Review

Ich bin begeistert und kann die Kritik an dem Film nicht nachvollziehen.

Da wird angesprochen, man könne sich mit dem Hauptdarsteller Oh Dae-su (Choi min-sik) nicht identifizieren, obwohl sich die erste halbe Stunde lediglich mit dessen grausamer Gefangenschaft beschäftigt und mit den Qualen, die er dort erlebt. Auf diese Weise kommt man ihm sehr nahe und fühlt bald mit, besonders, als das Leid in Freiheit seinen Lauf nimmt. Musste man denn von Natascha Kampusch die gesamte Lebensgeschichte kennen, um Mitleid mit ihr zu haben? Also ich nicht.

Der Plot sei an den Haaren herbeigezogen. Das ist schon eine gewagte These, wenn man sich anschaut, was so alles auf der Welt passiert. Wieso soll es so abwegig sein, dass ein durch seine Vergangenheit (die man nach und nach im Film preisgibt) gezeichneter Mensch nur noch ein Lebensziel hat und das in extremer Form durchführen will?

Der Film sei langweilig. Knappe 2 Stunden lang steht man vor der Frage des "warum" und ist ständig mysteriösen Änderungen unterworfen. Es ist unklar, wem zu vertrauen ist und wem nicht. Der Zuschauer wird auf Trab gehalten.

Trotzdem noch einmal die Story: Oh Dae-su ist nicht das, was man als Prototypen des perfekten Vaters bezeichnen könnte. Am Geburtstag seiner Tochter hat er ihr zwar ein Geschenk gekauft, sich jedoch gleichzeitig völlig betrunken und verbringt die Zeit auf der Polizeistation. Am nächsten Tag findet er sich in Gefangenschaft wieder. 15 Jahre lang wird er von der Außenwelt abgekapselt und gelangt schließlich wieder in Freiheit. An dem Debakel war jedoch keineswegs die Polizei Schuld, sondern ein mysteriöser dritter, dessen Identität erst später aufgedeckt wird.

In Freiheit angekommen, steht er vor dem Rätsel, wer ihm das Leid angetan hat und vor allem, WARUM. Er begibt sich auf eine seltsame Reise, in der ihm sein Peiniger immer wieder ein Stück voraus zu sein scheint. (Yoo Ji-tae als Lee Woo-jin) Helfen kann ihm dabei nur sein Bruder und eine junge Frau, die er nach seiner Freilassung kennengelernt hat. Es handelt sich um Mi-do (Kang Hye-jeong), die im Verlaufe des Filmes das ein oder andere Rätsel aufgibt.

Dae-su findet seinen Peiniger und es gibt einen fantastischen, überraschenden Showdown, – und JA, Showdown IST das passende Wort – der fesselt und den Atem stocken lässt. Selten erlebt man so viele Wendungen und so eine Unvorsehbarkeit.

Begeistert war ich vor allem von der Kameraführung und den Perspektiven, in denen gedreht wurde. Es ist nicht immer das Gleiche, sondern variiert hervorragend und ist ein optischer Genuss. Sogar die "Ameisen-Spezialeffekte" haben mich sehr überzeugt. Widerlich waren nur die Kalamaren, die ich zunächst ebenfalls für Special-effects hielt. Es wurden jedoch tatsächlich lebendige Kalamaren für den Film benutzt, 4 Stück mussten sterben. Choi min-sik hat diese Szene viel Überwindung gekostet, zumal er Vegetarier ist. Übrigens dankte Regisseur Park Chan-wook den Kalamaren bei seiner Dankesrede in Cannes, als der Film den Großen Preis der Jury 2004 erhielt.

Dazu kommt die geniale Schnittführung, die einen manchmal verwirrt, manchmal innovativ ist, manchmal ganz gemächlich, aber auf jeden Fall abwechslungsreich. Und das Ganze wird dann von einem hammermäßigen Soundtrack abgerundet. (von Cho Young-wuk)

Die Schauspieler sind allesamt überzeugend und man merkt, dass man sich dem westlichen Filmemachen ein wenig annähern wollte. Die typische übertriebene Spielweise kommt nur ganz selten zum Vorschein und der "Unterwerfungsdrang" der Asiaten auch nur am Schluss etwas überzogen. Besonders Choi Min-sik nimmt man seine Rolle komplett ab und leidet mit ihm.

Mein einziger Kritikpunkt ist, dass es hin und wieder tatsächlich die ein oder andere Logiklücke gibt. Es ist gelegentlich unklar, wieso Personen ohne große Schwierigkeiten andere Personen finden, ohne vorher einen blassen Schimmer zu haben, wo diese sein könnten. Ansonsten war ich aber rundum zufrieden. Die wunderschöne Szene am Ende in der Winterlandschaft wurde übrigens in Neuseeland gedreht.

Fazit: Das erste Mal, dass ich vom asiatischen Kino dermaßen überzeugt wurde. Konnten mich "Killer", "Bullet in the head" oder "Beyond hypothermia" noch nur mittelmäßig begeistern, so schlägt "Oldboy" eine neue Route ein und gefällt mir auf ganzer Linie. Hervorragende Schauspieler, tolle Story mit vielen Überraschungen, Spannung und Schockmomente bis zum Schluss, toller Soundtrack, tolle Kameraführung und Schnitttechnik. Er hätte vielleicht an manchen Stellen noch brutaler sein können und noch die ein oder andere Storyungereimtheit ausbügeln können. Ansonsten hervorragend! 9 Punkte. Euer

Don

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