Dass Ingmar Bergman einer der ganz großen Regisseure war, braucht man eigentlich gar nicht so sehr hervorzuheben. Schließlich spricht jedes seiner Werke für sich selbst und offenbart die Handschrift eines Meisters und nicht bloß die eines einigermaßen souveränen Handwerkers wie es sie heutzutage zu Tausenden gibt. Bergman wird ja immer wieder eine gewisse Schwere vorgeworfen, die sich in Filmen wie "Das Schweigen" durchaus finden lässt. Sein Gesamtwerk darauf zu reduzieren wäre jedoch schlicht und ergreifend oberflächlich. Immerhin hat der Regisseur schon mit seiner Liebeskomödie "Das Lächeln einer Sommernacht" bewiesen, dass sich Unterhaltung und Anspruch keineswegs ausschließen müssen. In seinem Film "Das siebente Siegel" geht der Schwede noch einen Schritt weiter und erschafft eine geradezu einzigartige Genre-Mixtur, die sich in keine Schublade stecken lässt.
Zur Geschichte: Im 14. Jahrhundert wütet die Pest in ganz Europa. So auch in Schweden wie der Ritter Antonius Blok (dargestellt von Max von Sydow), der gerade zusammen mit seinem Knappen Jöns (ein wunderbar aufgelegter Gunnar Björnstarnd), von den Kreuzzügen zurückkehrt, feststellen muss. Antonius staunt nicht schlecht als ihm der leibhaftige Tod (großartig: Bengt Ekerot) begegnet und ihn zu sich holen will. Doch der Ritter kann durch eine Schachpartie vorläufig Aufschub gewinnen. Währenddessen ist das Paar Mia (Bibi Andersson) und Jof (Nils Poppe) mit seinem Baby unterwegs. Die beiden sind Schausteller und reisen im ganzen Land umher, um die leidende Bevölkerung von all dem Elend abzulenken. Es dauert nicht lange und ihre Wege kreuzen sich mit denen von Antonius und Jöns. Die Reisegesellschaft wächst nach und nach- wobei außer Antonius niemand ahnt, dass sie den Leibhaftigen im Nacken haben, der sein Interesse nun auch auf die anderen Menschen verlagert hat...
Es ist schon erstaunlich wie Ingmar Bergman eine dermaßen düster klingende Geschichte in eine solch unterhaltsame Angelegenheit verwandelt hat. Wer also hier ein bleischweres Drama erwartet, liegt definitiv falsch. Tatsächlich hat der Film nämlich überraschend viel Humor zu bieten, der, und das ist noch verblüffender, zu keinem Zeitpunkt aufgesetzt und störend wirkt. Im Gegenteil: hier ergibt sich der Witz geradezu beiläufig aus der Handlung und sorgt immer wieder für Auflockerungen, die das bedrückende Geschehen unterbrechen. Dabei ändert sich die Stimmung stetig. Auf urkomische Szenen wie dem Streit zwischen dem gehörnten Ehemann und seinem Rivalen folgen oftmals alles andere als lustige Sequenzen, so z.B. die Verbrennung einer jungen Frau, die für eine Hexe gehalten wird. Trotz dieser Schwankungen verliert der Film sein Gleichgewicht kaum. Was nicht nur dem Drehbuch und dem Regisseur, sondern auch den tollen Darstellern zu verdanken ist, die ihre Charaktere mit jeder Menge Leben füllen. Max von Sydow ist klasse als sichtlich gebrochener "Held". Allerdings stiehlt ihm Gunnar Björnstrand als treuer Gefährte fast die Show, zumal seine Figur auch um einiges zugänglicher erscheint als der recht verschlossene Antonius Blok. Bibi Andersson und Nils Poppe machen als verzweifelt optimistisches Paar eine ebenso gute Figur, während Bengt Ekerot mit seiner Leistung das ganze Ensemble überstrahlt und dem Tod soviele Facetten abgewinnt, dass der Zuschauer bei jedem seiner Auftritte in ein Wechselbad der Gefühle gestoßen wird. Eingerahmt wird dieser interessante Streifen zudem durch eine grandiose Kameraarbeit.
"Das siebente Siegel" ist eine cineastische Perle, die man wirklich gesehen haben sollte. Zumal der Film alles andere als schwerverdaulich geraten ist. Wenn man etwas ankreiden möchte, dann vielleicht das erste Drittel, das noch etwas ungelenk zwischen den einzelnen Handlungssträngen hin und her schlingert. Doch sobald die Figuren aufeinandergetroffen sind, wird sich wohl kaum einer noch diesem fesselnden, mit gelungener Symbolik unterlegten Genremix aus Historiendrama, Fantasykomödie und Mysterygroteske entziehen können.
Dafür gibt es nicht sieben, sondern 8 von 10 Punkten!