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Es hört sich schon nach den Farrellys an, doch, das muss man sagen. Zwei aneinander gekettete Menschen mit unterschiedlichen Interessen, die das Beste aus ihrer Situation machen... diese Kurzbeschreibung könnte beispielsweise auch auf “Dumm & Dümmer” zutreffen. Dass es sich letzten Endes um einen der schwächeren Filme der Brüder handelt, wird eigentlich erst lange nach dem Abspann deutlich, wenn man etwas über ihn nachgedacht hat.

Von allen bösen Worten aus den Kritikermündern befreit, kann man nämlich durchaus zwei schöne Stündchen in der gemütlichen Mitte der Gebrüder Bob (Matt Damon) und Walt (Greg Kinnear) verbringen. Die Farrelly-Atmosphäre ist ganz klar zu spüren: Kleinstädte mit seltsamen Anwandlungen ihrer Bewohner, gegen den Strich gecastete Stars (Cher) mit geradezu erschreckenden Verhaltensweisen, die Profanisierung von Verrücktem. Kurz: jede Menge davon, was die Amis “weird” nennen, transferiert in die Normalität. Ganz simpel, locker, einfach, so als gäbe es gar nix zu transferieren, sondern als wäre es eine ganz normale Geschichte.

Die Hauptdarsteller lassen in ihrer absurden Erscheinungsform ziemlich Derbes vermuten. Ich für meinen Teil war jedenfalls immer ziemlich überrascht, als die ersten Kritiken verlauten ließen, dass “Unzertrennlich” der handzahmste aller Farrellys sei, wo doch alleine das Auftreten von Damon und Kinnear, so mit dem Hautlappen zwischen ihnen, schon so krass wirkte. Und das hat nicht einmal mit der sozialen Komponente zu tun, es ist einfach eine Sache der Inszenierung: Während in Dramen mit ähnlicher Thematik der Fokus auf die menschliche Komponente gelegt wird, damit man als Zuschauer die äußere Erscheinungsform vergisst, wird die Behinderung der beiden Hauptdarsteller in diesem Film konsequent in den Vordergrund gepresst und zur alleinigen Zielscheibe der Slapstick-Comedy gemacht. Unterstützt von den grimassierenden Gesichtern von Damon und Kinnear ergibt das jene typische Farrelly-Ausgangslage, bereit für deftige Zoten unter der Gürtellinie, die aber irgendwie doch immer treffen.

Wenn nun in den Kritiken von Harmlosigkeit gesprochen wird, dann sind damit scheinbar die Gags gemeint, die das Potenzial der pfeffrigen Ausgangslage bei weitem nicht ausnutzen; da hätte man mehr erwarten können, zumindest bei einem Film, der Slapstick als oberstes Ziel ausgerufen hat. Und werfen wir noch einen verstohlenen Blick auf das absurde Pärchen - absurd auch gerade durch die optischen Unterschiede zwischen den beiden Hauptdarstellern - dann muss man sich einfach eingestehen, dass dies hier ein Slapstick-Film werden sollte. Und was das betrifft, zeigen sich die Farrellys unglaublich einfallslos. Die Bustür klappt zu und Bob hängt außerhalb des fahrenden Busses, Walt drinnen. Perfide! Bob verschweigt seiner neuen Freundin, dass er mit seinem Bruder verbunden ist und stellt ihn als Anhängsel vor, das seinem Fleisch und Blut nie von der Seite weicht. Genial! Also nö, das haben wir schon origineller und vor allem bissiger gesehen. Einzig auf dem Polizeirevier blitzt mal die alte Klasse auf, offengründig saudumme und platte Gags mit richtigem Witz zu füllen, so wie es bei Harry und Lloyd, den Dummbratzen vom Dienst, in einer Reihe der Fall war. Aber sonst... Fehlanzeige.

Was die Auseinandersetzung mit dem Thema Behinderungen und ihre Akzeptanz in der Gesellschaft betrifft, ist der Film zu inkonsequent und kann sich nicht entscheiden, ob er nun eine Aussage tätigen will oder nicht. Im Restaurant wird ein Gast, der einen geistig behinderten Kellner als Freak bezeichnet, selbst zum Freak abgestempelt, Eva Mendez wird bei ihrem ersten Auftritt von der Kamera genau beobachtet, wie sie auf Bob und Walt reagiert, und die Werbung für ein Produkt namens “Double”-Irgendwas nimmt die Zwillinge auch erst dann unter Vertrag, als sie durch die TV-Serie von Cher bereits berühmt geworden sind. Sonst aber wird die Problematik rein technisch angegangen und so gut wie gar nicht gesellschaftskritisch. Am Ende des Films fühlt man sich tatsächlich wie einer der Brüder, aber die Identifikation erfolgt nicht über ihre soziale Ausgrenzung, sondern wirklich über die rein biologische Beschaffenheit, einen Bruder an der Seite zu haben. Man überlegt, wie es wäre, sein komplettes Leben mit einem Menschen zu teilen - nicht, mit welchen gesellschaftlichen Problemen man zu kämpfen hätte. Man überlegt, wie es sich anfühlen würde, der rechte bzw. linke Teil eines Ganzen zu sein anstatt das Ganze selbst; - nicht, ob andere Menschen das siamesische Zwillingspaar nun als eine Person sehen oder als zwei. Und da stellt sich die Frage: Fern der sozialen Komponente, hat dieser Film in der Form wirklich seine Daseinsberechtigung, wenn er einfach nur das biologische Gefühl vermitteln will, wie es wäre, Teil eines zusammengewachsenen Zwillingspaars zu sein? In einem normalen Farrelly-Film, in dem auch die Witze alle zünden, würde die Antwort ganz klar “ja” lauten; hier jedoch muss man grübeln.

Verlass ist dagegen darauf, dass der Film niemals auf die schnulzige Gefühlsschiene abdriftet, und genau das gewährt ihm doch noch genug Unterhaltungswert und damit auch seine Daseinsberechtigung. Exemplarisch dafür ist der kompromisslose Einbau von Cher, die seit ihrer einfühlsamen Rolle in “Die Maske” das Idol gesellschaftlicher Außenseiter aller erdenklichen Formen ist. Hier spielt sie sich selbst - vollkommen gegen ihren eigenen Mythos. Mir sind die Hintergründe für die Annahme der Rolle nicht bekannt, aber ich finde es schon unglaublich und auch ein wenig bewundernswert, dass sie sich darauf eingelassen hat. Wenn ihr Agent im Film nach dem Besuch der Zwillinge andächtig bemerkt “Da wird einem das Weltbild wieder zurechtgerückt”, und sie äfft ihn in einem unausstehlich zickigen Ton nach, da läuft schon ein kalter Schwall über den Zuschauer. Und die Farrellys beweisen Mut und Stärke: Jener Ersteindruck wird den kompletten Film über nicht mehr richtig korrigiert. Cher bleibt in dem Film tatsächlich die selbstbezogene Diva, die das Zwillingspaar ganz kommerziell ausnutzt für ihre egoistischen Zwecke. Sollte man doch annehmen, dass sich irgendwann, und sei es nur in der Schlussszene, wieder alles ins rechte Licht biegt und Friede, Freude, Eierkuchen herrscht... nope, da werden endlich mal alle Erwartungen erfüllt, auf die Carrey-Fans in dessen Filmen (“Der Dummschwätzer”, “Bruce Allmächtig”) oft vergeblich warten, wenn er denn nicht auch gerade zufällig in einem Farrelly-Film mitspielt (“Ich, Beide & Sie”).

Auch Eva Mendez gliedert sich da gut ein. Ich sehe sie nicht besonders gerne in Filmen und hatte schon Bedenken, dass sie den Film zu einer unerträglichen Liebes-Dreiecks-Schwarte aufblähen würde, aber statt dessen spielt sie ein oberflächliches Hollywood-Starlet - komplett was anderes, als man hätte befürchten können. Denn sie gliedert sich erfreulicherweise vollkommen unemotional in den Plot ein und ist am Ende sogar fast so etwas wie Walts Freundin, ohne dass man das irgendwie so richtig mitgekriegt hätte. Die befürchtete Rolle gibt es dann doch, und zwar wird sie von Wen Yann Shih ausgefüllt, die Bobs Freundin spielt. Zwar tut sie dies zuckersüß und sympathisch, aber der ganze Subplot um das Kennenlernen von Bob und May (Shih) ist einer der Schwachpunkte des Films, was aber zu verschmerzen ist, weil er nicht zum Hauptaufhänger gemacht wird.

Letzten Endes bleibt es bei den mäßigen Gags hängen. Die schwebende Ziellosigkeit war schon immer ein “Problem” der Farrelly-Werke, welches aber durch die guten Gags stets positiv gedreht werden konnte. Hier fehlen die Gags bzw. sind viel zu zahm, um die Schwächen effektiv in Stärken umzuwandeln. Das Fade Off mit schwarzem Bildschirm und “Directed by Peter and Bobby Farrelly” kommt trotz der für eine Komödie überdurchschnittlichen Laufzeit ganz abrupt und unerwartet, denn ein Ziel ist so recht nie zu erkennen. “Unzertrennlich” ist ein Roadmovie ohne Zielort, und Bob und Walt sind die Protagonisten, die wie aneinander geklebte Hühner über den Hof rennen, sich auseinanderreißen, in entgegengesetzte Richtungen watscheln, ihre Wege kreuzen und sich schließlich wieder aneinanderpappen. Man sieht zu und weiß nicht, zu welchem Zweck; vermutlich aber deswegen, weil die unverwechselbare Farrelly-Atmosphäre immer noch da ist und der unkonventionelle Verzicht auf politische Korrektheit nach wie vor erkennbar ist und fasziniert.

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