Review

Das Auffinden einer weiblichen Leiche, die in einem abgelegenen Tümpel irgendwo im Hinterwald herumtreibt, verwickelt die junge Reporterin Jesse St. Claire, ihre Produzentin Jane Berger und den Praktikanten Rob in eine heiße Story: Offenbar treibt ein Serienmörder sein Unwesen, der seine Opfer in spe zuerst mal einige Zeit mit der Video-Kamera verfolgt und diesen dann im Anschluss die „eigenen“ Bänder anonym zukommen lässt. Weil die örtliche Polizei sich nicht gesteigert für den Fall interessiert, recherchieren Jane und die anderen höchstpersönlich die wenigen Spuren nach. Da wird plötzlich ein Band im Sender abgegeben, das Jesse und Jane in einigen höchst kompromittierenden Situationen zeigt. Als die junge Reporterin kurz darauf spurlos verschwindet, sind ihre Kollegen der Meinung, dass sie dem Unbekannten ebenfalls zum Opfer gefallen ist. Kurz darauf werden Jane und Rob wegen sexueller Belästigung gefeuert und dann schaltet sich auch noch der britische Journalist und Moderator Albert Bodine in die Angelegenheit ein, der Jesses Verschwinden für seine TV-Show „American Crime“ aufarbeiten möchte… Von außen klein und unscheinbar, aber innerlich ganz groß... so präsentiert sich dieser äußerst originelle und formal ausgefeilte B-Thriller des Werbefilmers Dan Mintz, der sowohl was Form als auch Inhalt anbelangt auf ganzer Linie punkten kann. Denn was „The Last Broadcast“ für das Genre des Dokumentarfilms war, ist „American Crime – Video Kills“ für das Sujet der True Crime-TV-Shows, nämlich ein höchst hintergründiges, doppelbödiges Vexierspiel rund um die Verdrehung von Tatsachen, die Manipulierbarkeit der Medien und die Grenzen der eigenen Wahrnehmungs-Fähigkeit. Erstaunlich und absolut innovativ ist der Umstand, dass gut die Hälfte der Handlung dem Zuschauer in Form einer gestellten Episode der fiktiven Fernseh-Sendung „American Crime“ (hence the title) dargereicht wird, die von einem gnadenlos gegen den Strich gecasteten und beinahe völlig unkenntlich gemachten Cary Elwes gehostet wird, der als schnöseliger britischer Moderator wirklich nichts mehr mit seinem gewohnten Image am Hut hat. Dieser ergreift hier die Gelegenheit am Schopf und beweist Mut zur Hässlichkeit, denn so übel wie hier sah der Typ nicht mal am Ende von „Saw“ aus. Fieser Scheitel deluxe! Den Stil solcher anvisierten True Crime-Formate à la „Autopsie XY ungelöst“ hat Dan Mintz jedenfalls genau getroffen die zahlreichen reizvollen Gestaltungs-Möglichkeiten, die sich dadurch ergeben, auch völlig ausgeschöpft. Das wilde Hin und Her zwischen den verschiedenen Film- und Video-Materialien, die überraschenden Szenen-Übergänge und die gewitzte Montage sorgen zwar für einen geballten Angriff auf die Seh-Nerven der Zuschauer, driften aber nicht in die völlig wahnwitzigen Gefilde eines „Natural Born Killers“ ab. Inhaltlich wird der Film zum einen von den gut aufgelegten Darstellern getragen und zum anderen von dem verzwickten Kriminal-Fall, der das Publikums-Interesse dank ständig neuer Wendungen über die komplette Laufzeit problemlos aufrechterhält. Dass dabei auch ein kurzer Blick auf die unlauteren Methoden des Sensations-Journalismus geworfen wird, ist nur noch ein weiterer Pluspunkt. Beschönigt wird hier, auch was die internen Konflikte innerhalb des Senders anbelangt - soweit man das beurteilen kann - nichts, wobei man sagen muss, dass das Portrait, das dabei von der gesamten Branche gezeichnet wird, bisweilen etwas zynisch rüberkommt. Hoch anrechnen muss man Dan Mintz und seinen beiden Drehbuchautoren, dass sie ihr Publikum ausnahmsweise mal nicht für dumm verkaufen, sondern stattdessen vom Zuschauer erwarten, dass er tatsächlich in der Lage ist, die einzelnen Details der Handlung selbst zuzuordnen… und eben deshalb beim Ansehen auch eine erhöhte Aufmerksamkeit vonnöten ist. Wer jedoch wirklich eine glasklare Auflösung erwartet, wird sich im Nachhinein unglaublich enttäuscht sehen, denn viele Fragen bleiben fieserweise offen und regen damit zu eigenen Spekulationen über die Tathergänge an. So ist es dann auch nur logisch, dass man am Ende keine klaren Antworten erhält, sondern nur den guten Ratschlag, nicht alles, was auf Video aufgenommen wurde, für bare Münze zu nehmen. Fazit: Hübsch vertrackt und höchst eigenwillig... aufgrund seiner sperrigen Anlegung und der Verweigerungs-Haltung gegenüber den üblichen Seh-Gewohnheiten wird Dan Mintz mit "American Crime - Video Kills" sein Publikum aber zweifellos wieder spalten, wie es zuvor ja schon mit seinem "Cookers - Tödlicher Wahn" getan hat, der ja ebenfalls nicht so leicht einzusortieren war...

8/10

Details
Ähnliche Filme