*SPOILER*
John Woo hat das Actionfilm Gerne in den 80er Jahren geprägt wie kein anderer Regisseur. In Hongkong schuf er moderne Klassiker, die das asiatische ebenso wie das Amerikanische Actionkino beeinflusste. Filme wie "Bullet in the Head", "the Killer", "A better tomorrow" oder "Hard Boiled" waren das Maß aller Dinge und sind es bis heute geblieben. Anfang der 90er Jahre ging in Hongkong die Angst um, die Angst vor der Rückgabe der britischen Kolonie. Aus Angst vor dem Verlust der künstlerischen Freiheit und sicherlich auch mit Aussicht auf größere Budgets und höhere Gagen zog es viele Künstler in den Westen nach Hollywood. Auch John Woo war einer von ihnen. Doch wie den meisten Anderen auch, gelang es ihm nie mehr an seine alten Erfolge anzuknüpfen. Sicher seine Filme sind erfolgreich, aber die Klasse fehlte ihnen.
Auch Paycheck macht da keine Ausnahme, auch wenn hier zu befürchten ist, das es nicht mal mehr zu einem finanziellen Erfolg reicht. Dabei bietet die Story, die auf einer Geschichte von Phillip K. Dick basiert, reichlich Möglichkeiten aus Paycheck einen erstklassigen Film zu machen. Dick, dessen Geschichten unter anderem als Vorlagen für "Blade Runner" und "Minority Report" dienten, hat eine Grundidee geschaffen, die für einen erfahrenen Filmemacher wie John Woo ein wahrer Traum sein muss. Doch letztlich scheitert Woo an dieser vermeintlich einfachen Aufgabe.
Ben Affleck spielt den Reverse Engineering Experten Michael Jennings. Er lässt sich, in nicht all zu ferner Zukunft ,von Firmen engagieren um für sie Konkurrenz Produkte systematisch zu zerlegen und so eine exakte Kopie der Technologie zu erhalten. Im Grunde also Industriespionage. Nach jedem erfolgreichen Auftrag wird seine Erinnerung an die Zeit die während dem Auftrag verging gelöscht, um zu verhindern das er mit seinem Wissen an weitere Konkurrenten herantritt. Bei seinem neuen Auftrag wird ihm eine 8-stellige Summe angeboten, allerdings muss er dazu letztlich auf 3 Jahre seines Lebens verzichten.
Der Zuschauer ist, nach einer kurzen Einführung, auf dem selben Wissensstand wie Michael Jennings. Der erwartet seinen Gehaltsscheck, erhält aber statt dessen die Info, das er selber auf ein 92 Millionen Dollar Aktienpaket verzichtet hat und sich stattdessen einen Umschlag mit 20 Gegenständen geschickt hat. Diese Gegenstände bilden das Puzzle, das Jennings lösen muss. Der Zuschauer hingegen ahnt schon bald das es Jennings gelungen ist innerhalb der drei Jahre eine Art Maschine zu entwickeln, mit deren Hilfe es möglich ist in die Zukunft zu sehen. So konnte er sich auch die Gegenstände schicken, die letztlich dazu führen das er die Zukunft ändert und somit nicht nur einen Weltkrieg verhindert sondern auch seinen vorraus gesehen Tod überlebt.
Leider versucht Woo anstatt sich auf die Geschichte und ihre Charaktere zu konzentrieren, eine Art "Auf der Flucht" zu inszenieren. So ist Jennings schon bald auf der Flucht vor dem FBI und den Schergen des Konzernchefs Rethrick (Aron Eckhardt). Dabei scheint man Woo alle Erinnerungen an seine Fähigkeit, atemberaubende Action zu inszenieren, gelöscht zu haben. Das was man geboten bekommt ist irgendwo auf Direct to Video Standard. Autos explodieren so bald sie irgendwo dagegen fahren, alle schießen gewaltig daneben, der Wissenschaftler verwandelt sich in eine Art Über-Agent und die Story folgt schnurgerade dem was man erwartet. Keinerlei Überraschungen, keine Wendungen, die die Geschichte geradezu herausfordert. Alles läuft strikt auf das langatmige und vorhersehbare Ende hinaus. Da gibt es dann noch mal Action satt, die aber auch eher peinlich wirkt.
Ben Affleck ist ja nun nicht um bedingt einer der begabtesten Darsteller in Hollywood, seine Leistung in Paychek geht demnach durchaus in Ordnung, was aber sicherlich auch daran liegt das es nicht nötig war, dass er der Figur Tiefe und Charisma verleihen musste, denn beides wurde wohl im Drehbuch vergessen. Aaron Eckhardt kann hauptsächlich mit einem extremen Seitenscheitel überzeugen, ansonsten knüpft er nahtlos an die Leistung aus der SciFi Gurke "The Core" an. Uma Thurman wirkt absolut verschenkt. Sie dient hauptsächlich als Stichwortgeberin und darf zu meist gehetzt und verängstigt aussehen und das wo sie wohl die einzige Begabte Person im gesamten Cast ist.
Leider sah sich Woo auch wieder genötigt seine inzwischen schon fast lächerlich wirkenden Selbstzitate einfließen zu lassen. So muss man nicht auf reichlich Szenen verzichten, in denen sich Leute mit Knarre Angesicht zu Angesicht gegenüber stehen. Auch die obligatorische Taube-fliegt-in-Zeitlupe- durch-die -Gegend Szene fehlt nicht, wirkt hier aber absolut fehl am Platze und sorgt eher für ein entsetztes Kopfschütteln. Es gibt auch noch eine kleine Anspielung auf "Hard Boiled", wenn sich am Ende noch etwas im Boden eines Vogelkäfigs findet.
Die Sets wirken oft billig und bieten wenig neues. Überhaupt sieht man dem Film selten sein Budget von 60 Millionen Dollar an. Insbesondere die Szenen auf dem Containerplatz wirken sehr billig, zumal hier auch noch dazu kommt das es auch hier wieder einiges an unlogischen Sequenzen gibt, so etwa wenn 10 Container offen aneinander stehen, das sieht alles einfach zu sehr arrangiert aus. Auch der Score von John Powell, immerhin verantwortlich für die Scores von "The thin red line", "Face off" und "Shrek", wirkt teilweise einfach nur nervig und unpassend.
Stilistisch scheint sich Woo irgendwo in einer Art Zerrissenheit zu befinden. Immer wieder blitzen kurze Szenen auf, die sich so durchaus auch in einem seiner alten Hongkong Filme befinden könnten, aber meistens wackelt die Kamera ziellos durch die Gegend. So geht nicht nur ein Großteil der Übersicht verloren, teilweise weis man gar nicht mehr was eigentlich gerade geschieht. Hier wurde eindeutig ein Trend der in Hollywood (leider) gerade enorm angesagt zu sein scheint , auf die Spitze getrieben. Auch die großartige Bildsprache die Woos Filme bisher immer auszeichneten vermisst man schmerzlich.
So ist "Paycheck" letztlich ein Film, der teilweise andeutet was er hätte sein können, aber zumeist an einem schwachen Drehbuch und einem John Woo, der eindeutig außer Form ist, scheitert. Die Darsteller wirken dabei zumeist gnadenlos verloren und scheinen vor dem Drehbuch kapituliert zu haben. Woo hat hiermit sicherlich vom inszenatorischen her einen Tiefpunkt erreicht. Der Film ist sicherlich kein so gewaltiger Schwachsinn wie MI2, aber trotzdem einer der schwächsten Filme in Woos US Filmographie, die ja nun eh schon nicht um bedingt mit Highlights aufwarten kann. Mit viel gutem Willen reicht es so noch zu 5 Punkten. Wobei sich so mancher Woo Fan mit Grauen abwenden wird, mir zumindest ging es so.