Review

Das Skript des Drehbuchautoren Zak Penn („X2“, „Elektra“) wurde ganze sieben Jahre durch die Studios Hollywoods gereicht und obwohl sich Leinwandgrößen wie Sylvester Stallone („First Blood“, „Cliffhanger“), Tom Cruise („Top Gun“, „Collateral“) oder Ben Affleck („Armageddon“, „Pearl Harbor“) für das Material interessierten, fand eine Realisierung nicht statt. Schließlich nahm sich Tom Cruises Produktionsfirma Cruise/Wagner Productions, die bekanntlich abseits seiner Filme auch für Low-Budget-Knüller wie „Narc“ zu haben ist, des Stoffes an und ließ ihn von Arthouse-Regisseur E. Elias Merhige („Shadow of the Vampire“) inszenieren. Letztlich wollte den Film aber in Amerika kaum jemand sehen, was wenig später auch hier zu einer stark limitierten Kinoauswertung führte.

Eigentlich schade, denn „Suspect Zero“ haftet eine ordentliche Portion Unkonventionalität an und die genoss in den letzten Jahren bekanntlich Seltenheitswert. Die Jagd auf den Serienkiller Benjamin O’Ryan („Gandhi“, „Species“) wird von E. Elias Merhige sehr kreativ umgesetzt. Seine innovativen Perspektiven der Opening Scene behält er später leider nicht bei, aber der Film lebt von seiner schwülen, hitzigen Atmosphäre inmitten der Wüstenlandschaft Neu Mexikos, von seiner inneren Ruhe und von seinen Charakteren. E. Elias Merhige ist kein Hektiker, weswegen hier auch keine halsbrecherischen Verfolgungsjagden oder tödliche Duelle ausgefochten werden. Mit Sorgfalt konzentriert er sich auf die Ermittlungen und die daran teilnehmenden Charaktere, verpackt den ganzen Film in Farbfilter und kreiert eine, wenn auch nichts stets düstere, dafür aber sehr bedrückende Atmosphäre.

Diese visuelle Kreativität hat der Film auch bitter nötig, denn abseits seines faszinierenden Killers offenbart „Suspect Zero“ zu deutlich seine inhaltlichen Schwächen. In den ersten 30 Minuten fühlt man sich trotz des immens starken Auftakts weitestgehend vom Drehbuch im Stich gelassen. Der aufgrund seiner illegalen Vorgehensweise (Was wir erst später erfahren..) in ein abgelegenes Nest zwangsversetzte FBI-Agent Thomas Mackelway (Aaron Eckhart, „The Core“, „Paycheck“) findet sich seufzend mit seiner neuen Position zurecht, hadert mit einem ihm nicht sonderlich wohlgesonnenen Vorgesetzten und wird schließlich, als er eins von O’Ryans Opfer entdeckt, auf dessen Spur gebracht. Bevor die Ermittlungen aber wirklich beginnen wird die im weiteren Filmverlauf nur sporadisch auftauchende und im Kontext völlig funktionslose FBI-Agentin Fran Kulok (Carrie-Anne Moss, „The Matrix“, „Memento“), Thomas Ex, eingebracht.

Ben Kingsley ist es, der in Folge den Film am Laufen hält, denn die Ermittlungen selbst erweisen sich als erstaunlich dröge und einfallslos. Mag damit zusammenhängen, dass man schon leider aus fast jeder Inhaltsangabe weiß, auf wen O’Ryan es abgesehen hat und aus welchem Grund. Das Durchsuchen düsterer Kellerräume, die Sicherung von Indizien, entstellten Leichen, rätselhaften Zeichnungen, Faxen und neue Hintergrundinformationen über Mackelway bringen den Film nicht voran. Dramaturgisch steckt „Suspect Zero“ in der Filmmitte vollkommen fest und es dauert einfach zu lange, bis er sich wieder losstrampeln kann. Vor dem totalen Stillstand bewahrt ihn nur Ben Kingsley, den ich seit Jahren schon nicht mehr so gut gesehen habe, mit einer sehr konzentrierten Performance des tragischen, oft sehr energisch und wütend auf seine Opfer reagierenden und dann wieder in Verzweiflung versinkenden Soziopathen Benjamin O’Ryan. Der hat ein angeborenes, nun ausgebildetes Talent: das Remote-Viewing. Mithilfe akustischer Stimulation gewinnt er nahezu hellseherische Fähigkeiten und nutzt diese dann auch. Sein Ziel: Den Suspect Zero, den Verdächtigen 0, zu fangen, einen Serienkiller, der ohne wiederholende Merkmale tötet.
Schade, dass die Hintergründe dieses geheimen Projekts selbst dann nur leider kurz angerissen werden.
Weder der zwar bemühte aber blasse und keinesfalls seine Obsession dem Publikum nah bringende Aaron Eckhart, der inzwischen wohl mit traumwandlerischer Sicherheit in Flops anheuert, noch die unterbeschäftigte und gelangweilte Carrie-Anne Moss, in ihrer ersten Rolle nach Beendigung der „Matrix“ – Trilogie, haben dem etwas entgegenzusetzen.

Mehr über den Inhalt zu verraten, würde den Filmspaß zerstören, nur soviel sei verraten, zwischen dem geköderten Mackelway und O’Ryan besteht eine Verbindung und das Geheimnis des Killers wird letztlich auch aufgeklärt. Leider gehört der Aufbau von Nervenkitzel nicht zu Merhiges Fähigkeiten, denn so bedrohlich und bedrückend seine Bilder auch sind, die rechte Spannung will nicht aufkommen. Selbst zum tödlichen Showdown in der Wüste, der in seiner Konstellation dann doch ein wenig an „Se7en“ erinnert, fällt ihm nicht viel ein.


Fazit:
Leider wurde hier die Möglichkeit verschenkt frischen Wind ins Genre zu bringen. „Suspect Zero“ krankt trotz seines interessanten Ansatzes, der jeder „Akte X“ – Folge zur Ehre gereicht hätte, an seinem kaum vorhandenen Spannungsbogen und fehlender Dramaturgie. Ben Kingsley ist wie erwartet top und optisch ist Merhiges atmosphärische Inszenierung auch ein Hit, für den großen Wurf reicht es hier aber bei weitem nicht. Dafür müsste auch ein weitaus bessere Skript, das beispielsweise Moss Charakter in irgendeiner Art und Weise sinnvoll einbaut, her.

Details
Ähnliche Filme