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Vor vielen Jahren wurde der unschuldige Häftling Charles Forsyth im Staatsgefängnis von Wyoming durch ein Komplott auf den elektrischen Stuhl gebracht und vor den Augen des skrupellosen Aufsehers Sharpe hingerichtet, obwohl dessen Aussage Forsyths Unschuld hätte beweisen können. Nun, 20 Jahre später, soll die für lange Zeit stillgelegte und inzwischen stark heruntergekommene Strafanstalt aufgrund drastischer Einsparungen in der Staatskasse wieder in Betrieb genommen werden. Der Protest der Justizvollzugsbeamtin Katherine Walker, die sich jahrelang für den Bau eines humaneren Gefängnisses bemühte, stößt bei den Verantwortlichen dabei auf taube Ohren und so öffnet der sanierungsbedürftige Bau unter der Leitung des inzwischen zum Direktoren aufgestiegenen Sharpe schließlich erneut seine Pforten. Dies soll sich schnell als folgenschwerer Fehler erweisen, denn als es nach kürzester Zeit zu mehreren grausamen Todesfällen unter Häftlingen und Wärtern kommt, bei denen eine höhere Macht ihre Hand im Spiel zu haben scheint, bricht hinter den Gefängnismauern die nackte Angst aus. Alles deutet darauf hin, dass der unschuldig hingerichtete Forsyth von den Toten zurückgekehrt ist, um das an ihm verübte Verbrechen blutig zu sühnen. Auf seinem bestialischen Rachefeldzug macht der unruhige Geist dabei vor nichts und niemandem halt und setzt somit eine Revolte unter den panischen Gefangenen in Gang...


Es ist sicherlich kein Geheimnis, dass unzählige bekannte Schauspieler und Regisseure, welche heute zu den ganz Großen Hollywoods gehören, ihre ersten Gehversuche in Horrorfilmen unterschiedlichster Klasse und Güte wagten. Blickt man zurück, dann untermauern Namen wie James Cameron (Piranha II - Fliegende Killer), Kevin Bacon (Freitag der 13.), Johnny Depp (Nightmare on Elm Street), John Travolta (Carrie) und viele, viele weitere diese Tatsache wohlwollend. Weit weniger bekannt als ein Großteil der eben genannten Titel kommt da die amerikanische Horrorproduktion Prison aus dem Jahre 1988 daher, welche aber gleichermaßen mit zwei damals noch unbeschriebenen Stars des heutigen Filmgeschehens aufwartet. So fand sich hierfür neben einem ungewohnt jungen Viggo Mortensen in der Hauptrolle kein geringerer als der finnische Action-Spezialist Renny Harlin auf dem Regiestuhl ein, der später mit Filmen wie Stirb langsam 2, Cliffhanger oder Deep Blue Sea noch einige markante Akzente im effektreichen Actiongeschehen setzen sollte, bis es in den letzten Jahren wieder merklich stiller um ihn geworden ist. Prison selbst sollte damals nach seiner Entstehung allerdings kein kein nennenswerter Erfolg werden und verschwand über die Jahre irgendwann in der Versenkung, was sich anhand der wirklich soliden Arbeit, die hier in allen Bereichen dieses Horrorfilmes geleistet wurde, jedoch nicht wirklich nachvollziehen lässt.

Die größte Stärke des Films ist dabei ohne Frage die interessante und zugkräftige Idee, einen blutigen Horrorschocker nicht etwa in eine abgelegene Waldgegend oder anderweitige Lokalitäten der selben Klischeelastigkeit, sondern vielmehr hinter Gefängnismauern zu verlagern. Dies garantiert eine besonders variationsreiche Herangehensweise an das altbekannte Thema der blutrünstigen Rache aus dem Jenseits und trägt auch deshalb einen Reiz in sich, da Horrorfilme im Gefängnis-Ambiente bis zum heutigen Zeitpunkt sehr rar gesät scheinen. Inszenatorisch geht Renny Harlin dabei von Anfang an keine Kompromisse ein und hüllt seinen brutalen Knast-Splatter in eine dichte und unheilvolle Atmosphäre, welche zudem mit einem unverwechselbaren Eighties-Charme aufwartet. Rein optisch gleicht die Kulisse des baufälligen Gefängnisses dabei bisweilen schon eher einem alten Spukschloß und setzt als solche gleich zu Beginn die Stimmung für eine 98-minütige Geisterbahnfahrt, der man auf der anderen Seite allerdings auch einige Schwächen verzeihen muss. So kommt die Handlung überwiegend als reines Mittel zum Zweck daher und offenbart bereits beim ersten, genauen Blick einige gravierende Story- und Logiklücken, die dem Film dann allerdings als genrebedingtes Beiwerk gutgeschrieben werden dürfen. Obgleich mit Anleihen des Knastdramas spielend, ist Prison letzten Endes nämlich auch nicht mehr als reinrassiges Horrorkino, das dabei überwiegend sogar eine ernste und bedrohliche Atmosphäre aufrecht zu erhalten weiß, sich gelegentlich aber auch nur knapp an der Grenze zum Trashigen vorbeistiehlt. Dennoch verliert das Werk die angestrebte Ernsthaftigkeit niemals aus den Augen und unterlegt diese außerdem mit zum Teil durchaus derben Gewalteinlagen, die dann auch für Freunde härterer Goreinlagen so manchen Schauwert bereithalten. In diesen Belangen geht es dann auch durchaus abwechslungsreich zu, so verbrennt eines der Opfer etwa bei lebendigem Leib in seiner Zelle, während der rachsüchtige Geist andere Gefangene mit Rohren bearbeitet oder mit Stacheldraht malträtiert.

Einige offensichtliche Parallelen zu Freddy Krueger bleiben nicht aus, wenn der von den Toten zurückgekehrte Charles Forsyth, mit übernatürlichen Fähigkeiten ausgestattet, als unsichtbarer und stummer Killer durch die düsteren Gänge des Gefängnisses streift. Obgleich Prison dabei an manchen Stellen eine gewisse Kurzweil vermissen lässt, so hilft die Einteilung der verschiedenen Charaktere in Sympathiefiguren und Antagonisten dennoch dabei, die Handlung auch in der ersten Hälfte interessant zu gestalten, die sich noch vermehrt auf das Leben hinter den Gefängnismauern konzentriert. Viggo Mortensen gibt dabei den abgebrühten und wortkargen Autodieb Burke, der gemeinsam mit einigen Mithäftlingen hinter das Rätsel der grauenhaften Vorgänge kommen möchte und dabei den Plänen des von Lane Smith großartig verkörperten Gefängnisdirektors Eaton Sharpe in die Quere kommt. Der Anstaltsleiter ist dabei ein derart fieses und sadistisches Mistschwein, dass er in einer Szene einen versuchten Gefangenausbruch gar mit seinen bloßen Händen und einem unvergleichlich bösen Blick in die Schranken zu weißen in der Lage ist. Bei diesem menschenverachtenden Rassisten könnte vermutlich selbst der Geist von Charles Forsyth noch einiges lernen. Durchgehend solide inszeniert, bringt Prison somit viele brauchbare Ansätze für einen konstanten Unterhaltungswert mit, verliert sich dabei aber all zu oft in profanen Klischees und stumpfer Vorhersehbarkeit, was somit permanent gegen einen konstant hohen Spannungsbogen arbeitet. So sehr die Atmosphäre auch zu punkten weiß, so verloren wirkt die hauchdünne Story an einigen Punkten, in deren Verlauf der Nebenplot um die humane Justizvollzugsbeamtin Katherine Walker, ordentlich gespielt von Chelsea Field, gar gänzlich deplatziert wirkt.

Noch vor seinem großen Sprung nach Hollywood schuf Renny Harlin mit Prison einen über weite Strecken stimmigen und oftmals auch zu Unrecht übersehenen Horrorfilm, der vor allem durch seine düstere Atmosphäre und vereinzelt eingestreuten Gorespitzen zu überzeugen weiß und der sich bei einer besser ausgearbeiteten Story sogar mühelos als wahre Perle des 80er Horrors empfehlen könnte. Doch auch in der jetzigen Form ist ein Viggo Mortensen in den Anfängen seiner Karriere bei weitem nicht das einzig Sehenswerte an diesem düster-brutalen Knastschocker, der insgesamt trotz inhaltlicher Lücken und einem trashigen Finale zweifellos allen Fans des Genres empfohlen werden kann.

Eine Aufwertung auf 7 Punkte zu einem späteren Zeitpunkt ist wahrscheinlich.


Prison
USA 1988, 98 Min.
Freigabe: Ungeprüft
Regie: Renny Harlin

Darsteller: Viggo Mortensen, Lane Smith, Chelsea Field, Lincoln Kilpatrick, Tom Everett, Ivan Kane, André De Shields, Tommy 'Tiny' Lister, Stephen E. Little,
Mickey Yablans, Larry Flash Jenkins, Arlen Dean Snyder

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