Als Produzent verbindet man Charles Band meist mit Billighorror um Puppen, gerne in Franchise-Ausschlachtung, doch der Mann war auch an den frühen Stuart-Gordon-Filmen beteiligt und an Renny Harlins erstem reinrassigen US-Film „Prison“, nach der US-finnischen Co-Produktion „Born American“.
Die handwerklichen Fähigkeiten des Finnen auf dem Regiestuhl erkennt man bereits in der stimmigen Eingangssequenz, welche den letzten Gang eines Todeskandidaten zeigt – aus dessen Egoperspektive. Dieses in der Vergangenheit liegende Ereignis ist auch mit dem Schicksal des Gefängnisdirektors Eaton Sharpe (Lane Smith) verknüpft, wie „Prison“ dadurch suggeriert, dass sich besagte Eingangssequenz als Alptraum Sharpes herausstellt, der bald wieder die Leitung über einen Knast übertragen bekommt.
Dies wurmt die Justizvollzugsbeamtin Katherine Walker (Chelsea Field) ganz besonders, denn schließlich hat sie sich jahrelang um den Bau humanerer Gefängnisse bemüht, doch das Projekt passt nicht zur Wahlkampfstrategie, weshalb man anstelle des Neubaus einen Uraltknast reaktiviert und noch dazu einen Reaktionären wie Sharpe zum Oberaufseher macht. So stehen sie also gegenüber, hartgesottener Vater und fürsorgliche Mutter im übertragenen Sinne, die Häftlinge ihre Kinder. Allerdings hat Papa das Sorgerecht und setzt das mit eiserner Hand durch, während Mama nur besuchen, appellieren und Berichte schreiben kann.
So richtig unangenehm wird es im Höllenknast allerdings erst, als Autoknacker Burke (Viggo Mortensen) und ein weiterer Mitgefangener bei Arbeiten im Keller die zugemauerte Hinrichtungskammer aufbrechen. Denn damit befreien sie den Geist des Todeskandidaten aus der Eingangsszene und der hat mörderische Absichten…
Knastfilm trifft Horrorschocker, durchaus eine nette Idee, aber dafür bekommt man die Klischees hier gleich zentimeterdick aufs Brot geschmiert. Burke als cooler Loner-Häftling mit Sinn für Gerechtigkeit, dazu noch ein italoamerikanischer Sprücheklopfer, ein geistergläubiger schwarzer Priester, ein Muskelmann, ein Vergewaltiger, der natürlich gleich das junge Frischfleisch als Zellenmitinsassen erhält und und und. Nicht zu vergessen der sadistische Direx, der in erster Linie Gefangene ins Loch werfen lässt, drakonische Strafen verhängt und selbst Dreck am Stecken hat, den er tunlichst unter den Teppich kehren möchte. Viel mehr erfährt man über die Figuren auch nicht, doch „Prison“ hat trotz seiner stereotypen Anlage durchaus das Zeug zu einem knalligen Genrefilm.
Tatsächlich ist es Harlins Regie, die hier für überzeugende Akzente sorgt. Die Mordszenen kommen zwar genau immer dann, wenn man sie erwartet (oder in den letzten 10 bis 15 Minuten keiner mehr hops gegangen ist) und es sterben auch genau die, von denen man es erwartet, aber bei aller Formelhaftigkeit so sind die Tode spannend in Szene gesetzt, warten mit kreativen Tötungsmöglichkeiten von Stacheldraht über Maschinengewehre bis hin Rohren auf, es suppt ordentlich und handgemacht. Dann, wenn es laut wird, egal ob nun der Geist wütet, die Häftlinge den obligatorischen Aufstand proben oder zwei Knastvögel mit einem gekaperten Bus über den Gefängnishof brettern, dann ist Harlin in seinem Element.
Doch all diese effektiv ausgespielten Oberflächenreize überdecken dann nur teilweise das schwache Drehbuch. So wütet der Geist, greift mal ohne erdenklichen Grund Häftlinge an, dann wiederum ganz gezielt jene, die seinen Tod damals verschuldeten. Der Hingerichtete sieht genauso aus wie Burke – nur hat das überhaupt keine Bewandtnis für die Geschichte. Wenn der Geist ein Maschinengewehr fernsteuert, dann wartet er nicht bis alle Opfer im Hof sind, sondern feuert auf die ersten paar, die herauskommen, damit der Rest wieder flüchten kann. Es passt also wenig zusammen in „Prison“, die Geschichte ist rudimentärer Vorwand für ganz gut inszenierte, aber eben auch nicht Maßstäbe setzende Mord- und Spektakelszenen, die vor allem den Regisseur weiterempfahlen, der in der Folge dann „Nightmare 4“, „Ford Fairlane“ und „Stirb langsam 2“ drehen durfte.
Schauspielkarrieren wurden hingegen nicht gestartet, obwohl einige Darsteller später Karriere machten. Vor allem Viggo Mortensen, der seine Klischeerolle routiniert herüberbringt, gelegentlich aber doch etwas too cool for school wirkt. Chelsea Field, die harten Männerfilm mit Werken wie „Harley Davidson and the Marlboro Man“, „Last Boy Scout“ und „Extreme Justice“ treu blieb, liefert okayen Support, während immerhin Lane Smith in seiner Rolle als sadistischer Direktor vollends aufgeht. Der Rest vom Cast, darunter Tommy ‘Tiny‘ Lister Jr. als muskulöser Häftling, macht sich solide in den Klischeerollen.
„Prison“ sorgte dafür, dass Renny Harlin zu Höherem berufen wurde, und angesichts von dessen inszenatorischem Geschick, vor allem in den lauten Szenen, ist das auch kein Wunder. Leider hält das formelhafte Drehbuch mit seiner formelhaften Geschichte und den Logiklöchern nicht mit. Immerhin: Atmosphärisch dicht und recht kurzweilig ist „Prison“ schon, aber alles andere als perfekt.