Review

In den Achtzigern etablierte sich Steven E. de Souza mit Drehbüchern zu Filmen wie „Commando“ oder den ersten beiden Teilen von „48 Hrs.“ und „Die Hard“ neben Shane Black („Lethal Weapon“) als Hollywoods Skriptschreiber-Speerspitze des Action-Genres. Aufgrund der Flops „Hudson Hawk“ und „Beverly Hills Cop 3“ geriet er Anfang der Neunziger jedoch ins Straucheln, bevor er ´94 mit der homogenen Katastrophe „Street Fighter“, bei welcher er zudem Regie führte, seinen Ruf vollends schädigte. Im folgenden Jahr blieb „Judge Dredd“ ebenfalls hinter den Erwartungen zurück, 1998 lieferte er erneut die Vorlage für einen van Damme Flop, nämlich den Nonsens „Knock Off“, worauf er bis 2003 ausschließlich fürs TV arbeitete (zB im Rahmen der Serie „Adventure Inc.“) – doch auch „Tomb Raider 2“ entpuppte sich als gewichtige Box Office Enttäuschung.

Nun also liegt „Blast!“ (´04) vor, eine „Direct to Video“-Variante seines eigenen „Die Hard“-Schemas – aber „schlimmer“ noch: Als Story-Vorlage diente das Drehbuch des Films „Operation Noah“ (´98, von Achim Bornhak mit Uwe Ochsenknecht in der Hauptrolle), was dieses Projekt offiziell zu einem US-Remake eines unbekannten deutschen TV-Streifens macht … und wenn der Zuschauer dann gleich in den Eröffnungsminuten mit einigen eingefügten Momenten aus „Backdraft“ sowie dem Auftauchen von Hannes Jaenicke, Shaggy und einem eine langhaarige Perücke tragenden Vinnie Jones als Öko-Aktivist konfrontiert wird, schleicht sich doch ein mulmiges Gefühl ein, zumal ja noch zwei Komiker (Eddie Griffin & Breckin Meyer) die eigentlichen Hauptrollen spielen. Zu diesem Zeitpunkt der Sichtung gingen mir unweigerlich die Fragen durch den Kopf, ob es de Souza im Verlauf wohl gelingt, der 08/15-Handlung aufgrund seiner langjährigen Erfahrung interessante Elemente hinzuzufügen, und/oder ob Regisseur Anthony Hickox mit der von ihm gewohnten Inszenierungsweise (modern, rasant, nett anzusehen) wenigstens ansehnlich auf jenem Gebiet punkten kann…?

Begleitet von energischen Protesten einer Umweltschutz-Gruppierung, soll eine Ölbohrinsel vor der kalifornischen Küste vom Schlepperkapitän Lamont Dixon (Griffin) und seiner Crew (u.a. Shaggy) im Auftrag des Firmenchefs (Jaenicke) in Position gebracht werden. Als das ihnen folgende Boot der Öko-Aktivisten jedoch aufgrund eines Unfalls in Brand gerät, werden die Schiffsbrüchigen auf die Plattform in Sicherheit gebracht – es stellt sich aber schnell heraus, dass die Gruppe um Michael Kittridge (Jones) in Wahrheit aus Terroristen besteht, welche das Objekt sogleich unter Waffengewalt übernimmt. Während das FBI (vertreten durch Vivica A.Fox) darüber rätselt, was die ganze Aktion eigentlich bezwecken soll, bereiten Kittridge und seine Leute (u.a. Nadine Velazquez, „Tiny“ Lister und Regisseur Hickox bei seinem Standard-Cameo) den Abschuss einer elektromagnetischen Waffe zur Verschleierung ihres eigentlichen Ziels vor. Es liegt nun an Lamont, welcher der Gefangennahme entgehen konnte, die Terroristen auszuschalten sowie seinen Ziehsohn Eric (N.Andrews) mitsamt des Tages und der Geiseln zu retten. Unerwartete Hilfe erhält er dabei vom Hacker Jamal (Meyer), welcher eigentlich zur Gegenseite gehört…

Ursprünglich vor einigen Jahren als Big Budget Kinofilm mit Griffin und LL Cool J in den Hauptrollen geplant, erinnert diese (inzwischen zu einer „DTV“-Angelegenheit herunterkonzipierte) Co-Produktion aus Deutschland, den USA und Südafrika aufgrund etlicher Gegebenheiten im Endeffekt eher an „Half Past Dead“ als an „Die Hard“: Eine Menge deutsches Kapital war im Spiel, weshalb Hannes Jaenicke (wie schon im Seagal-Streifen) mitwirken durfte, der Held agiert nicht auf sich allein gestellt, sondern zusammen mit einem Partner, einer der „Guten“ ist ein undercover tätiger FBI-Agent, in den Reihen der „Bösen“ befindet sich eine hübsche, Kampf-erfahrene Dame (damals Nia Peeples, nun Velazquez), welche Lederklamotten und eine (proportional fast schon übertrieben) große Waffe trägt sowie im Zweikampf mit dem weniger gut ausgebildeten der beiden Helden (Ja Rule/Meyer) ihre akrobatischen bzw Martial Arts Fähigkeiten unter Beweis stellen darf. Außerdem ist „Blast!“ ähnlich „blutleer“ (sprich: harmlos) ausgefallen, denn obwohl die Action gut über den Verlauf verteilt wurde, verzichtete man auf etwaige Härten (wie etwa blutige Einschüsse oder „unschöne“ Details) – und trotzdem bekommt man (ebenfalls) reichlich Zweikämpfe, Shoot-Outs sowie Explosionen (inklusive durch die Luft fliegender Menschen) geboten.

Hauptdarsteller Eddie Griffin („Scary Movie 3“) konnte ich eigentlich noch nie leiden – außer in der Parodie „Undercover Brother“, was aber eher an der Konzeption seiner Rolle lag. In den ersten 15 Minuten strapazierte er auch hier gehörig meine Nerven in Form von Albereien mit der Crew sowie seinem Pflegekind (Nicky Andrews, der im wirklichen Leben eine geradezu irritierende Cartoonstimme besitzt), bevor die Handlung in den Action-Teil überging und nur noch (zumeist gelungene) One-Liner zum Tragen kamen. An sich macht er seine Sache recht gut, selbst wenn er nicht den typischen Willis-Ersatz repräsentiert (vielleicht gerade deshalb). Ihm zur Seite steht Breckin Meyer („Road Trip“), der sich nach Kater „Garfield“ nun mit Terroristen herumschlagen muss. Wie immer agiert er sympathisch und behauptet sich gar ganz passabel in physischen Szenen angesichts der Ausrichtung seiner Figur (also keine Kämpfergestalt, sondern nur ein Computerexperte mit wenigen Erfahrungen auf diesem Gebiet). Die Show stiehlt allerdings erneut Ex-Fußballspieler Vinnie Jones (“Snatch“/“Swordfish“), der den Villain mit der Kaltschnäuzigkeit einer britischen Bulldogge verkörpert, was ihn (in Kombination mit seinem markanten Akzent, der körperlichen Erscheinung sowie den ihm von Skript in den Mund gelegten lässigen Äußerungen) für mich zum eigentlichen Star des Films werden ließ (also im Endeffekt genauso wie in „Submerged“). Während die meisten anderen Beteiligten, beispielsweise Jaenicke („Bandits“) oder Blickfang Nadine Velazquez („Biker Boyz“), ihre Parts routiniert über die Zeit bringen, fällt eigentlich nur die gelangweilt wirkende Vivica A.Fox („Set if Off“) nicht ganz so positiv ins Auge, was aber daran liegt, dass sie nicht einmal ansatzweise gefordert wird. Eine weitere (negative) Auffälligkeit bezieht sich auf Tom „Tiny“ Lister, dessen Stimme man in der Originalversion allem Anschein nach (ähnlich wie jüngst öfters bei Seagal) nachvertont hat (was bei einer derart markanten Tonlage besonders auffällt) – zudem verschwindet er noch unauffälliger aus der Handlung als Jon Bon Jovi in „U-571“…

Kommen wir nun zu meinen beiden Ausgangsfragen: „Nicht unbedingt“ und „ja“ lauten die Antworten. Autor de Souza ist zugleich Fluch und Segen für „Blast!“ – zwar stückelt er ausschließlich (eigene und fremde) Genre-Versatzstücke aneinander (neben den genannten kennt man etwa eine Feuerwehr-Vergangenheit bereits aus „Sudden Death“ sowie die Positionierung eines Verräters in den Reihen des FBI von fast allen Aufarbeitungen dieser Art), was seiner Leistung irgendwie den Charakter einer eher lustlosen Auftragsarbeit verleiht, doch trotzdem gelingt es ihm mit dem Hinzufügen knackiger Sprüche oder origineller Momente, das Gesamtbild vor der Belanglosigkeit zu bewahren. Zu letzteren Elementen kann man einen Fallrückzieher mit einer Handgranate oder den Sprengstofftest eines Hintermannes mit einem Obdachlosen zählen, zu ersteren etliche amüsante Dialoge (wie “Who are you? Special Ops?“/“No. Ex Navy SEALs.“/“Really?“/“Neah - that´s Steven Seagal…“) und treffende One-liner („We´re taking your rig - it´s George Bush time!“). Ferner fügt de Souza noch einige bizarre Ideen hinzu, beispielsweise das Aufbewahren einer Waffe in einem Topf voller Spaghetti – oder: Als Lamont seinen bewusstlosen Ziehsohn aus der Krankenstation befreit, legt er ihn auf einer Art Floß innerhalb des Plattformfußes ab und lässt ihn dort auf dem Wasser treibend zurück (er bezeichnet den Ort als „sicher“, doch meiner Meinung nach wäre eine Abstellkammer vermutlich die bessere Wahl gewesen). Der Begriff „originell“ kommt dabei trotzdem nicht in den Sinn (Zeitpunkt der Operation ist gar erneut Weihnachten), denn die Ansätze ragen letztendlich nicht wirklich aus der Vielzahl der „Die Hard“-Variationen heraus. Vielleicht wurden einige von ihnen gar während des Drehs erst gestrichen/verändert, denn in einer Szene bereiten die Terroristen beispielsweise zwei „Escape Pods“ (Mini-U-Boote) vor, welche dann aber nie wieder Erwähnung finden.

An einer Stelle fragen sich die Verantwortlichen, woher die Terroristen die Vorgehensweise der Einsatzkräfte so genau kennen – vermutlich haben sie sich zuvor einfach „the Rock“ angesehen, denn dort ging man die Sache ebenfalls anfangs mit einer Spezialeinheit, später in Form eines gezielten Luftschlags an. Apropos „F-14“-Verwendung: Jene Mission wird von „Maverick“ himself geflogen! Wirklich! Auf der Maschine ist ganz klar sein Name sowie „Lt. Pete Mitchell“ unterhalb des Cockpits zu lesen – und wenn man zusätzlich auf den Hintergrund achtet, wird man zudem Michael Ironsides Jet erkennen, genauso wie einige schwarze russische Abfangjäger, welche allesamt rein gar nichts in den Szenen zu suchen haben…Stock Footage Alarm! Zum Glück hält sich diese Unart in Grenzen: Zwar ist das „Top Gun“-Material wahrlich ungeschickt verwendet worden, doch immer nur in ganz kurz eingefügten Einstellungen, was auch für die flüchtigen „Backdraft“-Momente in Lamonts Rückblenden gilt. Ärgerlich ja, doch für den „normalen“ Zuschauer wohl fern von störend oder erkennbar.

Anthony Hickox („Full Eclipse“) beweist hier erneut, dass er ein fähiger Action-Regisseur ist, der handwerklich saubere Arbeit angesichts geringer Budgets abzuliefern vermag. Seinem Stil (Einsatz von diversen Farbfiltern, cooler Kameraarbeit, Slow- und Fast-Motion etc) bleibt er, quasi als B-Film-Pendant eines Michael Bay oder Tony Scott, jedenfalls treu, unterlegt alles mit dynamischen Musikeinspielungen und erweckt so den Eindruck einer wirklich hochwertigen Produktion. Zwar fehlt es den ersten 20 Minuten etwas an Rasanz, doch im Anschluss folgt eine angenehme, wenn auch nicht perfekte Dichte an Action, welche etwa zur Halbzeit in einem groß angelegten Feuergefecht zwischen Terroristen und den „S.E.A.L.s“ ihren Höhepunkt findet. Der Vergleich mit seinem Nachfolgewerk „Submerged“ endet in meinen Augen unentschieden, denn obwohl jener härter und abwechslungsreicher daherkommt, punktet „Blast!“ mit der auflockernden humoristische Note sowie einer saubereren Inszenierung (die Optik ist nicht ganz so „flashy“, die F/X (zB ein Helikopter oder eine Rakete) sind deutlich überzeugender als diverse Totalausfälle (Stichwort: Drohne, Hintergrundprojektion) im Seagal Streifen). Beide Filme sind wahrlich keine Meisterwerke – allerdings durchaus gelungene Genre-Beiträge.

Fazit: „Blast!“ ist eine unterhaltsame, wenn auch nicht sonderlich originelle „Stirb Langsam“-Variante, aus welcher vor allem Vinnie Jones und Regisseur Hickoxs Umsetzung positiv herausragen – ideal für zwischendurch, sofern man seine Erwartungen nicht allzu hoch ansetzt … 6 von 10.

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