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Rache ist ein Gericht, das eiskalt genossen werden sollte

Großes und neues Kino kommt derzeit aus allen Teilen der Welt, aber ganz selten aus Amerika. So auch „Oldboy“, der in dieser Form nur aus Fernost stammen kann. Doch reicht ein Film nicht, um Korea zur zum neuen Hollywood zu stilisieren, auch wenn dies gerne behauptet wird. Doch beeindruckend ist der Streifen allemal. Wir folgen Oh-Dae Su, einem ganz normalen Mann, der auf dem Weg nach Hause zum Geburtstag seiner Tochter entführt und fünfzehn Jahre in einem hotelähnlichen Zimmer eingesperrt wird. Der Mann erfährt zu keiner Zeit, warum ihm dies zustößt oder wie lange seine Inhaftierung andauern wird. Aus dem Fernsehen, seinem einzigen Zeitvertreib, wird ihm mitgeteilt, daß seine Frau ermordet und er verdächtigt wird. Als er nach Ende seiner Einzelhaft entlassen wird, macht er sich auf, um seine Entführer zu finden und Rache zu üben. Dabei hilft ihm eine junge Sushiköchin, in die er sich verliebt. Nach einiger Zeit weiß Oh-Dae Su zwar, wer seine Peiniger sind, doch der Grund für seine Qual ist unfaßbar und liegt weit in der Vergangenheit begraben. Es ist Rache, derentwegen er leiden muß, aber ihm bleibt die Rache verwehrt, denn sein Gegenspieler begeht vor seinen Augen Selbstmord, nachdem er ihm die letzte Finte seines Plans enthüllt hat, eines Plans, der den Zuschauer emotional anrührt und fassungslos zurückläßt.

Wenn Oh-Dae Su und die Sushiköchin in der letzten Einstellung des Films sich im Schnee in einer einsamen Landschaft umarmen und ihm die junge Frau ihre Liebe gesteht, ist das ein äußerst tragischer und anrührender Moment. Alles kulminiert in genau dieser Szene, und so bleibt nicht nur Oh-Dae Su sprachlos zurück, sondern auch der Zuschauer, der damit rechnen konnte, aber sich mit Händen und Füßen gegen ein so elendes Ende des Films stemmt. Das alte Motiv einer wohlgeplanten Rache ist schon lange nicht mehr so faszinierend aufgearbeitet worden wie in diesem packenden Thriller. Man leidet mit der Hauptperson, da man ihr auf Schritt und Tritt folgt und die Gedanken des Mannes als Stimme aus dem Off präsentiert werden. Es ist eine andere Form der Rache, die hier zelebriert wird, diese Methode hat nichts mit den Rächerfilmen im Stil von „Death Wish“ oder anderen Streifen aus den Achtzigern zu tun. Sicher gibt es auch hier den sagenhaften „Anlaß“, über den ich schon viel berichtet habe, doch er bleibt zunächst verborgen, und so muß man miträtseln, was den Film ungleich faszinierender wirken läßt.

Die Filmmusik schafft es, noch zusätzliche Wirkung zu erzeugen, denn eine Kampfszene mit Walzermusik zu untermalen, das ist schon ein Wagnis. Der Film richtet sich in seiner Bildersprache nach den Werken von Fincher und Konsorten, die Farben bleiben meist kühl oder passen sich den Emotionen an. Darstellerisch gibt es nichts zu bemängeln, einzig der eine oder andere asiatische Einfluß hinsichtlich übertriebener Dialoge bringt einen kleineren Punktabzug. Viel ist gesagt worden über die Gewalt oder eklige Szenen, aber sind wir doch ehrlich, da haben wir zu anderen Zeiten schon weitaus Härteres gesehen. Wer blutrünstiges Gemetzel erwartet, wird sicherlich enttäuscht, wenngleich die eine oder andere Szene sicherlich für den unerfahrenen Zuschauer abstoßend wirken kann. Doch Härte gibt es hier nicht um ihrer selbst willen, sondern nur passend zur jeweiligen Szenerie. Wer also endlich einmal wieder einen intelligenten, packenden und nachdenklich stimmenden Film sehen möchte, kommt an „Oldbox“ nicht vorbei – 9/10.

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