Regisseur Kang Je-Kyu, der 1999 mit dem durchaus unterhaltsamen Actionkracher Shiri unverhohlen dem Hollywood-Standard nacheiferte, konnte es wohl nicht lassen, daraufhin einen noch pompöseren, noch epischeren Streifen zu drehen. Was läge da näher als ein Kriegsdrama, oder genauer gesagt, ein Kriegsfilm, da der Schwerpunkt hier deutlich auf dem Krieg und nicht auf Drama liegt. Wer also mit dem typischen Kriegsfilm nichts anfangen kann, hat von vornherein verloren und sollte sich Brotherhood lieber ganz sparen. Nur wer auf Kriegsfilme steht, wird hier voll auf seine Kosten kommen.
Die ungleichen Brüder Jin-Tae (Jang Dong-Kun) und Jin-Seok (Won Bin) aus einfachen Verhältnissen sind ein Herz und eine Seele. Der rauere Jin-Tae hat sogar vorzeitig die Schule abgebrochen, um Schuhputzer zu werden und seinem kleinen Bruder eine bessere Zukunft zu ermöglichen. Familiäre Idylle nach allen Seiten. Doch 1950 kommt alles anders. Der Koreakrieg bricht aus und durch einen dummen Zufall werden beide Brüder eingezogen und müssen in den Krieg ziehen. Während der eher schwächliche Jin-Seok mit dem harten, grausamen Leben eines Soldaten nicht zurechtkommt, will ihn Jin-Tae beschützen, indem er selbst die gefährlichsten Aufträge übernimmt, damit sein kleiner Bruder verschont bleibt. Bald als Kriegsheld gefeiert verändert sich Jin-Tae jedoch zunehmend und strebt nach immer höheren Taten, um eine Medaille für besondere Kampfverdienste zu gewinnen. Jin-Seok zweifelt derweil, ob Jin-Taes Kampfgeist wirklich nur der Familie wegen oder einzig aus Selbstsucht erwacht ist.
Was in trügerischer Kleinstadtidylle beginnt, ändert sich mit Kriegsausbruch schlagartig. Was anfangs also noch wie das versprochene Familiendrama aussieht, wird bald schon zum reinen Kriegsfilm. Soldaten beim Marschieren, beim Lageraufschlagen, beim Angriff aus dem Hinterhalt oder an der Front. Was anderes bekommt man in den rund 140 (!) Minuten kaum zu sehen. Regisseur Kang Je-Kyu scheint es hierbei sensationsgeil auf die Szenen an der Front abgesehen zu haben. In überlangen Szenen also wird im nicht abbrechen wollenden Kugelhagel ein Statistenleben nach dem anderen aus dem Film rationalisiert, während Bomben und Granaten einschlagen und dem ein oder anderen den Bauch aufreißen oder Gliedmaßen wegfetzen. In ärgerlich selbstverliebter Detailliertheit wird die Unmenschlichkeit auf dem Schlachtfeld gezeigt—beständiger Lärm, schreiende Menschen, Kampfgetümmel, herumfliegender Schutt. Hin und wieder eine Großaufnahme von besonders lädierten Soldaten. Diese Szenen nehmen gefühlt gut die halbe Laufzeit des Filmes ein, sind präzise, aufwühlend und teuer gefilmt, aber die ständig wiederkehrenden Kampfszenen können den Zuschauer nicht immerwährend fesseln. Das Ergebnis: man stellt irgendwann um auf stumpfes Desinteresse, langweilt sich zu Tode und gerät schon mal in Versuchung einige Szenen im Schnelllauf zu überspringen, um das epische Ausmaß an ständig gleichen Szenen abzukürzen.
Die zwischenmenschliche Dramatik wird fast gänzlich unter den Teppich gekehrt. Dass Jin-Tae und Jin-Seok Brüder sind, ist bald nicht mehr sonderlich wichtig. Es könnten genauso gut Freunde oder zwei Kameraden sein. Von dem überzeugenden Jang Dong-Kun und überraschenderweise auch von dem bubenhaften Won Bin zwar gut porträtiert, bleibt ihre Beziehung dank sterilem Drehbuch zu oberflächlich, so dass es einem bald auch schon egal ist, dass sich die beiden auseinanderleben. Das brüderliche Zerwürfnis definiert sich allein durch den ewigen Streit um besagte Medaille—Jin-Tae will sie mit allen Mitteln, Jin-Seok findet das nicht gut. Der Streit um den Orden als Ersatz für zwischenmenschliche Beziehungen oder emotionale Dramatik bleibt wieder einmal an der Oberfläche, zu künstlich, als wäre es dem Regisseur fast schon zuwider, dem rabiaten Film überhaupt Dialogszenen einzuräumen. Diese fallen dann auch überaus kompakt und teils zu pathetisch aus. Die fehlende Tiefe lässt Jin-Taes Entschluss, irgendwann die Seiten zu wechseln, etwas zu konstruiert wirken und ist ohnehin eine gefühlt zweifelhafte Sache.
Um den politisch-geschichtlichen Hintergrund schert man sich in Brotherhood übrigens wenig. Die Thematik wird höchstens am Rande angeschnitten, so dass man bei dem Film auch nicht gerade viel lernen kann. Das Hauptaugenmerk liegt hier halt hauptsächlich auf den brutalen Kampfszenen, bei denen trotz aller Action übrigens nie allzu viel Spannung aufkommt, weil man ja von vornherein weiß, dass einer der beiden Brüder sterben wird und man im Grunde nur darauf wartet, dass genau das passiert. Dass es auch anders geht, beweist dann etwa die Szene, in der Jin-Tae auf seine Verlobte trifft, die aus ihrer Hungersnot und bäuerlichen Einfältigkeit heraus von der falschen Vereinigung Essen angenommen hat und dementsprechend bestraft werden soll. Wer mehr auf aufwühlende Szenen wie diese hofft, sollte sich vielleicht besser an Filme wie Der Pianist halten, der tatsächlich tiefgreifend über Einzelschicksale der Zivilbevölkerung berichtet.
Um für Brotherhood verlogener Weise einen "emotionaleren" Rahmen zu schaffen, beginnt der Film im Jetzt und endet zeitlich auch wieder dort. Die eigentliche Geschichte, die sich in den 50er Jahren abspielt, ist sozusagen lediglich eine überlange Rückblende, gewinnt oder verliert durch die minimale Rahmenhandlung jedoch nicht an Sinn oder Bedeutung und verlängert den Film nur unnötig.
Brotherhood ist zweifelsohne ein solider Kriegsfilm, der sicher nicht zu Unrecht als der "härteste Kriegsfilm unserer Zeit" betitelt wurde. Jedoch kommen die detailreichen Grausamkeiten des Krieges in ihrer ausufernden Inszenierung viel zu selbstverliebt rüber und dominieren alles andere in widerwärtiger Penetranz. Zu selten wagt man sich hier an die emotionale Ebene, zeigt nur anstatt zu leben. Für den Kriegsfilm-Fan auf alle Fälle eine Empfehlung wert, ist der Film doch mal etwas anderes als die ewigen amerikanischen Vietnamkriegsfilme und kann vor allem die Zartbesaiteten unter uns mit Sicherheit ob der unbeschönigten Gewaltdarstellung ganz schön mitnehmen. Brotherhood konzentriert sich ganz klar aufs eigene Volk und kann für koreanische Verhältnisse durchaus schon als gewagt gelten, wenn die Kritik aber auch viel zu sehr in den Hintergrund rückt.
Wer mit Kriegsfilmen jedoch nichts anfangen kann, sollte von Brotherhood die Finger lassen. Dementsprechend fällt eine objektive Bewertung schwer. Egal, wie teuer und sorgfältig der Film gearbeitet wurde, er hat einfach zu viele Mankos: zu lange Kampfszenen, zu wenig Emotion, zu steril und oberflächlich das Ganze. Für mich als Kriegsfilm-Desinteressent, die ich den Fehler gemacht habe, den Film anzuschauen, kommt Brotherhood mit 2 von 10 Punkten insgesamt sicher zu schlecht weg. Für Kriegsliebhaber jedoch dank der oben genannten Mankos auch allerhöchstens 7 Punkte wert, am ehesten wohl aber noch 5 Punkte. Ansonsten reine Geschmackssache.