Nach „Ring“ kamen sie in die westlichen Lande, die asiatischen Horrorfilme, egal ob japanisch, chinesisch oder eben koreanisch, wie „Tale of two Sisters“.
Eine sonderlich komplexe Handlung kann „Tale of two Sisters“ dabei für sich nicht in Anspruch nehmen: Ein Ehepaar, zwei Töchter, ein Haus am See. Und hier wird die Geschichte der beiden Schwestern mit immer mehr unheimlichen Vorkommnissen gespickt, welche Figuren wie Zuschauern Rätsel aufgeben...
Mehr noch als „Pulse“ und Co. steht auch „Tale of two Sisters“ für den Sieg der Form über den Inhalt, über den man dann rätseln kann. Ist eine der Schwestern tot und wir halten quasi einen Geist für eine reale Person? Gibt es andere Geister in der Hütte? Ist eines der Familienmitglieder verantwortlich für die Geschehnisse? Und warum sind primär die Kinder Ziele des ganzen Spuks? Ein erwähnter Psychiatrieaufenthalt einer Schwester gibt die Möglichkeit von Verrücktheit hinzu (unzuverlässiges Erzählen ahoi) und am Ende steht man dann allein mit einer Hypothese da, was denn geschehen sein könnte, sich ganz darauf festnageln lassen will man vielleicht auch nicht.
Doch – wie bereits gesagt – geht es hier mehr um die Form und da kann man Regisseur Kim Ji-woon durchaus ein gutes Händchen zusprechen, da der Mann ohne großen Effektzauber brauchbaren Grusel hervorrufen kann, meist mit seinem Gespür für Bildgestaltung und Rauminszenierung. Ein Kleiderschrank wird zum Ort der Bedrohung in den düsteren, häufig grünstichigen Bildern, mit denen selbst die Außenszenen selten wirklich froh oder unbeschwert wirken, sondern eher wie eine Extension der häuslichen Schrecken.
Wie so viele artverwandte Genrevertreter lädt also auch „Tale of two Sisters“ den Zuschauer zum Drinversinken ein, stellt Atmosphäre über Nachvollziehbarkeit, doch wie so häufig geht das nur eine Weile gut, denn mit fast zwei Stunden ist „Tale of two Sisters“ dann doch so lang, dass man sich irgendwann mehr Hintergrund und mehr Substanz wünscht, zumal die Geschichten um unheimliche langhaarige Mädchen (OK, hier etwas anders aufgezäumt als in „Ring“ und Co.) und seltsame Vorkommnisse anno 2003 nicht mehr ganz so frisch waren.
Zudem muss man sagen, dass inmitten des Bilderrauschs sowohl Figuren als auch Darsteller etwas kurz kommen, man sich bereits wenige Tage nach der Sichtung nicht mehr an viele Gesichtszüge der Figuren oder das Spiel der Akteure erinnert, so solide sich die Besetzung in den vier zentralen Rollen auch schlägt. Aber sie sind eben nur Erfüllungsgehilfen, um die Bildkompositionen an den Mann zu bringen.
Insofern ist „Tale of two Sisters“ sicherlich ähnlich geschmacksabhängig wie meisten artverwandten Horrorstücke surrealer Natur: Wer auf Narration verzichten kann und Bildern den Vorzug gibt, der kann sich zurücklehnen und das Treiben genießen, der Freund narrativer Stoffe rät mit und wird somit eine Weile bei Laune gehalten, aber nicht durchweg. Ich gehöre nun mal zu letzterer Spezies.