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Mitte des 14. Jahrhunderts: Der Ritter Antonius Block kehrt nach zehn Jahren von den Kreuzzügen zurück in seine schwedische Heimat. An seiner Seite sein Knappe Jöns, ein Zyniker und Atheist. An der Küste erwartet Antonius ein schwarz gekleideter Mann mit leichenblassem Gesicht. Der Tod, der ihn mit sich nehmen will. Antonius kann den Tod zu einer Partie Schau überreden. Dies gewährt ihm Aufschub. Bis die Partie vollständig beendet ist, ziehen Antonius und Jöns durch die ländliche Gegend, in der die Pest wütet und sich unzüchtiges, versoffenes, desillusioniertes Volk herumtreibt. Sie treffen auf die Gauklerfamilie Jof und Mia. Doch der Tod begleitet sie auf Schritt und Tritt…

Block: „Du spielst Schwarz.“
Tod: „Das trifft sich gut. Ich liebe Schwarz.“

Der vielfach ausgezeichnete, schwedische Regisseur Ingmar Bergman (1918 – 2007) befasste sich in beinahe jedem seiner Filme mit existenziellen Fragen. Mit dem 1957 entstandenen Schwarzweißfilm DAS SIEBENTE SIEGEL (der Titel spielt auf die Offenbarung des Johannes an, in welchem die Apokalypse beschrieben wird) gelang ihm ein Geniestreich in tristem Schwarzweiß.
Die Reise des Ritters Antonius, gespielt von Max von Sydow (Father Merrin in DER EXORZIST), entpuppt sich schnell als philosophischer, Gott und die Welt anzweifelnder Exkurs voller Fragen, auf die er keine Antworten findet. Wo ist Gott? Wieso zeigt er sich nicht? Was heißt es, ein gutes Leben zu führen? Welchen Sinn hat es überhaupt? Das Leben wird als Anhäufung von Nichtigkeiten und unnützem Treiben beschrieben und jeder Mensch ist dazu verdammt, die Zeit, die ihm gegeben ist, sinnlos zu verschwenden. DAS SIEBENTE SIEGEL klappert beinahe jede existenzielle Grundfrage ab. Auch die Liebe bleibt nicht unverschont. So wird sie einmal als „schlimmer als die Pest“ betitelt, ein anderes imposantes Zitat lautet:
„Wenn etwas unvollkommen ist in unserer unvollkommenen Welt, dann ist die Liebe am vollkommensten in ihrer vollkommenen Unvollkommenheit.“

DAS SIEBENTE SIEGEL ist kein altbackener Historienschinken, sondern eine philosophische Abhandlung und ebenso gehaltvoll wie ein Werk von Sartre oder Camus. Der Existenzialismus schwingt hier in dem permanenten Gefühl der Gottverlassenheit mit. Der Tod ist gerecht und behandelt jeden gleich, egal welcher Gesellschaftsschicht man angehört. Auch wenn der Ausgang der Schachpartie, also der sichere Tod, bereits zu Beginn festzustehen scheint, kämpft Antonius um einen Aufschub, verheddert sich dann aber in Existenzsorgen und Sinnfragen. Am Ende ist er aber um seine Galgenfrist froh, auch wenn er auf keinerlei Antworten gestoßen ist und dem Leben nicht mehr Sinn oder Freude als zuvor abgewinnen konnte.

Unterm Strich handelt es sich bei DAS SIEBENTE SIEGEL um ein durch und durch hochwertiges Stück Existenzphilosophie, das durchaus an Shakespeares „Hamlet“ oder Goethes „Faust“ heranreicht. Wer Parallelen zum "Brandner Kaspar" vermutet, wird hier ein weitaus ernsthafteres Werk vorfinden. Hervorzuheben sei noch die physische Darstellung des Todes. Ein glatzköpfiger, weiß geschminkter, kleiner Mann mittleren Alters mit Kapuze und schwarzen Cape. Trotz ihrer Schlichtheit (oder vielleicht genau deswegen) wirkt diese Performance überaus mächtig und überlegen. Einen schöneren, dezenter vorgehenden Tod stellte nur Brad Pitt in „Joe Black“ dar.

Tod: „Wirst du mit deinen Fragen nie aufhören?“
Block: „Nein, ich werde nie aufhören.“
Tod: „Du bekommst ja doch keine Antwort.“

Fazit:
Zutiefst philosophisch. Sartre oder Camus in Filmform.

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