Review

Wer sich für Anthony Hickox („Hellraiser III: Hell on Earth“, „Storm Catcher“) kürzlich erschienenes Bravourstück „Submerged“ begeistern konnte, dem sei hiermit auch „Blast!“ empfohlen. Der schon letztes Jahr fertiggestellte Film hat bisher zwar nur eine Veröffentlichung in Europas Norden erfahren, ist qualitativ jedoch nicht weit von Hickox aktuellstem Werk entfernt. Damit wird auch er zur Pflicht für die B-Action-Gemeinde.
„Blast!“ ist interessanterweise zum Großteil eine deutsche Angelegenheit, denn die Grundidee wurde bereits 1998 in der relativ unbekannten Pro 7-Produktion „Operation Noah“ verwendet. Kein Wunder also, dass mit International West Pictures und Gemini Film GmbH & Co. KG (beide am ehesten durch die Cuba Goooding Jr. - Komödie „Boat Trip“ bekannt) gleich zwei deutsche Produktionsfirmen Geld zu Verfügung stellten, um den Stoff noch einmal für einen internationalen Release aufzubereiten.
Niemand anderes als Drehbuchautor Steven E. de Souza sollte dazu die Vorlage von Horst Freund auf Vordermann bringen. Wer auch sonst wenn nicht er? „Blast!“ fußt grundsätzlich auf dem „Die Hard“ – Prinzip und das hat de Souza ja bekanntlich erfunden. Während in Achtzigern nahezu jedes seiner Skripts zu Kassenschlagern („48 Hrs.“, „Commando“, „The Running Man“, „Die Hard 2“) wurde, begann Anfang der Neunziger für ihn eine schwarze Serie („Hudson Hawk“, „Ricochet“, „Beverly Hills Cop III“, „Street Fighter“, „Judge Dredd“, „Lara Croft Tomb Raider: The Cradle of Life“), die bis heute kein Ende findet. Seine Vorlagen spielen einfach ihr Geld nicht mehr ein. Dass er es durchaus noch kann, beweist „Blast!“, der so ganz rein zufällig auch noch an Weihnachten spielt ;)

Mit seinen 82 Minuten Nettolaufzeit wird das Szenario sehr flott abgehandelt und zwar wie von Hickox gewohnt: Stylish, kurzweilig, actionreich und selbstironisch. Wenn der Mann jetzt noch so ein paar Kaliber im B-Actionbereich abliefert, gebührt ihm die alleinige Krone. Aktuell macht ihm auf dem Gebiet jedenfalls niemand was vor.

Auch wenn es ein paar Minuten dauert, bevor das „Die Hard“ – Szenario losgelassen wird, ist man nicht geneigt die Vorspultaste zu begrüßen. Dafür sieht der Film zu schick aus und verfügt zudem über eine exquisiten Musikmix von Danny Saber („Blade 2“). Hervorzuheben sind immer wieder die einsetzenden, harten Rockklänge (u.a. eine sehr talentierte Independent-Band namens PopiKok) während der Actionszenen. Die Beförderung der Bohrinsel nimmt in etwa die erste Viertelstunde in Anspruch und hat ein paar nicht uninteressante Aufnahmen zu bieten.

Obwohl ich ein erklärter Gegner von Stock Footage bin, so kann man den Einsatz hier verschmerzen. Ein, wenn auch etwas überflüssiges, Vergangenheitstrauma von Lamont Dixon (Eddie Griffin, „Foolish“, „Undercover Brother") zu Beginn, setzt sich aus Bildmaterial von „Backdraft" zusammen. Später gibt es noch ein paar F-15 aus „Top Gun" und eine Unterwasserexplosion, die auch nicht selbst gedreht worden sind, ansonsten bleibt man sich hier jedoch treu. Ein Manko soll das hier nicht sein, denn das Leihmaterial ist wirklich minimal.

„Blast!“ spielt überwiegend auf eben dieser Ölplattform, die auf das Meer hinaus gezogen und vor der Küste von San Diego installiert wird. Vor Ort demonstrierende, vermeintliche Öko-Terroristen täuschen einen Schiffbruch vor, lassen sich retten und übernehmen mittels Waffengewalt den gesamten Komplex. Nur einer kann den Tag retten und das ist Lamont Dixon...

Ab der ersten Spielminute setzt Hickox auf die patentierten Stilmittel. Er nutzt Farbfilter, Slow- und Fastmotion, Reißschwenks, fährt mit der Kamera um die Personen und quetscht, auch mithilfe der immer wieder sehr fetzigen Musik, den letzten Tropfen visueller Attraktivität aus den Bildern, bleibt gleichzeitig jedoch bodenständiger als bei „Submerged“.

Während der parallel verlaufende Plot um die auf dem Festland den Einsatz des FBIs leitende Agentin Reed (unterbeschäftigt: Vivica A. Fox, „Set It Off“, „Ride or Die“) und den bald Fingernägel kauenden Ölkonzernchef Ricaro Arterra (Hannes Jaenicke, durfte dank deutscher Gelder auch mal wieder in einer internationalen Produktion eine Nebenrolle abbekommen) nur die Funktion hat, magere Erkenntnisse (Die Überraschungen halt sich dann doch in Grenzen) und Hintergründe an den Zuschauer weiterzuvermitteln, rummst es auf der Ölplattform ordentlich.

Eddie Griffin schlägt sich als One-Man-Army soweit passabel. Das zu Beginn noch etwas zu penetrante klischeehafte, überzogen coole Getue legt er ab und wird darauf zum knallharten Recken, der zunächst seinen Adoptivsohn und dann die Kollegen befreien will, wenig später jedoch umdisponiert und sich Oberterrorist Michael Kittredge (Vinnie Jones, „Snatch.“, Submerged“) entgegenstellt. Der Härtegrad ist soweit moderat gehalten. Die blutigen Shootouts lassen sich an einer Hand abzählen und übermäßig hart sind auch die Kloppereien nicht. Nebenher bemerkt, wäre das hier eine ideale Rolle für Wesley Snipes gewesen. Vor allem, weil Griffin über keinerlei Martial Arts-Kenntnisse verfügt und die Gegner in unspektakulärer Handarbeit erledigt. .
Dafür ist so eine Bohrinsel allerdings bis an die Decke mit hochexplosiven Materialien bestückt und die sprengen die Pyrotechniker (inklusive durch die Luft segelnder Stuntman) auch gern in die Luft.

„Blast!“ kann vor allem immer wieder mit seinem selbstironischen Unterton punkten. Steven Seagal (Ob Hickox da schon wusste, dass er „Submerged“ drehen würde? *gg*) bekommt wortwörtlich sein Fett weg, auf Vinnie Jones Vergangenheit wird auch angespielt und die Chemie zwischen dem Buddyduo Lamont (Knallharter Fighter mit entsprechenden Onelinern) und Hacker Jamal (PC-Freak mit Hasenherz und jeder Menge sarkastischer Kommentare, u.a. „We are taking your rig. It’s George Bush time“) stimmt absolut, denn geglückte oder misslungene Unternehmen der beiden ziehen grundsätzlich Wortduelle nach sich. Der Film nimmt sich ohnehin nicht sonderlich ernst und tut auch gut daran. Beispielsweise ist die Wahl der Waffen, vor allem in femininer Hinsicht, ab und an doch etwas over the top.

Was bleibt noch zu erwähnen? Die CGI-Effekte sind für ein B-Movie auch hier wieder wirklich klasse programmiert. Großes Lob meinerseits an die Tricktechniker, besonders der Heliabsturz in die Tiefe sah überraschend professionell aus.
Vinnie Jones schlägt sich als knallharter, impulsiver Terrorist stets prächtig und prägt seine Rolle. Dass der Mann auf seine eigene britische Weise Kult ist, stellt er hier einmal mehr unter Beweis. Ein paar Lacher hat er zudem auch auf seiner Seite und zu seinen Hench(wo)men zählen der in solchen Rollen immer wieder gefallene Hüne Tom „Tiny“ Lister Jr. („Men of War“), sowie die mich stark an Nia Peeples in „Half Past Dead“ erinnernde Kampfamazone Luna (Nadine Velazquez).
Etwas ab fällt bei den fast durchweg bekannten Gesichtern (u.a. auch Shaggy in einer Nebenrolle) nur Breckin Meyer als Jamal. Der eher auf leichte Komödienkost wie „Road Trip“ und „Rat Race“ abonnierte Akteur sollte dort auch lieber bleiben, denn hier wirkt er zwar passend unbeholfen, irgendwie jedoch auch in vielen Szenen fehl am Platz.

Wer sich nun also von gepflegter B-Action unterhalten fühlt, der kann sich „Blast!“ bedenkenlos zulegen. Der Actionanteil ist hoch. Höhepunkt ist ein, von harten Rockklängen, begleiteter Kampf zwischen Terroristen und Seals, die sich nachts, an Seilen und Saugnäpfen seitlich an der Plattform hängend, eifrig Saures geben, in Flammen aufgehen und einige Explosionen auslösen. Schaut wirklich klasse aus und lässt das Herz eines jeden Genrefans höher schlagen. Übrigens genau wie solche Szenen, in denen Hickox beispielsweise Lamont sich per Fußkick eine am Boden liegende Pistole in die Hand katapultieren lässt.
Zudem schaut der Streifen dank exzellenter Kameraarbeit (Giulio Biccari, „Queen's Messenger II“, „Consequence“) und toller Schnitttechnik extrem stylish und professionell inszeniert aus. Die Dauerfehde zwischen Dixon und Kittredge zieht sich fast nahtlos durch die letzten zwei Drittel. Immer wieder gibt es kleinere Stunteinlagen, Prügeleien oder dank ausführlicher Ballerei enorme Zerstörungen. Zwischendurch wird auch mal gefoltert, dann wieder Sprüche gerissen, später der obligatorische Zweikampf und eine Superwaffe, die es zu vernichten gilt. Im Grunde fährt Hickox alles auf, was man innerhalb des Szenarios erwartet und erwünscht.


Fazit:
Damit bleibt „Blast!“, dessen Budget ich mal so auf 15 bis 18 Millionen schätze würde, nur ganz leicht hinter „Submerged“ zurück. Er beinhaltet jedoch ähnliche Stärken, nämlich die stylishe Inszenierung mit fetzigem Score, coole Sprüche, viel Action und enorme Kurzweiligkeit. Der zu Beginn noch Böses erahnen lassende Junge bleibt bei seiner Nebenrolle (und das ist auch gut so), die Geschichte abseits der Bohrinsel wird dankbar knapp gehalten, Die bekannten Gesichter schlagen sich solide und an Bord selbst gibt es eben jede Menge Shootouts, Keilereien, Explosionen und lustige Oneliner. B-Action-Herz, was willst du mehr?

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