Review

Der „vergessene Krieg“ entlang der Demarkationslinie um die asiatische
Halbinsel Korea war die Folge unterschiedlicher politischer Interessen
der Alliierten und der erste Konflikt im Tauziehen der verschiedenen
Systeme. Dieser 3 Jahre andauernde Krieg wurde vor allem auf Kosten der
Zivilbevölkerung geführt. Offiziellen Angaben zufolge fielen 3 Mio.
Zivilisten dem Krieg zum Opfer, weitaus mehr, als die Verluste der
beteiligten Streitkräfte.

Unter diesem Aspekt schuf der Regisseur von „Shiri“ und „The Gingko
Bed“ ein meisterliches Epos um Menschlichkeit, Brüderlichkeit. Mit 15
Mio. US-Dollar die bis dato teuerste koreanische Produktion verdrängte
„Titanic“ vom ersten Platz der Kino-Charts und lockte 12 Mio. Leute in
die heimischen Theater.

War bisher „Saving Privat Ryan“ und speziell die ersten 20 Minuten die
Referenz für die filmische Darstellung des Krieges und seiner
Grausamkeit, macht „Taegukgi“ da weiter, wo Spielbergs Werk später
inhaltlich verpufft und zu einem verklärten Heldenepos verkommt. Pathos
und Heroismus wird auch in „Taegukgi“ großgeschrieben, schließlich ist
„Taegukgi“ die Nationalflagge Südkoreas, aber Kang Je-gyu behält den
Grundkern im Fokus. Unlogik und Klischees sowie weit hergeholte Zufälle
finden wir auch im koreanischen Vertreter, jedoch fallen diese nicht
weiter ins Gewicht.

Dafür ist „Taegukgi“ einfach zu brachial und schonungslos. Anfangs noch
recht parteiisch, wechselt Kang nachher die Betrachtungsweise und
zeigt, dass beide Seiten jenseits von Moral und Menschlichkeit handeln.
Die Szenen, in denen die eigenen Landsleute vermeintliche
Kollaborateure und Mitglieder der Kommunistischen Partei verfolgen,
foltern und erschießen sind bedrückend und hart. Hier zeigt der
Regisseur, wie Menschen zum Spielball ideologischer Interessen werden.
Sei es Zwangsrekrutierung oder die rücksichtslose Verfolgung derer, die
aus Not und nicht aus Überzeugung in die KP eingetreten sind.

In hochauflösenden, verwackelten Bildern, die seit „Gladiator“ oder
„Band of Brothers“ gern bei Schlachten als Stilmittel eingesetzt
werden, geht Kang Je-gyu bis an die Grenzen der Erträglichen. Was hier
in Szene gesetzt wurde, übersteigt die gezeigte Brutalität eines
„Saving Privat Ryan“ bei weitem. Die Handkamera und somit die Zuschauer
sind mitten im Geschehen, wenn Kugeln surren, Schädel eingeschlagen
werden und Blut gegen die Linse spritzt. Dass dabei die emotionale
Bindung zur Geschichte aufrecht erhalten wird, dafür sorgt das
Bruderpaar. Das Schicksal der beiden jungen Männer führt den Gucker
durch die Geschichte.

Zu den Darstellern braucht man an sich nicht viele Worte verlieren.
Jede noch so kleine Rolle ist gut und glaubwürdig besetzt. Schade, dass
die sympathische Lee Eun-joo, die die Verlobte Jin-tae’s spielt, nicht
mehr unter uns weilt. Die bekannte und sehr beliebte Schauspielerin
beging im Alter von nur 24 Jahren Selbstmord.

Ausstattung, Kameraführung, Schnitt und Musik sind hervorragend und man
hat immer öfter den Eindruck, dass die Filmemacher speziell in Südkorea
mittlerweile optisch elegantere und viel frischere Werke abliefern als
die festgefahrene Hollywood – Maschinerie. Der Output an qualitativ
hochwertigen Filmen ist seit 1999 jährlich gestiegen und so langsam
aber sicher sägt Asien erfolgreich am Thron der Amerikaner.

So ist es auch bei „Taegukgi“. Selten zuvor wurde Sinn und Irrsinn
eines Krieges so schonungslos dargestellt. Krieg bedeutet Verlust der
Menschlichkeit. Gewinner gibt es auf keiner Seite. Dieses Meisterwerk
hämmert dem Zuschauer diese traurige Wahrheit in das Hirn-
unerbittlich. Absolute Höchstwertung!!

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