„Das wird auch wieder so’ne Touristenfalle sein...“
Der US-Amerikaner David Schmoeller, der als „Puppetmaster“-Regisseur für Charles Bands „Full Moon“-Low-Budget-Schmiede eine gewisse Popularität erlangte, lieferte im Jahre 1979 – ebenfalls unter Produktion Charles Bands – mit „Tourist Trap“ sein Regiedebüt ab und verschrieb sich bereits damit dem Puppenhorror.
Fünf junge Menschen, drei Mädels und zwei Jungs, erleiden in einer gottverlassenen Gegend der USA eine Reifenpanne. Einer begibt sich auf die Suche nach einer Tankstelle, kehrt jedoch nicht mehr zurück. Als auch das zweite Auto nicht mehr fahrtüchtig ist, lernen die Verbliebenen den verschrobenen Einsiedler Mr. Slausen (Chuck Connors, „Nightmare - Im Lager der gequälten Frauen“) kennen, der mit „Slausen’s Lost Oasis“ ein eigenartiges Museum voller Wachsfiguren und Puppen betreibt. Er lädt die Vier in sein Haus ein, doch wann immer er kurz verschwindet, scheinen die Figuren ein mörderisches Eigenleben zu entwickeln, außerdem treibt ein irrer maskierter Killer sein Unwesen, der einem nach dem anderen nach dem Leben trachtet. Steckt Slausens Bruder dahinter, der im Nachbarhaus leben soll?
(Achtung, diverse kleinere Spoiler enthalten!) „Tourist Trap“ entpuppt sich als gelungene Mischung aus „Psycho“, was die Motivation und psychopathologischen Hintergründe des Mörders betrifft, „House of Wax“ in Bezug auf die „Wachsfiguren“-Thematik und „The Texas Chainsaw Massacre“ angesichts des Backwood-Terror-Ambientes sowie der Maskerade des Killers. Abgeschmeckt hat Schmoeller das Ganze mit Zutaten aus dem Bereich des Übersinnlichen und damit die Suppe fast ein wenig versalzen, denn dass der Mörder nicht nur Telekinese beherrscht, sondern anscheinend auch noch ein erstklassiger Bauchredner sein soll, ist dann doch etwas zu viel des Guten. Seine Stärken besitzt „Tourist Trap“ jedoch zweifelsohne im makabren Puppenhorror, der an menschliche Urängste appelliert und mit seinen sich bewegenden, kichernden, stöhnenden und sogar redenden Puppen in Menschengröße für manch in dieser Hinsicht anfälligen Zuschauer tatsächlich der blanke Horror sein dürfte. Dabei hält sich Schmoeller zunächst nicht lange mit Nebensächlichkeiten auf und bietet einen wahnsinnigen Puppenterror quasi direkt als Einstieg. Im Anschluss werden die menschlichen Rollen charakterisiert, wobei dem „markantigen“ Connors die des undurchsichtigen, mal freundlichen, dann wieder bedrohlich wirkenden, mitunter bemitleidenswerten, vereinsamten Slausens zuteilwird, der nie über den Tod seiner Frau hinwegkam und dessen Charakter viel Bitterkeit innewohnt. Ihn umgibt eine unheimliche Aura, dennoch wirkt er bisweilen sympathisch und väterlich – ein Wechselbad der Gefühle. Connors füllt seine Rolle bravourös aus und liefert eine erstklassige darstellerische Leistung, die mir Respekt abzollt. Doch auch er kann nicht verhindern, dass jeder halbwegs gewiefte Genrefreund den entscheidenden Clou der Handlung, den Plottwist, bereits zehn Meter gegen den Wind wittert und es Schmoeller nicht gelingt, den gewünschten Überraschungseffekt zu erzielen. Aus der übrigen, überschaubaren Darstellerriege sticht Jocelyn Jones („Der Unerbittliche“) als schüchternes Mauerblümchen Molly hervor, an der Slausen einen Narren gefressen hat. Zunächst gibt sie das zurückhaltende, keusche, Beschützerinstinkte weckende Mädchen eher übertrieben und klischeebehaftet, entwickelt sich jedoch zu einer überaus passablen Scream Queen. Dass sie das Final Girl sein wird, schreien die ungeschriebenen Genre-Gesetze jedoch lautlos, doch unüberhörbar zwischen den Bildern.
Unverkennbar ist „Tourist Trap“ noch ein Kind der 1970er. Er nimmt sich alle Zeit, die er braucht, ohne das Tempo zu sehr zu drosseln; die Hektik, die in den 1980ern verstärkt Einzug ins Genre hielt, ist ihm fremd. Manch Szene wirkt etwas unbeholfen inszeniert, doch die Schockeffekte sitzen dafür umso effektiver – und kommen ohne Blutfontänen oder sonstiges Geschmodder aus. Die eine oder andere originelle Idee, beispielsweise ein überlaut simulierter Herzschlag kurz vor einem Herztod, verstärken die Wirkung des diabolischen Treibens voller bizarrer Eindrücke; das Finale ist eines, das diese Bezeichnung auch verdient und bietet einen klasse Showdown. Der positive Gesamteindruck dieses augenscheinlich mit Liebe zum Detail – man beachte beispielsweise die phantasievoll gestalteten Kulissen – realisierte Stück Low-Budget-Horror-Geschichte hat nicht viel mit den späteren Trash-Ausflügen Charles Bands gemein und sollte trotz der einen oder anderen Unzulänglichkeit gerade von Freunden der oben genannten Genre-Dreifaltigkeit gern eines Blickes gewürdigt werden.