Review
von Leimbacher-Mario
Wo sich „Bruder und Schwester“ „Gute Nacht“ sagen
Ein paar „Stadtkinder“ bzw. junge Erwachsene aus Seattle müssen mit ihrem Privatflugzeug auf einem See am A von Amerika notlanden. Dort dringen sie in ein scheinbar leerstehendes altes Landhaus ein, das wie aus dem letzten Jahrhundert anmutet, und feiern dort eine kleine Party. Bis die Besitzer, Ma und Pa, zurückkehren. Und anfangs scheinen diese ihnen zwar sehr altmodisch und seltsam, aber nicht wirklich feindlich gesinnt. Bis sich die Dinge wenden, die „Kinder“ aus den Schatten kommen und das wahre Gesicht der inzestuösen (?) Hinterwäldler zutage tritt...
„American Gothic“ wandelt nicht nur auf den Spuren zwischen „Texas Chainsaw Massacre“ und „Motel Hell“, sondern ruft natürlich auch Erinnerungen an das kultige, gleichnamige Gemälde von Grant Wood aus den 30ern hervor. Es werden ähnliche Gefahren, Fragen und Gefühle hervorgerufen, ich meine es sogar irgendwo im Hause der bizarren „Familie“ in Ausschnitten hängen gesehen zu haben. Wie sind die Verwandtschaftsverhältnisse und die Geisteszustände, sind die einsamen Einwohner freundlich oder feindlich gesinnt, ist die Heugabel wirklich nur zum Heuschaufeln da. Und natürlich: kann die zivilisierte Welt den Instinkten der altmodischen Inzuchtler (und eventuell auch Kannibalen?) und dem Glauben derer an sich selbst und ihre Lebensweise etwas entgegensetzen? All diese Fragen werden indirekt im Bild sowie direkter im Film gestellt. Und im Film vor allem in den ungewöhnlichen letzten Minuten auch eindrucksvoll (wenn auch etwas zackig und pengpeng) beantwortet. Die kranke Familie kann wirklich Angst machen, die Atmosphäre ist von Anfang an ungemütlich und Szenen wie die „Schaukel“ bleiben, heben sich ab. Der verlängerte Epilog bzw. die finalen Konfrontationen sind dann leider etwas flott und abrupt beendet, die Städter haben jetzt nicht die gehaltvollsten Charaktere und die Kills geschehen meist im Off bzw. man sieht oft nur deren Ergebnisse. Deswegen ist meine Gesamtmeinung zu „American Gothic“ nicht uneingeschränkt jubelnd, für Fans von Hinterwäldern, Slashern und beiden Seiten der amerikanischen Medaille, ist dieser Geheimtipp aber sicher keine schlechte Wahl.
Fazit: ein originaler, seltsamer und beunruhigender Backwoodalptraum der zeitlosen Schule. Zwischen Liebe, Angst, Verwandschaft, Spaß und Terror. Perfekt zum US-Wahltag (from Hell?)... ;)