen in solchen Filmen nun einmal sind, haben sie sich in eine örtliche Dorfdisko eingekauft und bereiten schon den nächsten Waffendeal vor. Doch vor den kriminellen Erfolg hat das Genre nun mal das Zusammentreffen mit dem Guten gestellt und das ist noch selten gut ausgegangen für die Herren abseits des Gesetzes.
Simon und Thilo Gosejohann zeigen, das sie das Genre verstanden haben, seine Struktur und Handlungsweisen aufgreifen können und durch geschickte, mal slapstickhafte mal durchaus subtile Übertreibungen gekonnt parodieren können. Ellenlange Shoot-outs dürfen dabei natürlich ebenso wenig fehlen, wie die immer wieder kehrenden direkten Konfrontationen in bester Duell Manier, die sich letztlich mit den wohl größten Superwaffen der Filmgeschichte dann auf die Spitze treiben lassen. Gefilmt mit DV Kameras unter durchweg schon als Professionell anzusehenden Bedingungen ist der Film doch durch und durch Amateur Kino. Frech, immer noch am Probieren und Austesten von Ideen und technischen Möglichkeiten gelingt es mit großem personellen und technischen Aufwand aus einem kleinen Budget das Maximum zu erzielen. Dabei hat man nie den Eindruck, dass sich die Beiden ausschließlich über das Genre, seine Identifikationspunkt und Figuren lustig machen wollen, vielmehr ist "ODS" eine liebevolle, augenzwinkernde Remenisszenz an eine Art Film, die man entweder liebt oder auf Grund ihrer einfachen Strickart und schablonenhaften Gleichförmigkeit verdammt. Ein Film von Fans für Fans, die begriffen haben, dass man auch lieb gewonnene Dinge mit Humor und Spaß sehen kann.
Dabei geben sie sich weder auf inszenatorischer noch auf technischer Seite eine Blöße, sondern zeigen wie weit man mit Talent und dem eifrigen Studieren der Vorbilder kommen kann. Insbesondere die herrlich überzogenen Actioneinlagen, die zumeist alles andere als zimperlich sind, wissen zu gefallen. Dazu kommen etliche skurrile Einfälle, wie etwa der finale Tanzwettbewerb, der natürlich stilecht von eigens komponierten und geschrieben Song, der dann endgültig die Brücke vom 70er Jahre Discotrash zum 80er Jahre Actiongenre schlägt.
Letztlich ist "Operation Dance Sensation" zu gleichen Teilen Liebeserklärung und überspitzte Parodie auf 2 Jahrzehnte stilbildendes Hollywood Kino. Das muss man nicht lustig finden, aber wenn man sich nur ein bisschen im Genrekino auskennt wird man sicherlich eine Menge guten, albernen Spaß haben. So, meine Herren Schnaas, Rose und wie sie alle heißen, kann deutsches Amateurkino auf dem Weg hin zur (Semi-) Professionalität auch aussehen, dass haben wohl auch Anke Engelke und Arzt Bela B. Felsenheimer erkannt, die sich hier die Ehre geben und ebenfalls großen Mut zur Selbstparodie beweisen.
Die Gosejohanns haben meinen Respekt. 9 von 10 Punkten.