Da saßen wir also. Dezember 2003, ein Kinosaal, Mitternacht. Zuvor gab es im gleichen Saal um 16:00 Uhr „Die Gefährten“, um 20:00 Uhr „Die zwei Türme“ und nun den großen Abschluss der Verfilmung von Tolkiens Geschichte um einen kleinen Ring, der doch so große Auswirkungen auf die Welt von Mittelerde hatte und drohte, sie in eine immerwährende Finsternis zu schicken.
Frodo, Sam und Gollum schlagen sich weiter nach Mordor durch gen Schicksalsberg und Sauron schickt seine Streitmacht Richtung Minas Tirith. Das Finale steht bevor, alles wird zu Ende gehen – doch zu Beginn wirft Regisseur Peter Jackson einen Rückblick auf eine der Figuren und wie sie zu dem wurde, was wir im Vorgänger schon von ihr gesehen haben. Und so wie Sméagol dem Ring verfällt, so taten es schon andere und wieder wird die Dringlichkeit der Unternehmung, der Zerstörung, bewusst.
Es nimmt das dritte Kapitel seinen Lauf, führt wieder an neue Orte wie die Stadt Minas Tirith, die immer im drohenden Schatten Mordors steht. Dunkle Wolken tauchen die Welt dort mehr und mehr in Finsternis. Der Ton ist düsterer, immer wieder bricht sich Hoffnungslosigkeit Bahn in diesem finalen Part der Trilogie, steigert sich das Drama und die Gefahr. Ja, da ist Pathos, man spielt die große Klaviatur der Emotionen, geradezu opernhaft überzeichnet. Doch passt das in diese Welt, die Geschichte und die Inszenierung, sodass es trotz dieser Überzeichnung nie ins Lächerliche kippt. Hier kulminiert alles, es gibt viele denkwürdige Szenen und mehr als einmal generiert das Gesehene Gänsehaut und mehr als einmal schießen mir in diesem abschließenden Film die Tränen in die Augen.
Sei es die Schlacht auf dem Pelennor, der Weg von Frodo und Sam nach und durch Mordor, das Schicksal manch liebgewonnener Figur. Jackson fährt einfach nochmal richtig auf und beschert mit „Die Rückkehr des Königs“ den aufwühlendsten Teil der Filmreihe. Die Änderungen zur Buchvorlage sind wieder zahlreich, das mag man kritisieren gerade im Hinblick auf manche Figurenkonstellation. Doch wie schon zuvor erwähnt, für die Dramaturgie eines Films sind die Änderungen durchaus nachvollziehbar. Und warum die Diskussion über die Adler Mumpitz ist, kann man sich leicht selber zusammensuchen.
Der manchmal kritisierte lange Epilog, die Abschiede, all dies bildet für mich ein würdevolles Ende, bedenkt man die Reise, ihre Dauer (die leider in den Filmen nicht so wirklich rüberkommt) und was die Figuren durchgemacht haben. Mögen die äußeren Wunden auch heilen, im Inneren vermag dies nicht geschehen. Nach so vielen Stunden braucht es einfach einen emotionalen Abschluss und den liefert Jackson hier ab – dem Anlass angemessen.
Viele Figuren hat man inzwischen kennengelernt und wieder kommen ein paar hinzu. Richtig schön mies ist dabei John Noble als Truchsess Denethor, doch auch der Auftritt von Bruce Spence als Saurons Mund bleibt in Erinnerung – sofern man die Extended Edition schaut, die auch hier wieder die bessere Wahl darstellt. In dieser wird auch auf Sarumans Schicksal sehr viel anschaulicher eingegangen und überhaupt sind es wieder die vielen zusätzlichen, manchmal auch nur kurzen Szenen, die das Abenteuer eine ganze Ecke runder machen. Und natürlich hat Jackson selbst auch wieder einen Auftritt.
Ein Extraherz gibt es für Sam. Sean Astin spielt durch die gesamte Trilogie hindurch den Begleiter Frodos mit so viel Herz, als Inbegriff von Loyalität und Freundschaft und als emotionale Stütze seines Herrn und auch dieses Werkes selbst, dass ich jedes Mal besonders mit ihm leide oder mich freue.
Eine runde Sache ist auch wieder Howard Shores Soundtrack. Nicht nur schwingt dieser sich wieder durch seine Leitmotive und die generell sehr gelungene Untermalung in eigene Sphären auf, er präsentiert dieses mal auch diverse Lieder. Gesungen von den Darstellern bleibt das von Billy Boyd vorgetragene Stück in Erinnerung, eine der vielen atmosphärischen Szenen, die der dritte Film zu bieten hat. Dies trägt den vielen Gedichten und niedergeschriebenen Liedern Rechnung, die Tolkien in seiner Buchvorlage untergebracht hat.
Auch visuell wird wieder was geboten, natürlich gibt es wieder einiges von Neuseelands Landschaft zu sehen, auch erwartbar effektreich ist der finale Eintrag geraten. Dabei ist das Ganze auch wieder überwiegend großartig anzusehen, die Mischung aus realen Sets, Miniaturen und Effekten aus dem Rechner funktioniert meist. Und wenn mal das CGI hakt, macht es ob der Größe des ganzen Projekts wenigstens nichts kaputt.
Inszenatorisch baut Jackson diese ganze Saga so gut auf, konstruiert eine immer wieder neu entflammte Neugier. Viele Szenen zeigen oder erklären ein bisschen von dem, was später noch wichtig wird, erhalten so das Interesse auf das, was kommt. Dieser Aufbau zieht sich durch die Trilogie und macht es so einfach, ihr folgen zu wollen. Denn trotz der langen Laufzeit kommt es zu so gut wie keinen Leerstellen. Vielleicht in Teil zwei hie und da mit den Ents. Und bei dem Schlachtgetümmel mag es ab und an etwas unübersichtlich werden, mittendrin statt nur dabei war hier wohl das Motto.
Aber es bleibt eine anerkennenswerte Leistung, die Bücher auf ein Skript einzudampfen, das als Film so gut funktioniert und den Wechsel von einem Medium ins andere so gelungen erscheinen lässt. Dazu gehört auch, bei allem Schlachtengetümmel, bei allen großen Szenen: die Filme vergessen nie den wahren zentralen Punkt – und das sind die Figuren.
Jackson ist mit der Verfilmung von Tolkiens Opus magnum sein eigenes gelungen. Dieses Epos, literarisch und dann auch filmisch, ist Teil der Popkultur, wurde mit Preisen überhäuft und bleibt bis heute die Messlatte für das Fantasygenre. Alles wirkt aus einem Guss und man merkt, dass die Filme quasi am Stück gedreht wurden und genauso so wirken sie auch – wie ein einziger großer Film, eine Geschichte, stilistisch wunderbar kohärent. Der immense Aufwand, der zur Herstellung betrieben wurde, kann in sehenswerten Making Ofs bestaunt werden, Jahre der Vorbereitung, des Filmens und Bearbeitens. Ein fulminanter Cast, ein Monstrum an Ausstattung, Requisiten, Statisten, visueller und musikalischer Handwerkskunst – kurzum: ein Ereignis.
„Der Herr der Ringe“ ist ein Epos für die Leinwand, ein immer wieder mitreißendes, begeisterndes Spektakel. Ein Meisterwerk.